Günter Dönges

Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman


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      Nichts dergleichen!

      Der junge Mann ließ die Frau passieren und rührte sich nicht. Was ihm übrigens schlecht bekommen wäre, denn Parkers Preßluft-Blasrohr im Schirmstock war geladen und hatte genau die richtige Distanz vor sich.

      Ahnungslos und geschmeidig glitt die junge Frau an Parker vorbei.

      Sie mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, war sehr gut proportioniert und hatte dunkelbraunes Haar, das kurz geschnitten war. Das Polohemd lag hautdicht auf ihrem noch nassen Körper.

      Der junge Mann folgte vorsichtig der langbeinigen Eva, die plötzlich blitzschnell herumwirbelte und eine Pistole in der Hand hielt. Sie richtete sie auf den jungen Mann.

      »Gerald …!« Sie lachte leise und senkte die Pistole. »Seit wann bist du denn hier?«

      »E … Eben gekommen«, wollte er hastig sagen und stotterte dabei. »Ich hatte die Schüsse gehört, Jane …«

      »Um ein Haar hätte es mich erwischt, Gerald«, erwiderte die Frau, deren Vorname also Jane war. »Und ich kann mir gut vorstellen, wer daran interessiert ist …«

      »Wir sollten nicht hierbleiben.« Gerald schien merkwürdig gehemmt. Er brachte es nicht fertig, die Frau offen und frei anzusehen.

      »Komm, Gerald …!« Sie hatte die Pistole schon längst wieder weggesteckt und ging voraus, ohne sich weiter um den jungen Mann zu kümmern. Gerald folgte ihr hastig wie ein kleiner, stets dienstbereiter und ergebener Hund.

      Sie verschwanden im dichter werdenden Unterholz, verfolgt von Mike Rander und Josuah Parker.

      Das Gelände senkte sich steil ab und wurde lichter. In der Luft waren das Brausen und Rauschen eines Wasserfalls zu hören. Rander und sein Butler befanden sich inzwischen auf einem Saumpfad, der in vielen Windungen hart an einem Wasserfall entlangführte, sich noch einmal steil senkte und dann vor einem freien Platz mündete, auf dem eine einfache Jagdhütte stand.

      Diese Behausung war am Rand eines Kessels errichtet worden, in den sich der Wasserfall ergoß. Wasserstaub wehte durch die Luft, traf aber nicht mehr die Hütte, die in einem toten Winkel stand.

      Jane und Gerald verschwanden gerade in dem Bau, neben dem ein Landrover stand. Plötzlich war das Aufrauschen von Radiomusik zu hören, die sofort wieder abgedreht wurde.

      »Zweisamkeit im Bergwald«, sagte Rander etwas spöttisch zu Parker. »Aber sie scheint bereits gestört zu sein, wenn ich an den Schützen denke.«

      Statt zu antworten, deutete der Butler mit dem Universal-Regenschirm hinunter auf die Hütte. Aus dem Wasserstaub jenseits des Wasserkessels kamen zwei mittelgroße, kompakt aussehende Männer, die schätzungsweise zwischen fünfunddreißig und vierzig Jahre alt waren. Sie trugen Gewehre in der Hand und hielten genau und zielstrebig auf die Jagdhütte zu.

      Rander und Parker schoben sich ungesehen näher an die Jagdhütte heran, die von den beiden kompakten Männern noch nicht ganz erreicht war.

      Rander und Josuah Parker wollten einsatzbereit sein, falls es zu einem Drama kommen sollte. Sie wußten zwar nicht, um was es ging, aber sie wollten selbstverständlich einen möglichen Mord oder sogar Doppelmord verhindern.

      Die beiden Männer, deren derbe Gesichter jetzt zu erkennen waren, kamen jedoch in friedlicher Absicht. Sie riefen Janes Namen und stellten ihre Gewehre draußen auf der kleinen überdeckten Veranda ab.

      Jane trat heraus, winkte salopp und unterhielt sich dann mit ihnen, von denen einer einen recht ausgeprägten Bauch hatte.

      Sie schien von ihrem Erlebnis oben am Bergsee zu berichten, denn sie deutete wiederholt hinauf zum Saumpfad. Gerald kam inzwischen ebenfalls aus der Jagdhütte und bemühte sich sehr um den Mann, der seinen Bauch trug, und der ältere der beiden Männer war. Dieser Mann behandelte Gerald mit deutlicher Herablassung.

      Parker hatte sich inzwischen von seinem jungen Herrn getrennt und schob sich noch näher an die Jagdhütte heran. Es war erstaunlich, mit welchem Geschick er dieses Anpirschen erledigte. Er hätte mit größter Wahrscheinlichkeit selbst einen ausgebufften Indianer beschämt.

      »Das kann nur Stringale gewesen sein«, sagte Jane gerade, »er muß uns aufgespürt haben.«

      »Dann haben wir ja noch was vor uns«, erwiderte der Mann mit dem ausgeprägten Bauch, »ich denke, wir sollten ab sofort Wachen einteilen. Stringale kennt keine Hemmungen!«

      »Weiß Gott …!« sagte Jane und strich sich über ihr Haar, »noch einmal möchte ich das nicht erleben. Ich kann immer noch nicht verstehen, wieso er plötzlich verschwand. Irgend etwas muß ihn aufgescheucht und gestört haben.«

      »Was denn?« fragte Gerald.

      »Irgendwas«, sagte Jane, »vielleicht treibt sich außer Stringale noch einer in der Gegend herum. Stringale ist zwar ein Einzelgänger, aber er hat bestimmt Freunde, die sich nur zu gern an ihn hängen würden.«

      Es war fast dunkel, als Rander und Parker nach Crater Lake kamen, wo sich auch das Hauptquartier der Parkverwaltung befand. Sie fanden erfreulicherweise ein Motel, das noch freie Zimmer hatte. Eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft hatten Rander und Parker sich bereits eingemietet und wohnten nun für die nächsten Tage in einem kleinen Bungalow, der einer Jagdhütte glich und aus Bruchsteinen und Baumstämmen gebaut war. Es gab hier zwei kleine Schlafkammern, einen gemeinsamen Wohnraum und eine Duschecke. Essen konnten sie nach Belieben in einem gutgeführten Schnellimbiß.

      »Wenn Sie erlauben, Sir, werde ich gewisse Erkundigungen einziehen«, sagte Parker, nachdem er das Reisegepäck ausgepackt hatte.

      »Ich denke, wir können uns das schenken«, meinte Rander, »diese Jane ist schließlich nicht allein. Wenn Sie den Mordanschlag melden will, gut … Wenn nicht, ist das schon nicht mehr unser Bier.«

      »Wie Sie meinen, Sir.« Parkers Gesicht blieb höflich – undurchdringlich.

      »Paßt Ihnen was nicht?« erkundigte sich Mike Rander.

      »Ich würde mir niemals erlauben, Sir, an Ihren Maßnahmen Kritik zu üben«, erwiderte Parker steif.

      »Na also!« Rander lächelte in sich hinein. »Ich brauche Ihnen ja wohl nicht zu erklären, daß wir hier ein paar Tage Urlaub machen. Ich habe keine Lust, mich in eine Affäre verwickeln zu lassen.«

      Während Mike Rander so redete, dachte er an ähnliche Erklärungen, die er seinem Butler gegenüber abgegeben hatte. Mehr als häufig sogar. Immer hatten sie ein paar Tage Urlaub machen wollen, und immer hatte solch ein geplanter Urlaub mit einer Pleite auf der ganzen Linie geendet.

      Josuah Parker zog Kriminalfälle auf sich, ob man sich dagegen wehrte oder nicht.

      Parker schien eine Laus über die Leber gekrochen zu sein. Er folgte seinem jungen Herrn schweigend in den Schnellimbiß und beantwortete zurückhaltend die Fragen des Anwalts, die sich auf den kommenden Tag bezogen.

      Dann allerdings, sie wollten gerade zurück in ihren Motel-Bungalow gehen, hellte seine Miene sich auf. Und dieses freundliche Aufhellen hing damit zusammen, daß eine Gruppe von neuen Gästen den Schnellimbiß betrat.

      Auch Mike Rander interessierte sich plötzlich nicht mehr für den morgigen Tag.

      Herein kamen Jane, die Bikini-Schönheit, sowie die beiden kompakt aussehenden Männer, die sich an der Jagdhütte eingefunden hatten. Jane trug lange Lederhosen, die in wadenhohen Stiefeln steckten. Darüber trug sie eine hüftlange Lederjacke, die aus einem teuren Modesalon stammen mußte.

      Die beiden Männer sahen im Gegensatz zu ihrer eleganten Begleiterin wie ärmliche Holzfäller aus. Dennoch ging von dem untersetzten Dicken eine starke Persönlichkeit aus. Sein bullig wirkendes Gesicht, jetzt aus der Nähe und gut zu sehen, verriet Kraft, Härte und Durchsetzungsvermögen. Er war ein Mann, der zu befehlen gewohnt war.

      Sein jüngerer Begleiter, ebenfalls untersetzt, kompakt und etwa fünfunddreißig Jahre alt, machte dagegen einen nervös-labilen Eindruck. Sein Gesicht wirkte gedunsen, als habe er in letzter Zeit zuviel