spielen hier kein Spiel«, sagte Ross, wobei er einen Schritt auf Drake zumachte.
Collins erhob eine Hand, um Ross zurückzupfeifen, und angelte einen Stift aus seiner Tasche. Er schaute sich im Zimmer um und ging dann zum Frühstückstresen, wo er eine Nummer auf den Notizblock neben dem Telefon kritzelte. Er riss den Zettel ab und reichte ihn Drake. »Können Sie meine Schrift lesen?«
Drake las die Nummer vor. »Bitte geben Sie mir einen Moment, um das alles zu verdauen.«
Collins schüttelte frustriert den Kopf. »Wir haben keine Alternative, Mister Ramsey. Sie sind die einzige Hoffnung für den Senator und seine Tochter. Falls es Ihnen hilft, zu einer Entscheidung zu kommen, können wir ihn jetzt anrufen und Sie reden mit ihm. Vielleicht kann die Verzweiflung eines Vaters Sie umstimmen?«
»Das ist nicht nötig. Ich habe schon verstanden, was auf dem Spiel steht. Aber lassen Sie es mich durchdenken und Ihre Geschichte nachprüfen. Ich rufe Sie noch heute an und teile Ihnen meine Entscheidung mit. Mehr kann ich Ihnen nicht anbieten.«
Collins nickte. »Sorry, dass wir hier so hereingeplatzt sind.«
»Laufen Sie nicht gegen den Türrahmen …«, komplimentierte Drake die beiden hinaus, wobei er mit dem Zettel in der Hand neben der Couch stehen blieb, bis Ross die Tür zuzog.
Drake machte schnell ein paar große Schritte, verriegelte die Tür und begab sich dann zu seinem Computer. Er hatte gerade Christines Namen eingetippt, als Kyras Stimme ihn aus seinen Gedanken riss.
»Drake? Alles okay?«
Er drehte sich um und rief ihr zu: »Ja, Kyra, vielen Dank. Alles prima.«
»Okay. Denk an die Margarita!«
»Ich melde mich.«
Drake schaute sich die Suchergebnisse und dann das Facebook-Profil von Christine an. Das Bild zeigte eine attraktive junge Frau, die ihn intensiv anzustarren schien. Drake versuchte sich vorzustellen, wie es sich für ihren Vater anfühlen musste, nicht zu wissen, ob sie tot oder lebendig war, und dabei lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter.
Als Nächstes startete er eine Suche nach dem Smaragd-Buddha der Khmer und las sich ein paar Berichte durch, auch einen über die kleinere Ausgabe des Buddhas, die sich im königlichen Palast in Thailand befand. Dieses beeindruckende Stück Kunsthandwerk galt als heilige Reliquie für die Thailänder, die das Wohlergehen ihres Landes von diesem Kulturerbe abhängig machten. Deswegen gab es eine spezielle Zeremonie, in der der thailändische König die Statue zu jedem Wechsel der Jahreszeiten in ein goldenes Gewand hüllte.
Der Begriff »Smaragd-Buddha« war allerdings irreführend, denn er beschrieb nur die Farbe, nicht den Edelstein. Die Statue war aus grünem Jasper hergestellt worden, und Drake vermutete, dass das bei dem größeren Buddha ebenso war.
Der Legende zufolge war der königliche Schatz der Khmer in einem geheimen Tempel versteckt, dessen Aufenthaltsort seit sechshundert Jahren unbekannt war, da alle Aufzeichnungen in den vielen Kriegshandlungen der damaligen Zeit vernichtet worden waren. Schon viele Khmer hatten sich hoffnungsvoll zu Expeditionen aufgemacht, später dann auch Schatzjäger vieler Nationen, doch niemand hatte Erfolg. In den letzten hundert Jahren war der vermutete Fundort auch immer gefährlicher geworden, weil Kriege, Hungersnöte, Fluten, Stürme, Militärregierungen und Drogenhändler das Gebiet heimgesucht hatten. Dadurch waren weitere Expeditionen im Keim erstickt worden.
Drake studierte Christines Facebook-Seite und las ihre öffentlichen Postings, schaute sich ihre Selfies an und stieß dann auf ein Foto, das ihn versteinern ließ.
Er schaute sich das Foto sehr lange an, dann schüttelte er den Kopf und stieß einen kaum hörbaren Fluch aus – dann ging er zum Telefon, um herauszufinden, ob Allie dabei sein würde.
Für sich selbst hatte Drake seine Entscheidung bereits getroffen.
Er würde nach Thailand fliegen.
Kapitel 5
Peking, China
Zwei große Mannschaftswagen hielten vor einem sechsgeschossigen Gebäude aus Chrom und Glas, das sich am Stadtrand befand. Dahinter stoppte ein gepanzertes mobiles Einsatzzentrum, das mit Runflat-Reifen und Schießscharten ausgestattet war. Eine Truppe Polizisten in schweren Kampfanzügen sprang aus den Fahrzeugen und bildete zwei Züge auf dem Bürgersteig. Fußgänger stoppten und kehrten sofort um, denn egal, was hier vor sich ging, es sah gefährlich aus. Drei Männer in grellorangen Notwesten begannen, die Straße abzusperren und den Verkehr umzuleiten.
Ein schwarzer SUV hielt am Bordstein und die Männer nahmen Haltung an. Ein unauffälliger Herr in schwarzem Anzug verließ das Fahrzeug und ließ seinen Blick über die versammelten Beamten schweifen. Während noch weitere SUVs eintrafen, nickte er dem Anführer der Männer zu.
»Los geht’s«, sagte der kleine Mann.
Der Anführer nickte und bellte einen Befehl, woraufhin seine Leute ihre Waffen durchluden und sich bereitmachten, das Gebäude zu erstürmen.
***
Huang schaute missmutig auf sein Schreibtischtelefon und dann zurück auf den riesigen Stapel Papierkram, den er gerade durcharbeitete. Das schrille Klingeln war jedoch so aufdringlich wie die Stimme seiner oft wütenden Ehefrau, also ließ er seinen Stift fallen und griff nach dem Hörer.
»Ja?«
»Sir, eine Gruppe von Regierungsmitarbeitern ist auf dem Weg zu Ihnen nach oben. Es sind mindestens zwanzig Mann. Mit Waffen.« Es war der Sicherheitsmann in der Lobby des Gebäudes, dem Firmensitz von Moontech – der Technologiefirma, die Huang gegründet hatte, und die sich in der neuen Welt des globalen Kapitalismus sehr gut schlug, indem sie Zehntausende Webseiten hostete und unzählige Programme und Apps verkaufte.
»Wie bitte? Meinen Sie das ernst?«
»Absolut, Sir! Sie werden jeden Moment da sein!«
Huang stand erschrocken auf. Er führte seine Firma mit rein ehrlichen Mitteln und schmierte alle wichtigen Personen, um in Ruhe gelassen zu werden. Mit Raubkopien oder irgendwelchen anderen halbseidenen Machenschaften hatte seine Firma nichts zu tun, im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern, von denen bereits einige dem starken Arm des Gesetzes zum Opfer gefallen waren. Doch Huang war schlicht und ergreifend sauber.
Als er an die Bürotür herantrat, sah er, wie eine Gruppe Polizisten mit Sturmgewehren durch den Flur liefen, angeführt von einem Mann mit verschlagenem Gesicht. Huangs Angestellte erstarrten bei diesem Anblick vor Schreck, niemand wagte auch nur eine Bewegung. Die Beamten verteilten sich und trieben die Mitarbeiter mit vorgehaltenen Waffen zusammen.
Huang trat im Flur dem kleingewachsenen Anführer entgegen, wobei er seine Hände auf die Hüften stützte. »Was hat das zu bedeuten?«
»Huang Qi?«, fragte der Beamte im Anzug.
»Der bin ich.«
»Sie sind verhaftet.« Der Mann wandte sich an die beiden Polizisten hinter ihm. »Handschellen!«
Huang war entsetzt. »Wieso das denn? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen!«
»Das werden wir ja sehen.« Einer der Cops trat hinter Huang und fesselte ihm die Hände hinter dem Rücken.
»Das ist eine Frechheit«, sagte Huang. »Meine Firma ist für ihre Ehrlichkeit bekannt!«
»Sparen Sie sich die Worte. Wo befinden sich Ihre Server?«
Huang blinzelte, erstaunt über diese Frage. »Im … im Keller. Wieso?«
Der Beamte zog ein Mobiltelefon aus seiner Jacketttasche und tätigte einen Anruf, ohne Huang weiter zu beachten. »Schicken Sie die Techniker in den Keller. Halten Sie die Angestellten fest, bis wir alle verhört haben!«
Das Blut wich aus Huangs Gesicht. »Ich verstehe das