Günter Dönges

Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman


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Schütze sich aufgehalten hatte. Er fand sogar zwei Patronenhülsen auf dem felsig-moosigen Boden. Doch der Schütze hatte das Weite gesucht.

      War er doch durch Parkers Annäherung aufgeschreckt worden? Aber warum, so fragte sich Parker, hatte der Mann dann nicht versucht, auf ihn zu schießen? Warum hatte er sich diese einmalige Möglichkeit entgehen lassen?

      Falls es sich tatsächlich um Stringale gehandelt hatte, so war diese Reaktion nicht verständlich. Stringale war schließlich ein Mann, der breite Nerven gezeigt hatte. Warum hatte er also die Flucht ergriffen?

      Fragen über Fragen, auf die der Butler im Augenblick keine Antwort wußte. Nur Stringale selbst konnte dafür eine Erklärung geben, Parker hoffte, diesen Schützen so schnell wie möglich zu stellen.

      Der Butler sicherte die nähere Umgebung und beobachtete die Jagdhütte, die von dieser Stelle aus gut einzusehen war. Der Schütze hatte sich genau den richtigen Platz dafür ausgesucht.

      Und sich im richtigen Moment abgesetzt. Leider. Da war nichts mehr zu machen.

      Parker wollte sich gerade abwenden, um zurück zu Mike Rander zu gehen, als schräg über ihm auf dem bewaldeten Steilhang kleine Sternchen kollerten. Nicht besonders laut, aber doch feststellbar.

      Parker war sofort wie elektrisiert.

      Der Schütze mußte sich also doch noch in nächster Nähe befinden. Hatte er nur seinen Standort gewechselt, um die Jagdhütte aus einem anderen Winkel heraus beschießen zu können?

      Parker duckte sich ab und folgte dem Geräusch. Diesmal war er noch vorsichtiger als vorher. Er durfte sich in diesem unübersichtlichen Gelände keine Blöße geben. Ein Schuß aus dem Hinterhalt mußte hier zu einem Volltreffer werden.

      Um ganz sicherzugehen, schlug der Butler einen weiten Bogen, um sich dem Schützen von oben zu nähern. Oder ihn abzufangen, falls er sich erneut absetzte.

      Ein Schuß ließ den Butler verharren.

      Er lag mit seiner Taktik genau richtig. Der Schütze hatte sein Punktfeuer wiederaufgenommen und befand sich jetzt auf dem Steilhang etwas unterhalb von Parker.

      Diesmal war der Butler in der erfreulichen Lage, sein Blasrohr verwenden zu können. Er hob den Universal-Regenschirm an, visierte in Richtung Opfer und schickte den Blasrohrpfeil dann mit einer Preßluftdosis auf die Reise.

      Der Schütze – er trug Jeans und eine Lederjacke, die Parker schon am Waldsee gesehen hatte – dieser Schütze zuckte zusammen, als der gefiederte Pfeil sich in seinen rechten Oberschenkel bohrte.

      Der Mann wirbelte herum, suchte nach dem Schützen, wurde aber bereits schwach in den Beinen und rutschte dann haltlos in sich zusammen.

      »Ob es sich um den besagten Bennie Stringale handelt, Sir, vermag ich immer noch nicht zu sagen«, meinte Parker eine Viertelstunde später, nachdem er seinen jungen Herrn herbeigeholt hatte, »mit Sicherheit handelt es sich aber um den Mann, der Mrs. Jane Ashland im Garten des Motels ansprang.«

      »Irgendwelche Papiere in den Taschen?«

      »Ich muß bedauern, Sir.«

      Rander beugte sich über den immer noch ohnmächtigen Mann und sah sich das Gesicht sorgfältig an. Dann fuhr er kopfschüttelnd hoch.

      »Der Schütze vom Waldsee kann das nicht sein«, sagte Rander, »denken Sie an die Blutspuren, die er im Unterholz hinterlassen hat.«

      »In der Tat, Sir!«

      »Dieser Schütze muß von dem Stein verletzt worden sein, den Sie mit Ihren Hosenträgern verschossen haben. Der hier sieht vollkommen glatt und unversehrt aus.«

      »Stringale oder nicht, das ist hier die Frage, Sir.«

      »Zitieren Sie keine Klassiker, Parker! Wie lange wird es dauern, bis er wieder zu sich kommt.«

      Rander hatte noch nicht ganz beendet, als der Mann die Augen übergangslos aufschlug, sich umschaute und dann aufspringen wollte, kraftvoll und durchaus fit.

      Wie er glaubte, denn sofort nach diesem Kraftakt fiel er wieder zurück auf den moosig-felsigen Boden. Er sah Rander und Parker wütend an.

      »Sie sind entweder ein schlechter Schütze, oder aber, Sie zielen absichtlich so, daß Mrs. Ashland auf keinen Fall verletzt wird.«

      Rander sah seinen Butler erstaunt an. Was sollte diese Bemerkung bedeuten, die übrigens nicht Unlogisch klang. Worauf spielte der Butler an?

      »Gehen Sie zum Teufel«, knurrte der Mann, der etwa fünfundzwanzig Jahre alt war.

      »Wir werden Sie mitnehmen und dort abliefern«, warf Rander ironisch ein, »haben Sie was dagegen, daß wir Sie runter zur Jagdhütte schaffen?«

      »Jagdhütte? Wo? Was soll das? Haben Sie mich etwa außer Gefecht gesetzt?«

      »Sieht so aus. Sie sind Stringale, wie?« Rander versuchte es mit einer Frage in Form eines Schrotschusses. Er hoffte, daß ein Schrotkorn traf.

      Und wie es traf!

      »Sie – Sie kennen mich?« fragte der junge Mann ehrlich überrascht.

      »Natürlich. Ich sage nur, Dehlinger-Bande! Etwa vor acht Jahren. Sie müssen damals noch ein halbes Kind gewesen sein.«

      »Na und?« Der junge Mann blitzte den Anwalt gereizt an.

      »Hinter wem sind Sie her?«

      »Hinter keinem. Das heißt, ich jage hier Kaninchen.«

      »Und zweibeinige Rehe, wie?« Rander grinste überlegen, »kommen Sie uns bloß nicht mit Märchen, Stringale! Sie sind doch darauf aus, Jane Ashland zu erschießen!«

      »Wollen Sie mir das erst einmal beweisen?«

      »Sehr einfach. Der Einschuß unten in der Jagdhütte müßte mit den Patronen aus Ihrem Gewehr identisch sein. Jede Jury würde das abnehmen. Oder Artie Ashland. Wie steht es, gehen wir runter zu ihm?«

      Stringale, falls er es war, senkte den Kopf und dachte angestrengt nach.

      »Mal ’ne Gegenfrage«, sagte er nach einer längeren Pause, »und wer sind Sie?«

      »Touristen«, erwiderte Rander lächelnd, »ich weiß, Sie werden uns das nicht abnehmen, aber es stimmt. Mein Butler und ich sind nichts als Touristen.«

      »Und Ihr Taschengeld verdienen Sie sich als Leibwache von Ashland, wie?«

      »Hat er eine Leibwache nötig?«

      »Das wissen Sie doch besser als ich!«

      »Mrs. Ashland ebenfalls?«

      »Reden Sie doch, was Sie wollen. Aus mir bekommen Sie nichts heraus!«

      »Sagte ein pausbäckig aussehender Junge, der meinem Butler und mir eine Dynamitladung in den Bungalow werfen wollte. Und dann redete er doch noch, bevor er von einer Maschinenpistole erledigt wurde!«

      »Wovon reden Sie denn jetzt schon wieder?«

      »Zum Beispiel von einem Mann, der wie Sie eine Lederjacke trug und eine gewisse Mrs. Ashland oben am Waldsee erschießen wollte.«

      »Ein mehrfach gezackter Stein, wenn ich es so umschreiben darf, hinderte ihn an der endgültigen Ausführung seiner Pläne«, warf der Butler ein.

      Die Unterhaltung, die so vielversprechend begonnen hatte, wurde leider unterbrochen und beendet.

      Das hing mit einigen peitschenden Schüssen zusammen, die Rander und Parker zwangen, sich schleunigst in Deckung zu begeben.

      Die Schüsse galten einwandfrei ihnen.

      Zweige und kleine Äste wurden von den Geschossen durch die Luft gewirbelt. Ein, zwei Querschläger sirrten gefährlich durch das Unterholz.

      Stringale nutzte seine Chance.

      Er war plötzlich auf den Beinen und setzte sich ab. Gewiß, Rander oder Parker hätten ihn mit einem gezielten Schuß daran hindern