Оноре де Бальзак

Physiologie der Ehe


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und wasche Dir den Kopf, damit sie nicht, falls Du in einem Augenblick der Zerstreutheit Deine Perücke abnehmen solltest, unterscheiden kann, wie viele von Deinen Haaren unter der Hand der Zeit und wie viele unter der Hand Deines Korporals Trim gefallen sind.

      Du mußt, so sehr es in Deinen Kräften steht, ihrer Phantasie jeden Gedanken an einen kahlen Kopf fernhalten. Beherzige wohl, Toby, diesen sichern Grundsatz und richte Dich nach ihm: alle Frauen sind furchtsam.

      Und es ist ein Glück, daß sie es sind; denn wer möchte sich sonst mit ihnen einlassen?

      Deine Hosen dürfen weder zu eng noch zu weit sein und nicht den Pluderhosen unserer Vorfahren gleichen.

      Ein angemessenes ›Medium‹ kommt allen Glossen zuvor.

      Was Du auch zu sagen hast, ob Du wenig oder viel zu sprechen hast, mäßige stets den Ton Deiner Stimme. Das Schweigen und eine Ruhe, die dem Schweigen nahekommt, erinnern den Geist an die Geheimnisse der Nacht. Darum, wenn Du es vermeiden kannst, lasse niemals die Ofenschaufel oder die Feuerzange fallen.

      In Deinen Unterhaltungen mit ihr vermeide alles Scherzen und alles Spotten, und passe soviel wie möglich auf, daß sie keine ausgelassenen Bücher liest. Es gibt einige fromme Traktate, die Du ihr erlauben kannst – obwohl es mir lieber wäre, wenn sie auch diese nicht läse – aber dulde nicht, daß sie Rabelais, Scarron oder Don Quijote liest!

      Alle diese Bücher reizen zum Lachen; und wie Du weißt, Toby, gibt es nichts Ernsthafteres als die Zwecke der Ehe.

      Stecke stets eine Nadel in Deinen Busenstreif, bevor Du bei ihr eintrittst.

      Wenn sie Dir erlaubt, Dich mit ihr auf dasselbe Sofa zu setzen, und wenn sie Dir Gelegenheit gibt, Deine Hand auf die ihrige zu legen, so widerstehe dieser Versuchung. Du kannst nicht ihre Hand ergreifen, ohne daß sie an der Wärme Deiner Hand errät, was in Dir vorgeht. Laß sie stets in bezug auf diesen Punkt und auf viele andere im Ungewissen. Wenn Du Dich so benimmst, so wirst Du zum mindesten den Vorteil für Dich haben, daß ihre Neugier erregt ist; und wenn Deine Schöne noch nicht ganz fügsam ist, und wenn Dein Esel noch fortwährend weiterbockt – was sehr wahrscheinlich ist – so wirst Du Dir unter den Ohren einige Unzen Blut abzapfen lassen, nach einem Brauch der alten Szythen, die durch dieses Mittel die regellosesten Begierden ihrer Sinne heilten.

      Avicenna ist der Meinung, man solle sich hierauf mit Nieswurzextrakt einreiben, nachdem man die angemessenen Ausleerungs- und Abführungsmittel angewandt habe; und ich bin vollkommen seiner Meinung. Aber vor allen Dingen iß nur wenig und auf keinen Fall Ziegen- oder Hirschfleisch; enthalte Dich sorgsam – das heißt, so sehr Du nur kannst – der Pfauen, Kraniche, Bläßhühner, Taucher und Wasserhühner.

      Dein Getränk – das brauche ich wohl nicht besonders zu betonen – sollte ein Aufguß auf Eisenkraut und Haneakraut sein, von denen Aelian Wunderwirkungen berichtet. Sollte aber Dein Magen sie nicht vertragen, so müßtest Du von ihrem fernern Gebrauch absehen und von Gurken, Melonen, Portulak und Lattich leben.

      Für den Augenblick fällt mir weiter nichts ein, was ich Dir sagen könnte.

      Es sei denn, daß, falls der Krieg erklärt werden sollte ...

      Ich wünsche Dir also, mein lieber Toby, daß alles aufs beste gehe

       und bin Dein Dich liebender Bruder Walter Shandy.

      So wie die Sachen jetzt stehen, würde Sterne selber ohne Zweifel aus seinem Brief die Bemerkung über den Esel streichen; er würde sich hüten, einem Prädestinierten den Rat zu geben, sich Blut abzapfen zu lassen, und würde anstatt der Gurken und des Lattichs eine ganz besonders gehaltreiche Kost anempfehlen. Er riet damals zum Maßhalten, um für den Augenblick der Kriegserklärung einen zauberhaften Überfluß zu erzielen; dies war eine Nachahmung des Verfahrens der bewunderungswürdigen englischen Regierung, die in Friedenszeiten zweihundert Kriegsschiffe hat, deren Werften aber im Notfall das Doppelte liefern können, wenn es gilt, die Meere zu umklammern und sich einer ganzen Flotte zu bemächtigen.

      Wenn ein Mann zur kleinen Zahl derer gehört, die eine großherzige Erziehung in das Reich des Gedankens einführt, so sollte er stets, ehe er sich verheiratet, seine körperlichen sowohl wie seine sittlichen Kräfte prüfen. Um mit Aussicht auf Erfolg gegen alle die Stürme kämpfen zu können, die so viele Verführungen im Herzen seiner Frau zu erregen drohen, muß ein Ehemann außer einer wissenschaftlichen Kenntnis der Liebeswonnen und einem Vermögen, das ihm erlaubt, zu keiner Klasse der Prädestinierten zu gehören, noch folgende Eigenschaften besitzen: eine kräftige Gesundheit, einen auserlesenen Takt, viel Geist, genug Vernunft, um seine Überlegenheit nur bei passenden Anlässen merken zu lassen, und endlich ein außerordentlich feines Gesicht und Gehör.

      Hätte er ein schönes Gesicht, einen hübschen Wuchs, ein männliches Aussehen – und bliebe er in seinen Leistungen hinter allen diesen Versprechungen zurück, so würde er zur Klasse der Prädestinierten gehören. Daher wäre ein häßlicher Mann, dessen Gesicht aber ausdrucksvoll ist, in der günstigsten Lage, um den Kampf mit dem Geiste des Bösen aufzunehmen, sobald seine Frau nur einmal seine Häßlichkeit vergessen hätte. Er wird sorgfältig darauf achten – und dies ist ein Umstand, den Sterne in seinem Brief vergessen hat – stets geruchlos zu sein, um keinen Widerwillen zu erregen. Daher wird er auch von den Parfüms – die unsere Schönen stets einem beleidigenden Verdacht aussetzen – nur einen mäßigen Gebrauch machen.

      Er wird sich in seinem Benehmen der größten Vorsicht befleißigen, wird in allem, was er sagt, sich der gewähltesten Ausdrücke bedienen, wie wenn er ein Courmacher der unbeständigsten Frau wäre. Für ihn hat ein Philosoph folgende Betrachtung angestellt:

      »Manche Frau hat sich für ihr Leben unglücklich gemacht, hat sich zugrunde gerichtet, hat sich entehrt für einen Menschen, den sie nachher nicht mehr liebte, weil er seinen Rock ungeschickt ausgezogen, einen seiner Nägel schlecht beschnitten, seinen Strumpf verkehrt angezogen oder sich beim Aufmachen eines Knopfes tölpelhaft benommen hat.«

      Eine seiner wichtigsten Aufgaben wird es sein, seiner Frau den wirklichen Stand seines Vermögens zu verbergen, um ihr alle möglichen Einfälle und Launen befriedigen zu können, wie freigebige Junggesellen es zu tun pflegen.

      Endlich – und dies ist schwierig, man bedarf dazu eines übermenschlichen Mutes – muß er den Esel, von dem Sterne spricht, vollkommen in seiner Gewalt haben. Dieser Esel muß ihm gehorchen, wie ein Leibeigener des dreizehnten Jahrhunderts seinem Herrn; muß ihm zu Willen sein und schweigen, muß auf den leisesten Wink gehen und stehen.

      Mit allen diesen Vorteilen ausgerüstet, wird ein Ehemann dennoch kaum mit Aussicht auf Erfolg den Kampf aufnehmen können. Wie alle andern läuft er immer noch Gefahr, für seine Frau nur eine Art verantwortlich zeichnenden Herausgebers zu sein. »Ei was!« werden hier einige gute Leutchen rufen, deren Horizont bei ihrer Nasenspitze endet – »ei was, muß man sich denn mit dem Lieben so viele Mühe machen? Müßte man wirklich, um in der Ehe glücklich zu sein, vorher in die Schule gehen? Wird wohl gar die Regierung für uns einen Lehrstuhl der Wissenschaft der Liebe errichten, wie sie neulich einen Professor für Staatsrecht angestellt hat?«

      Hierauf antworten wir:

      Diese mannigfaltigen, so schwer zu erkennenden Regeln, diese ins einzelne gehenden Beobachtungen, diese je nach den Temperamenten so veränderlichen Begriffe existieren bereits, sozusagen, im Herzen derer, die für die Liebe geschaffen sind, wie ein instinktmäßiger Geschmack und eine schwer zu erklärende Fähigkeit, Ideen zu kombinieren, sich in der Seele des Dichters, des Malers oder des Tonkünstlers finden. Männer, denen es irgendwie Schwierigkeiten machen würde, die in dieser Betrachtung gegebenen Regeln zu betätigen, sind von Natur Prädestinierte, wie ein Mensch, der die zwischen zwei verschiedenen Ideen bestehenden Beziehungen nicht zu bemerken vermag, ein Dummkopf ist. Ja die Liebe hat ihre unbekannten großen Menschen, wie der Krieg seine Napoleons, wie die Dichtkunst ihre André Chéniers und wie die Philosophie ihre Descartes hat!

      Diese letzte Beobachtung enthält den Keim einer Antwort auf die Frage, die seit langer Zeit alle Menschen sich stellen: warum kommt denn so selten eine glückliche Ehe vor? Dieses Phänomen der sittlichen Welt findet sich selten, weil man nur wenig genialen