Günter Dönges

Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman


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und machten es nicht nötig, unentwegt Wache zu halten. Die kleinen Minisender arbeiteten stets präzise und unauffällig. Sobald sie ihre Impulse ausstrahlten, war der Butler auf der Hut. Selbst Schritte, die auf Zehenspitzen absolviert wurden, ließen sich damit einwandfrei feststellen.

      Parker befand sich im Freien und suchte nach der Person, die um das kleine Holzhaus herumschlich. Er fand eine schmale Gestalt, die an die eines großen, schlaksigen Jungen erinnerte.

      Diese Gestalt hatte sich hinter einem Baum in der Nähe des Wohnzimmerfensters aufgebaut und pirschte sich jetzt vorsichtig an dieses Fenster heran, dessen Jalousien aber von innen geschlossen waren.

      Parker entdeckte ferner, daß sich in der Hand des jungen Mannes ein Paket befand, das er sicher nicht offiziell abliefern wollte. Um kein Risiko einzugehen, entschloß Parker sich, einen Blasrohrpfeil zu opfern.

      Unhörbar zischte der kleine Pfeil, der nicht größer war als eine normale Stricknadel, aus dem unteren Ende des Schirmstocks und bohrte sich Bruchteile von Sekunden später in die rechte Gesäßhälfte des jungen Mannes.

      Der Überraschte kickste auf, faßte nach seiner Kehrseite und rutschte schon in diesem Augenblick haltlos in sich zusammen. Das ungemein schnell wirkende Betäubungsgift, mit dem die Spitze des Pfeils bestrichen war, tat seine Wirkung.

      Parker blieb in Deckung.

      Man konnte ja nicht wissen, wer sich noch im Garten herumtrieb …

      Der junge Mann war Einzelgänger.

      Es tauchte niemand auf, um ihn zu bergen. Nach einer Minute verließ der Butler die Deckung und kümmerte sich um den nächtlichen Besucher. Vor allen Dingen um das Geschenkpäckchen, das neben ihm lag.

      »Eine Dynamitladung, Sir«, meldete Parker wenig später seinem jungen Herrn, »eine Dynamitladung mit einem Aufschlagzünder, der erfreulicherweise noch nicht entsichert worden war.«

      »Kann man wohl sagen«, erwiderte Rander und wog das Sprengstoffpaket nachdenklich in der Hand, »diese Ladung hätte ausgereicht, uns und den Bungalow zu atomisieren.«

      »Worüber sich der junge Mann aber wohl klar gewesen sein muß, Sir …« Parker deutete auf den schlafenden jungen Mann, der ein Pausbackengesicht hatte und kindlich-unschuldig aussah. Er mochte etwa achtzehn bis zwanzig Jahre alt sein.

      »Wie lange wird er noch schlafen?«

      »Schätzungsweise noch zehn Minuten, Sir …« Während Parker redete, untersuchte er bereits die Taschen des jungen Mannes. Er fand einen 38er, gut geölt und gepflegt, ein paar Banknoten und einen Zündschlüssel.

      »Ob das wohl der Schütze ist, der mich erwischt hat?« Rander zündete sich eine Zigarette an.

      »Dazu müßte man seinen Wagen finden, Sir.«

      »Fragen wir ihn, sobald er wieder zu sich gekommen ist.«

      »Sehr wohl, Sir. Inzwischen dürfte der Auftraggeber dieses jungen Mannes auf die Explosion warten, wie ich zu vermuten mir erlaube.«

      »Wieso rechnen Sie mit einem Auftraggeber?«

      »Aus eigenem Antrieb, Sir, dürfte der junge Mann diese Sprengladung wohl nicht transportiert haben.«

      »Richtig. Wollen Sie den Auftraggeber akustisch reizen?«

      »Ich würde es nur zu gern tun, Sir, doch dürfte eine Zündung der Ladung um diese nächtliche Zeit wenig angebracht sein.«

      »Sie hoffen, daß der Auftraggeber selbst kommen wird?«

      »In der Tat, Sir! Wenn Sie einverstanden sind, werde ich gern vor oder neben dem Bungalow Posten beziehen.«

      »Okay. Aber lassen Sie sich nicht erwischen, Parker. Sieht so aus, als hätten wir es mit einem verdammt abgebrühten Routinier zu tun.«

      Parker nahm die Warnung zur Kenntnis und begab sich auf dem Umweg über die Schlafkammer seines jungen Herrn zurück nach draußen.

      Es dauerte nicht lange, bis er leise Schritte hörte.

      Parker, der hinter einem dichten Strauch im Garten des Motels stand, duckte sich zusätzlich ab und wartete auf Ereignisse.

      Die Schritte näherten sich. Zögernd, vorsichtig und irgendwie berechnend.

      Plötzlich erkannte Parker die Person, die sich auf dem asphaltierten Verbindungsweg zwischen den einzelnen Bungalows näherte.

      Es handelte sich um die junge Dame, die Jane genannt wurde …

      Sie ging wie absichtslos an dem Bungalow vorbei, blieb stehen und schien sich für die Sterne zu interessieren. Sie schaute hoch zum Himmel, fand wahrscheinlich nicht das, wonach sie suchte, und ging dann leise wieder zurück.

      Parker folgte ihr.

      In Höhe des Bungalows, in dem Rander und Parker wohnten, blieb sie erneut kurz stehen, zündete sich dann überraschenderweise eine Zigarette an und wollte weitergehen.

      Genau in diesem Moment sprang plötzlich eine Gestalt aus dem Strauchwerk und fiel die junge Dame von hinten an. Sehr gekonnt, aber auch sehr brutal.

      Jane, wie sie hieß, hatte wohl im letzten Augenblick doch noch ein verdächtiges Geräusch gehört. Sie wirbelte herum, hob abwehrend die Arme, wurde aber von einem Jagdhieb zu Boden gestreckt. Die Gestalt beugte sich über Jane.

      »Ihr Benehmen mißfällt mir außerordentlich«, sagte Parker, der neben der jetzt knieenden Gestalt erschien.

      Der Getadelte reagierte augenblicklich und warf sich auf den Butler. Doch Parker hatte mit solch einer Reaktion gerechnet. Dort, wo er gerade noch gestanden hatte, befand sich jetzt nur noch der bleigefüllte Bambusgriff seines Universal-Regenschirms.

      Mit diesem schweren Griff kollidierte das Kinn das Angreifers. Es knackte laut und deutlich, dann folgte ein Aufseufzen und das Zusammenbrechen des Mannes.

      Die junge Frau, die keineswegs ohnmächtig war, sprang auf und schaute verwirrt auf den Butler, der jetzt höflich seine schwarze Melone lüftete.

      »Ich hoffe, Madam«, sagte Parker in unnachahmlicher Würde, »ich hoffe, Sie nicht unnötig erschreckt zu haben.«

      »Wie … Wie kommen Sie denn hierher?« wollte Jane wissen.

      »Ein müder, alter und relativ verbrauchter Mann wie meine Wenigkeit muß sich hin und wieder die mehr als steifen Glieder vertreten«, sagte Parker. Er deutete auf den ohnmächtigen Angreifer. »Sollten Sie diesen Mann kennen, Madam?«

      Jane schaute auf Parkers Gegner, der auf dem Rücken lag. Sein Gesicht war deutlich zu erkennen. Für Parker war es keine Frage, daß es sich um den Schützen handelte, der es auf die junge Frau abgesehen hatte.

      Sie aber schüttelte überraschenderweise den Kopf.

      »Nie gesehen«, sagte sie, »vielleicht wollte er mir die Handtasche wegnehmen.«

      »Vielleicht«, sagte Parker, ohne auch nur ein Wort zu glauben.

      »Oder ein Betrunkener«, meinte Jane.

      »Vielleicht, Madam.«

      »Lassen wir ihn laufen«, bat Jane, »vielen Dank, daß Sie mir geholfen haben!«

      »Es war mir ein Vergnügen«, erwiderte der Butler, »Sie sind also nicht dafür, die zuständigen Parkbehörden zu verständigen?«

      »Ich hasse Behördenkram«, sagte Jane wegwerfend, »viele Fragen, aber keine Resultate.«

      »Man sollte es darauf ankommen lassen, Madam …«

      »Lassen Sie ihn laufen«, wiederholte sie kategorisch, »kommen Sie morgen zu meinem Mann, er wird sich erkenntlich zeigen … Sie heißen?«

      Ihr Ton war knapp geworden, irgendwie herrisch und distanziert.

      »Mein Name ist Parker, Josuah Parker … Ich habe die Ehre der Butler Mister Randers zu sein.«

      »Schön, Parker«,