die Hände.
»Ich habe sofort gewußt, daß ich dich habe …« prahlte die Krosalowska schelmisch.
»Wieso?« Lampel warf kokett einen Fuß unter den Schenkel.
»Das fühlt eine Frau doch.«
»Darum war ich wohl das geeignetste Opfer?«
»Zweifellos. Aber du vergißt, daß ich dich mitnehme.«
Lampels Pupillen erweiterten sich träumerisch. »Nur etwas kann ich mir nicht erklären, obwohl ich fortwährend darüber nachdachte. Ich habe dich nämlich in jener Nacht tatsächlich telephonisch angerufen …«
»Vielleicht haben wir gleichzeitig, telephoniert.« Schnell aber verformte sich ihr Mund triumphierend. »Was hattest du mir denn um zwei Uhr nachts so Wichtiges mitzuteilen?«
Lampel interessierte sich lebhaft für einen seiner Zeigefinger.
»Heraus damit! … Du machst ja ein Gesicht, als wolltest du dir erst etwas Passendes ausdenken! Gib dir keine Mühe! Ich wußte doch, daß du entsetzlich in mich verliebt warst.«
»O, ich bin es ja noch!« stöhnte Lampel, die Lippen verzückt auf den armbandtriefenden Handgelenken der Krosalowska.
»Ich habe dich doch absichtlich an jenem Abend so schlecht behandelt,« zirpte sie lieblich, »um mein geplantes Telephongespräch psychologisch gut zu plazieren. Nun, wir werden noch gute Geschäfte machen, mein Sohn.«
Lampels Lippen betätigten sich bereits anderwärts, als er plötzlich innehielt. Ihm war, allerdings nicht zum ersten Mal, der Zionismus eingefallen und die Palästinafragen und daß Madame schon um die Vierzig sich befinden mußte und daß er sie für unbescholten gehalten hatte …
Doch, wie gesagt, Lampel hatte diesmal die Rechnung ohne seine bisher nur an blonde Kost gewöhnten Nerven gemacht.
›Aber es ist doch noch ein Geschäft geworden,‹ tröstete er sich. Ein wenig voreilig wohl.
Der Doktor Sahob
Die kleine Fiora ächzte wieder einmal, während sie sich das Gesichtchen à la Pierrette zurechtschmierte: »Sahob, du bist doch Jurist!«
»Pech!« Der lange Doktor Sahob ließ, peinlich berührt, seine Knie nach vorn rutschen. »Aber ich mache es durch den Vorteil wett, daß kein Mensch es mir glaubt.«
»Ja natürlich, weil du deine Biographie immer schamloser umlügst.«
»Und weil ich mich bemühe, sie praktisch dementsprechend zu verbessern.«
»Warum soll ich denn aber den Leuten erzählen, daß meine Wiege eine Eierkiste war und daß ich …«
»Ein gutes Renommée zu besitzen, ist lasterhaft.«
»Sahob!« Fiora richtete das Kinn spitz nach oben, um die Lippen genau vor das Spiegelchen zu bekommen. »Sahob, du bist doch nicht gerade ein Rindvieh. Wenn ich auch zur Not begreifen kann, daß du es liebst, für …«
»… den ›letzten Knaben‹ gehalten zu werden …«
»Ja doch! Aber warum denn mich …«
»… zum ›letzten Mädchen‹ umbauen, nicht wahr, ma petite?« Und Doktor Sahob entdeckte seinen niederträchtigsten Blick, vor dem Fiora nur noch zu sagen fand:
»Ach, Sahob, wenn es wenigstens etwas eintrüge! Deine Unterhose ist seit sechs Wochen nicht gewaschen …«
»Und wenn man uns umkehren würde, käme nur Wurst und Kaffee zum Vorschein.«
Fiora hüpfte sehr verliebt auf Doktor Sahobs Knie und schmiegte ihren frisch gemalten Pudelkopf hündisch lieblich in seine Schulter hinunter. »Und wenn du doch nur wolltest! Du könntest Deputierter sein!«
»Ein Irrtum. Das könnte ich nicht.« Doktor Sahobs Stimme füllte sich plötzlich mit Klang.
»Du kannst es.« Fiora musterte ihn sonderbar lauernd.
»Ich kann es nicht!«
»Und ja!«
»Nein!«
Fioras magerer Hintern krachte miteins sehr schmerzhaft auf die Diele. »Hund verfluchter!«
»Dreckpatzen!«
»Wa-a-a-s?« Fiora rannte schreiend Kopf und Fäuste gegen Doktor Sahobs Lendengegend.
Der packte sie um die Hüften, hob sie, so daß ihr Kopf nach unten schüttelte, hoch empor und schmiß sie im Bogen auf das Bett, das, dieses Stoßes ungewohnt, geräuschvoll einbrach.
Fiora lachte sich naß, während Doktor Sahob auf der kunstgerecht über dem Schenkel angespannten Hose sich etwas gerade walkte, das wenig Aussicht mehr besaß, eine Zigarette zu werden.
Als er triumphierend rauchte, zog er, ein Besonderes kündendes Zeichen, die Schultern krumm ein. »Fiora, komm her!«
Fiora krauchte sich zwischen seine ausgestreckten Beine. »Liebst du mich, Sahob?«
»Kusch! Du gehst jetzt in die Mascotte-Bar!«
Fiora nickte stürmisch und frische Bächlein auf den Wangen. »Soll ich dann zu dir kommen oder …«
»Quatsch! Du setzt dich zu Coqillot …«
»Ach, es wird ja doch wie gewöhnlich nichts daraus …«
»Kusch, sag ich! Du setzt dich zu Coqillot, dem mit dem Bauch vorne und …«
Nach einer halben Stunde, die sehr gewitterhaft verströmte, war Fiora wütend, aber beglückt auf dem Weg …
In der Mascotte-Bar erzählte sie Coqillot auftragsgemäß, daß Doktor Sahob, ihr Freund, der gar kein Doktor sei, sondern ganz einfach ein Schwerverbrecher, sie dadurch, daß er sie zum Stehlen mitgenommen habe, fest an der Kette halte; daß er sie zur Hure abgerichtet und alles Gute in ihr zertreten und sie heute hierher geschickt habe, um einen teuflischen Plan gegen ihn, Coqillot, ausführen zu helfen; daß sie aber endlich genug habe und das Gewissen ihr schlüge; und daß sie ihn, Coqillot, retten würde, wenn er sie retten wolle …
Coqillots Bart erzitterte grotesk. Seine flinken Äuglein rannten aufgestört um den Tisch. Die heiße Asche seiner überlebensgroßen Havanna fiel in sein über der Brust offenstehendes Vorhemd, ohne daß er es fühlte.
Fiora hielt ängstlich den Kopf gesenkt, jeden Augenblick bereit, davonzulaufen – in die Seine, einen schrecklichen Fluch auf Sahob zwischen den schönen Zähnen.
Coqillots rote Pranke quetschte alsbald Fioras Händchen. »Meine liebe Kleine, sagen Sie mir die volle, die lautere Wahrheit und ich werde alles tun, was ich unter solchen Umständen für Sie tun kann.«
Fiora, die nun schon Mühe hatte, die erforderliche Zerknirschung durch ein aufkeimendes Lachen schiffbruchlos hindurch zu projizieren, begann unsicher: Doktor Sahob habe ihr befohlen, sich in Coqillots Wohnung mitnehmen zu lassen, wo er inzwischen die Köchin entfernen und den Telephondraht durchschneiden würde; Coqillot im Bett zu narkotisieren (hierbei zeigte sie flüchtig ein Stück in Seidenpapier gewickelte Formanwatte), ihm Schlüssel und Geld abzunehmen etc. …
Coqillot zahlte wie ein Irrsinniger und zerrte, überaus ergötzlich zu betrachten, Fiora die Treppe hinunter in sein Auto.
Darin überredete sie den Halbohnmächtigen mühsam und immer noch auftragsgemäß, daß es ein Fehler wäre, die Polizei jetzt schon zu verständigen; vielmehr beiweitem schlauer, trotzdem in seine Wohnung zu fahren, da sie wisse, daß Doktor Sahob in dem Kämmerchen neben der Küche auf ihr Zeichen warte; man brauche also nur die Küche abzusperren und könne am nächsten Morgen die Polizei holen lassen; denn so allein habe sie selbst noch Zeit, ihre Sachen zu packen und sich zu retten; er sollte ihr tausend Francs geben,