Anforderung, die schlanke Frau zu tragen, kaum gewachsen sein konnten. Diese fantastischen Füße wurden gekrönt von den schlanken, grazilen Fesseln. »Anmutig wie ein Rehkitz!«, würde der Onkel sagen. »Wie ein kleines zartes Reh!«
Von ihm hatte sie die Faszination für Schuhe und Füße. Von klein auf war sie beinahe ständig in dem Geschäft. Der Geruch von neuen Schuhen, von Leder und den Lederfarben ließen ihre Nüstern beben, sobald sie ihn wahrnahm, ein berauschender und vielversprechender Duft. Hinzu kam der atemberaubend schöne Klang der Schuhkartons; sowohl wenn man sie stapelte, als auch wenn man sie öffnete oder wieder verschloss. Dann das wunderbare Geräusch, wenn der Fuß in den Schuh eindrang, ihn leicht verformte und in Besitz nahm. Immer dann entstand dieses einmalige akustische Ereignis. Die Sinnlichkeit dieser schönen Dinge faszinierte sie von Kindesbeinen an. Seit der Pubertät empfand sie gar sexuellen Reiz bei dem Zusammenspiel der Düfte und der Klänge. Dann diese wunderschönen Füße, die sie jeden Tag berühren durfte, wenn sie im Geschäft sein konnte, all das machte den Reiz ihres bisherigen Lebens aus.
»Sie kann wohl nicht gut hören? Habe ich zehn Paar gesagt oder ein Dutzend? Nun?«
»Ich konnte mich nicht entscheiden, denn all diese Schuhe passen zu Ihren wundervollen Fü…zu Ihnen. Ich nehme die wieder mit, die Sie nicht haben möchten. Diese beiden Paare von Jimmy Choo wollte ich Ihnen nicht vorenthalten. Sie sind gerade eben erst aus London eingetroffen.«
Die Kundin schaute arrogant von oben herab.
»Nun, was hat sie zu bieten?«
Helena nahm den ersten Karton von dem Stapel neben sich, öffnete ihn und entnahm ihm den rechten Schuh. Die Dame nahm ihr den Schuh aus der Hand.
»Oh, ein Soulier, ein schönes Modell«, bemerkte sie.
Sie nippte an einem Champagnerglas, schaute Helena dabei spöttisch lächelnd an. Die Dame stellte den rechten Fuß auf das Fußbänkchen neben dem Stuhl.
Ein wunderschöner, schlanker Fuß, mit den Sehnen und Knöchelchen an den richtigen Stellen, wohlgeformt, wie von einem Gott gebaut. Helena war erneut fasziniert von diesem Fuß und seiner schlanken Fessel. Der besondere Duft umschmeichelte den Fuß und die Dame, lieblich und würzig, wie er nicht besser zu ihr passen könnte.
Helena streichelte dieses göttliche Gebilde aus der seltsamen Pantolette.
Sie hielt inne, um dieses wunderschöne Kleinod zu betrachten. Die Dame beobachtete sie weiterhin mit dem leicht spöttischen Lächeln. Sie erkannte, was Helena zu atemlosem Schweigen brachte.
»Nun?«, meinte sie nach einiger Zeit.
Helena hörte nichts, sie sah nur diesen traumhaften Fuß an.
Mit dem Zeigefinger hob die Dame Helenas Kinn an.
»Will sie mir wohl den Soulier überziehen?«
Helena errötete, sie beeilte sich, den Schuh über diesen göttlichen Fuß zu streicheln. Der Duft, der von der Dame ausging, hinzu dieser zart-goldene Hautton, diese gepflegte Fußsohle, all diese Schönheit verwirrte Helena, wie es sie bereits im Geschäft beeindruckt hatte.
»Hat sie schon einmal einen Freund gehabt?«, fragte die Dame.
Helena hörte nicht zu. Diesen Fuß zu berühren, die kleine Schnalle des Schuhes zu schließen und letztendlich den Schuh an diesem Fuß zu betrachten, nahm ihre gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch.
Die Dame hob erneut Helenas Kinn an, bis sie sie anblicken musste. Die Augen, die Helena unverwandt anschauten, besaßen dieses tiefe Dunkelblau, das sie bereits im Geschäft fasziniert hatte. Wunderschön, Helena fand die gesamte Erscheinung der Dame wunderschön. Der Anblick und das Selbstbewusstsein der Kundin brachten sie in den Bann der Frau.
»Ob sie schon einmal einen Freund hatte, habe ich sie gefragt. Nun?«
»Öh, äh, öh, nein.«
»Interessant. Sie hilft dem Onkel immer während der Ferien?«, fragte die Dame noch einmal, Helena nickte zur Bestätigung.
Die eigene knappe Bekleidung, die schwüle Umgebung mit der Kundin, der unterwürfig daneben stehenden Zofe und die Berührung dieses wunderschönen Fußes erregten Helena auf bisher unbekannte Art und in ungehöriger Weise. Diese Erregung und die Hoffnung auf mehr, davon ließ sie sich gern den Wünschen der Kundin unterordnen, diesen seltsamen und eigenwilligen Gepflogenheiten. Die Dame wusste den schönen Schuh und ihre Art, ihn zu präsentieren, zu würdigen. Helena empfand die Zufriedenheit der Kundin als indirektes Lob.
»Sehr schön, meine liebe Helena, das hat sie sehr schön ausgesucht. Den nächsten bitte.«
Das direkte Lob wärmte Helena, sie fasste Vertrauen in die Dame.
»Sehr gerne, Frau von Barnfels-Schmelling, sehr gern.« Den Namen hatte sie auf der Herfahrt geübt, er ging ihr reibungslos über die Lippen.
»Sie darf Herrin zu mir sagen«, erwiderte die Kundin, für Helena völlig überraschend.
Sie begegnete dem Blick aus den dunkelblauen Augen.
»Nun?«, fragte die Kundin.
In Helena sträubte sich etwas gegen diesen ausgefallenen Wunsch der Dame. Es sträubte sich so lange, bis sie sich bewusst machte, dass es der Wunsch einer Kundin war, einer guten Kundin. Sie war hier, um der Kundin Wünsche zu erfüllen, für den geschäftlichen Erfolg. Also, was soll’s? Sie war nun schon so weit gegangen, auf diese Kleinigkeit kam es nun nicht mehr an.
»Ja, okay«, bestätigte sie.
»Es heißt: Ja, Herrin!«, berichtigte sie die Kundin.
Gehorsam wiederholte Helena:
»Ja, Herrin.«
»So ist’s brav, nun den nächsten Schuh. Was hat sie mir sonst noch ausgesucht?«
Die Kundin, die Herrin, berichtigte sich Helena selbst, schlug die Beine übereinander, um ihr den linken Fuß zu präsentieren. Dabei benahm sie sich so ungeschickt, dass dieses seltsame Kleid zur Seite geschlagen wurde und Helena auf die nackte und rasierte Scham der Herrin blicken konnte. Sie schaute peinlich berührt weg. Die Herrin blickte sie an, so lange bis sie den Blick erwiderte. Die Herrin schaute auf ihre Scham, so, als wolle sie Helena auffordern, sich die Möse genau anzusehen. Helena konnte nicht anders, sie schaute sich die wulstigen, geschwollenen Lippen genau an, sie konnte den Blick nicht abwenden. Die Herrin bedeckte sich nach einiger Zeit. Sie forderte Helena auf, ihr den nächsten Schuh überzustreifen, in dem sie »Nun!« sagte.
Helena war verwirrt. Dieser lockere Umgang mit Nacktheit war neu für sie. Im Hause ihres Onkels, bei dem sie lebte, seitdem sie zwei Jahre alt war, die Eltern waren kurz zuvor bei einem Unfall ums Leben gekommen, war Prüderie an der Tagesordnung. Sie konnte sich nicht erinnern, den Onkel jemals nackt gesehen zu haben, nicht einmal in Unterwäsche. Wenn sie sich begegneten, waren sie stets korrekt gekleidet.
Der lockere Umgang mit der Nacktheit war peinlich und gleichzeitig erregend. Sie schämte sich, die Brüste so offen zu zeigen, wie es in dem durchsichtigen Oberteil der Fall war, obwohl es sie überraschend stark erwärmte. Es verursachte Hitze, sich trotz der Hemmung beinahe nackt präsentieren zu müssen.
Scham schien hier im Hause nicht gefragt zu sein. Sich zu zeigen, mit seiner Nacktheit zu spielen, schien hier erwartet zu werden und war Gegenstand des Alltäglichen. Sie fand es erregend, sich zu zeigen, ungewohnt, beinahe hätte sie »geil« gedacht. Es machte die Hüfte locker, weckte Verlangen auf mehr, auf unartige Spielchen, auf Dinge, die sich nicht gehörten, auf Unaussprechliches. Obwohl sie fürchtete, von jemandem berührt zu werden, dort, wo es sich nicht gehörte, da, wo man sich im Geheimen nur selbst anfasste, empfand sie starkes Verlangen danach.
Erst nachdem sie ein weiterer auffordernder Blick der Herrin traf, nahm sie die nächste Schuhschachtel. Sie enthielt einen sehr zart gebauten Valentino.
»Oh, ein sehr schönes Modell!«, lobte die Kundin. Helena streichelte die Holzpantolette von dem linken Fuß und streifte den Valentino stattdessen darüber.
Die