Günter Dönges

Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman


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macht ernst“, sagte Mike Rander und sprang auf. Zusammen mit Sheriff Anderson und Assistent Ball saß er in einem Außenborder, der eine knappe Meile südlich in einer kleinen Bucht vor Anker gegangen war.

      Rander, Anderson und Ball hatten jedes Wort der Unterhaltung zwischen Parker, Fielding, Caspan und Helen Manners mitbekommen. Dafür hatte die leistungsstarke Übertragungsanlage gesorgt, die der Butler in seinem Mietboot installiert hatte. Diese Anlage war der wichtigste Punkt seines Planes gewesen.

      Ball hatte bereits den leichten Anker geborgen. Anderson warf den Motor an. Das Boot nahm schnell Fahrt auf. Mike Rander kontrollierte seine Schußwaffe.

      Er war ungeheuer nervös. Die ganze Zeit über hatte er bereits gewußt, daß Parker sein Konto eigentlich überzog. Dieses Anbieten als Opfer, um den oder die Mörder herauszufordern und zu überführen, hatte nicht gutgehen können. Nun bekam Parker seine Quittung. Rander bezweifelte, ob sein Butler sich diesmal herauszureden vermochte, wie es bisher ja stets der Fall gewesen war.

      Rander nahm den Empfänger nahe ans Ohr, um die Übertragung besser mitverfolgen zu können.

      Er zuckte zusammen, als aus dem Lautsprecher der Knall eines Schusses kam. Rander brach der Schweiß aus. Dieser Schuß konnte nur seinem Butler gegolten haben!

      *

      Helen Manners starrte völlig entsetzt und entgeistert auf ihren nackten Unterarm.

      Sie ließ die noch rauchende Waffe fallen und rutschte förmlich in sich zusammen. Sie taumelte zurück und war einer Ohnmacht nahe. Der stricknadellange, wippende Pfeil in ihrem Unterarm entnervte sie vollkommen.

      Parker erhob sich aus seiner Koje und schüttelte die Stricke ab, die er längst durchschnitten hatte. Seine stets frisch gestärkten und schneeweißen Manschetten hatten es in sich, sie enthielten eine dünne Stahlblecheinlage, die wie Röhren wirkten. Durch diese Röhren waren Parkers Hände hinaus ins Freie gerutscht und hatten sich selbständig gemacht. Fielding hatte von diesem Trick natürlich nichts gewußt, als er den Butler gefesselt hatte. Er hatte Parker schon hoch eingeschätzt, doch er kannte die Trickkiste des Butlers nicht. Wie Helen Manners, die nun ebenfalls ausgespielt worden war.

      Sie machte erst gar nicht den Versuch, nach der entfallenen Waffe zu greifen. Sie starrte unentwegt auf den Pfeil und traute sich nicht, ihn aus der Wunde zu ziehen.

      Parker hatte diese an sich harmlose Waffe, die nur irritieren und Zeit verschaffen sollte, aus der Spitze seines linken Schuhs abgefeuert. Dies hatte Helen Manners noch nicht einmal mitbekommen. Nicht umsonst trug der Butler bei gewissen Einsätzen seine Schuhe mit Spezialfüllung- und einlagen. In der dicken Sohle jedes Schuhs befand sich eine dünne, biegsame Röhre, in der je ein Pfeil ruhte. Durch einen bestimmten Druck auf den Absatz konnten diese Pfeile auf die Reise geschickt werden. Wie gut diese Waffe war, hatte sich gerade wieder gezeigt.

      „Sie erlauben, Miss Manners!“ Parker entfernte den Pfeil und nutzte die Gelegenheit, Helen Handschellen anzulegen. Dann drückte er die immer noch fassungslos ,Schöne Helena‘ auf eine schmale Sitzbank.

      „Warum wollten Sie sich selbst entführen?“ fragte er, ihre Verwirrung ausnutzend, „warum engagierten Sie Caspan?“

      „Wegen Daddy, wegen Fielding“, erwiderte sie mit monoton klingender Stimme, „Daddy sperrte mir meinen monatlichen Wechsel, nachdem ich diesen Mann niedergefahren hatte. Ich brauchte Geld, viel Geld!“

      „Sie hängten sich also an die von Fielding inszenierte Erpressung, Miss Manners?“

      „Wenn Sie nicht dazwischen gekommen wären, hätte alles geklappt. Daddy wollte schon zahlen!“

      „Ging es Ihnen wirklich nur um die einhunderttausend Dollar? Engagierten Sie nicht Roy Caspan, um Fielding loszuwerden?“

      „Wir hätten ihn umgebracht“, sagte sie und gewann ihre Fassung zurück. Haß zeichnete sich in ihrem Gesicht ab, „er glaubte, mich in der Hand zu haben, aber ich wollte nicht mitspielen. Mich hat Fielding immer angeekelt.“

      „Wußten Sie denn, daß er hinter der ursprünglichen Entführungsabsicht gestanden ist?“

      Sie schüttelte den Kopf.

      „Sie wollten die angedrohte Entführung also nur benutzen, Fielding aus dem Weg zu räumen. Es sollte so aussehen, als sei er von den Kidnappern umgebracht worden?“

      „Ich habe ihn immer gehaßt. Er war widerlich, als er mich und Daddy in der Hand hatte!“

      „Warum haben Sie sich nicht an die Polizei gewandt, Miss Manners? Sie hätten doch wegen des getöteten Sportfischers nur die Wahrheit zu sagen brauchen!“

      „Und wäre dann ins Gefängnis gekommen! Oh nein! Das hätte ich niemals ertragen!“

      „Sie werden sich jetzt daran gewöhnen müssen“, sagte der Butler mit neutraler Stimme, „Sie haben Lovell umgebracht. Warum eigentlich?“

      „Ich war hinter Halters her“, sagte sie und senkte den Kopf, „Sie selbst haben ja in Daddys Haus seine Adresse genannt. Ich wußte seit dieser Zeit, daß er der Kidnapper war. Er sollte mir nicht in die Quere kommen. Und ich wollte schließlich auch nicht entführt werden. Schade, daß ich nur diesen Lovell erwischte!“

      „Er fand immer noch Zeit, mich auf eine Handtasche aufmerksam zu machen“, erklärte der Butler, „von diesem Zeitpunkt ab wußte ich genau, daß Sie die Mörderin waren. Der Hinweis auf eine Handtasche konnte nur ein Hinweis auf eine Frau sein!“

      „Hören Sie, Parker, ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen.“ Sie hatte sich wieder gefaßt leckte sich die Lippen wie eine lüsterne Katze und sah ihn tief und versengend an, „warum wollen Sie mich der Polizei ausliefern?“

      „Weil dem Genüge getan werden muß, was man das Gesetz nennt.“

      „Entführen Sie mich doch einfach“, schlug sie vor, „wir könnten uns die 100 000 Dollar doch teilen. Glauben Sie nicht, daß das Leben an meiner Seite wunderbar sein kann?“

      „Gewiß, Miss Manners“, antwortete der Butler mit feinem Lächeln, „so wunderbar wie das Zusammenleben mit einer Klapperschlange, wenn ich mir diesen Vergleich gestatten darf. Ich möchte sagen, daß Sie in einer Zuchthauszelle wesentlich besser untergebracht sein werden!“

      *

      „Sind Sie sicher, daß Sie mit diesem Vehikel zurück nach Chikago kommen?“

      Sheriff Anderson grinste spöttisch. Sein Assistent griente breit wie ein oft zitiertes Honigkuchenpferd. Die Morgensonne strahlte, und Rander und Parker verabschiedeten sich von Anderson.

      „Was meinen Sie, Parker, werden wir es schaffen?“ erkundigte Rander sich bei seinem Butler.

      „Ich möchte dies doch sehr hoffen, Sir!“

      „Dann Hals- und Beinbruch! Muß man bei diesem Schlitten wohl sagen. Und nochmals vielen Dank für die freundliche Unterstützung. Ohne Sie hätte uns die ,Schöne Helena‘ bestimmt Sand in die Augen gestreut.“

      „Wie hat Manners das alles aufgenommen? Sie kommen ja gerade von ihm?“

      „Jetzt macht er in Selbstvorwürfen, aber dazu ist es zu spät. Er hätte sich die Sache früher überlegen sollen. Ich werde Ihnen eine Kopie des Abschlußberichts zusenden.“

      „Alles Gute!“ sagte Rander und nickte den beiden Behördenvertretern zu.

      „Fahren Sie nicht zu schnell“, frotzelte Anderson in Richtung Parker, „aber darüber brauche ich mir ja wohl keine Sorgen zu machen.“

      Er und sein Assistent sprangen entsetzt zurück, als Parker den Motor seines hochbeinigen Monstrums anspringen ließ. Ratternd und knatternd, begleitet von vielen Fehlzündungen setzte der Wagen sich in Bewegung. Eine dunkelschwarze Auspuffwolke hüllte das Vehikel ein.

      „Wo, wo zum Teufel ist denn der Wagen geblieben?“ fragte Anderson verdutzt, als der Qualm sich etwas gelichtet hatte, „eben war er doch noch da!“