an und ging stocksteif aus dem Zimmer. Eilig hatte er es nie. Er hielt stets auf Würde und Gemessenheit.
Im Korridor der Dachgartenwohnung öffnete er einen versteckt angebrachten Wandkasten und schaltete ein darin eingebautes Fernsehgerät ein.
Auf der Bildscheibe waren zwei grau gekleidete Männer zu sehen, die vor der schweren und soliden Stahltür jenseits des Dachgartens standen.
Parker schaltete die Sprechanlage ein.
»Wen darf ich melden?« erkundigte er sich höflich.
Einer der beiden Männer auf der Bildscheibe, ein kleiner, drahtiger Mann mit harten Gesichtszügen und einem schmalen Bärtchen, sah den Butler auf dem Umweg über das Fernsehgerät gereizt an.
»Machen Sie schon auf, Parker«, sagte er dann grimmig. »Ich weiß doch, daß Sie uns beobachten.«
»Ich wünsche einen guten Abend, Sir«, sagte Parker, der Lieutenant Hunter natürlich sofort erkannt hatte. »Sie brauchen die Tür nur noch aufzudrücken.«
»Ist Ihr Chef zu Hause?« fragte Lieutenant Hunter. Dann verschwand er aus dem Bild, denn er hatte die schwere Stahltür bereits aufgedrückt und stieg nun die wenigen Treppenstufen hinauf zum eigentlichen Dachgarten.
Parker verzichtete darauf, sofort zu antworten. Erst als die beiden Männer vor ihm standen, erlaubte er sich zu bemerken, daß Mike Rander ohnehin die Absicht gehabt hatte, Lieutenant Hunter anzurufen.
»Demnach haben Sie also auch schon die Abendzeitungen gelesen, wie? Hunter reichte dem Butler seinen dunklen, weichen Hut. Dann wies er auf seinen Begleiter und sagte: »Das ist Special-Agent Randall vom FBI.«
»Hallo, Parker«, sagte Randall, ein mittelgroßer, kompakt aussehender Mann von vielleicht fünfundvierzig Jahren. Er mochte damit nicht älter sein als Lieutenant Hunter vom Morddezernat. »Freut mich, Sie zu sehen. Habe schon viel von Ihnen gehört.«
»Sie beschämen einen älteren Mann«, sagte Parker. »Wenn Sie erlauben, melde ich Sie jetzt an.«
»Nicht mehr nötig«, rief Mike Rander von der Tür des Wohnzimmers her. »Hallo, Hunter …! Wo brennt’s denn?«
»Brennen ist das richtige Wort«, erwiderte Lieutenant Hunter in seiner grimmigen, fast verkniffenen Art. »Der Teufel ist los, wenn Sie es genau wissen wollen.«
Die Männer begaben sich in den großen Salon und nahmen in den schweren, tiefen Sesseln Platz, die in der Nähe des Fensters standen. Während Mike Rander und Steven Randall sich miteinander bekannt machten, mixte der stets aufmerksame Butler bereits diverse Drinks.
»Wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Lieutenant Hunter. »Und wenn ich ›wir‹ sage, schließe ich das FBI mit ein.«
»Stimmt haargenau«, schaltete Steven Randall sich ein. Er sprach sachlich, gelassen und ruhig. »Sie müssen uns helfen, Mr. Rander …«
»Warum wenden Sie sich nicht an, meinen Butler?« erkundigte sich der junge Anwalt lächelnd. »Parker löst Probleme aller Art, Hauptsache, sie sind interessant genug für ihn!«
»Dann wird er auf seine Kosten kommen«, sagte Randall. »Wir haben es mit einem Novum in der Kriminalgeschichte zu tun, ob Sie es nun glauben oder nicht!«
*
»Sie wissen also mehr als das, was in den Zeitungen steht?« Mike Rander sah Randall interessiert an und nickte zerstreut, als Parker ihm ein gefülltes Trinkglas servierte.
»Worauf Sie sich verlassen können«, antwortete der Spezialagent. »Mr. Rander, Mr. Parker, was ich Ihnen zu sagen habe, muß streng vertraulich behandelt werden.«
»Geheimnisse waren und sind bei uns immer gut aufgehoben«, antwortete der Anwalt lächelnd. »Spannen Sie uns jetzt nicht länger auf die Folter, Randall. Was ist nun wirklich los?«
»Nun ja, ich will mich kurz fassen. Die Vorfälle hier in Chikago haben sich bereits in anderen amerikanischen Städten in ähnlicher Form abgespielt.«
»Und warum war davon nichts in den Zeitungen zu lesen? Die putschen doch sonst jede Kleinigkeit hoch?«
»Die verschiedenen Vorfälle sind bisher nie in einen einzigen, großen Zusammenhang gebracht worden. Die einzelnen Fälle an sich wurden stets von den Zeitungen gebracht.«
»Können Sie mit diesen Einzelheiten dienen?« fragte Mike Rander. Er sah kurz zu Butler Parker hoch, der stocksteif, würdevoll und unnahbar neben der Hausbar stand und zuhörte.
»Lassen Sie mich kurz nachsehen!« Spezialagent Randall holte ein schmales Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts und überflog die Eintragungen.
»Ich beginne mit New York«, sagte er dann. »Dort wurden bisher insgesamt vier Überfälle verübt. Den Gangstern gelang es, zusammen ca. 123 000 Dollar zu erbeuten. Sie verloren dabei vier Männer. Dann der nächste Fall in Milwaukee. Hier wurden bei zwei Überfällen 43 000 Dollar erbeutet. Zwei Gangster wurden dabei erschossen. In Washington wurde eine Bank leergeraubt. Die Beute betrug 110 000 Dollar. Drei Gangster wurden auf der Flucht erschossen. In Los Angeles wurden innerhalb von drei Tagen sechs Raubzüge durchgeführt. Gesamtbeute etwa 87 000 Dollar. Hier wurden vier Gangster erschossen. Undsoweiter, undsoweiter.«
»Die Häufung der erschossenen Gangster ist geradezu erschreckend, wenn ich mir diesen bescheidenen Hinweis erlauben darf«, sagte Josuah Parker in seiner höflichen, immer etwas umständlichen Ausdrucksweise. »Gangster pflegen ansonsten rationeller zu arbeiten, was ihre Mitglieder angeht!«
»Damit treffen Sie bereits den Nagel auf den Kopf«, sagte Randall und wandte sich zu Parker um. »Gangster gehen niemals ein unnötiges Risiko ein. In den genannten Fällen aber ergibt sich aus übereinstimmenden Zeugenaussagen, daß die Täter sich sorglos, ja fast heiter, bewegten.«
»Genau das haben doch auch Sie beobachtet, Parker, oder?« Rander sah seinen Butler fragend an.
»Sie wurden Augenzeuge eines Überfalls?« Lieutenant Hunter sah den Butler fast strafend an. »Warum erfahre ich erst jetzt davon?«
»Ich hatte den Eindruck, Sir, daß die Täter ohne jedes Angstgefühl ihre Straftaten ausführten«, schilderte der Butler seine Erlebnisse, ohne auf die Frage des Lieutenants einzugehen. »Sie verzichteten auf jede Vorsicht, sorgten aber dafür, daß die Tasche mit dem geraubten Geld in einem grauen Ford landete.«
»Haben Sie sich die Wagennummer gemerkt?« fuhr Lieutenant Hunter sofort dazwischen.
»Ich nahm davon Abstand, um mein Gedächtnis nicht unnötig zu belasten«, erwiderte der Butler höflich. »Ich tat dies, zumal ich als sicher unterstellen konnte, daß der graue Ford gestohlen war.«
»Sie hätten mich dennoch informieren müssen«, sagte Hunter bissig.
»Zurück zu unserem Problem«, blieb Spezialagent Randall gelassen. »Wir konnten selbstverständlich die Identität der erschossenen Täter feststellen. Dabei stießen wir durch die Bank auf interessante, zugleich aber auch rätselhafte Ergebnisse.«
»Die Sache wird immer spannender«, murmelte Mike Rander.
»Alle erschossenen Gangster waren bereits vorbestraft. Aber nicht einschlägig, wie ich gleich feststellen möchte. Es handelte sich um kleine Gauner, die über Diebstahl niemals hinausgekommen sind.«
»Warum sattelten diese Männer um und machten in Raub?« fragte Mike Rander laut. »Hat das FBI dafür bereits eine Erklärung gefunden?«
»Nein, Mr. Rander. Wir wissen nicht, was hier gespielt wird. Die Tatsache bleibt, daß kleine Gauner, über die man normalerweise kein Wort verlieren würde, plötzlich in bewaffneten Raub machten. Und zwar innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in verschiedenen Städten der Staaten.«
»Es könnte sich um eine neu gebildete Supergang handeln«, ließ Josuah Parker sich von der Hausbar aus vernehmen.
»Diese Antwort liegt sehr nahe«, pflichtete Randall dem Butler bei. »Sie hat aber einen Haken.«
»Und