Robert Fitzthum

Krise am Golf


Скачать книгу

dem Arabischen Frühling

      Während es bis 2011 trotz großer Krisen und Meinungsverschiedenheiten die sechs Golfmonarchien immer schafften, sich auf einen, wenn auch schwachen gemeinsamen Nenner in Sicherheitsfragen zu einigen, so setzte der Arabische Frühling der Illusion ein Ende, dass der GCC außen- und sicherheitspolitisch konsensfähig wäre. Als in Tunesien Ende 2010 die ersten Massenproteste mehr politische Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit einforderten, wurde die Konfrontation zwischen Öffentlichkeit und autoritärem Machtapparat in den Golfstaaten komplett unterschiedlich bewertet. Die unterschiedlichen Positionen zweier Männer und zweier Staaten am Golf sollten sowohl den Golf als auch die gesamte Region spalten: Hamad bin Khalifa al Thani, mittlerweile Katars Emir, und Mohammad bin Zayed Al Nahyan, der Kronprinz von Abu Dhabi. Beide interpretierten den soziopolitischen Zeitenwandel, der über die Region hineinbrach, auf Basis von Narrativen, die nicht miteinander vereinbar waren.

      Aber al Thani ging noch weiter. Wie auch die anderen Nachbarstaaten beherbergte Katar eine Vielzahl von Oppositionellen und Dissidenten, die in Doha eine neue Heimat gefunden hatten und von denen viele aus dem islamistischen Spektrum kamen. Ganz besonders Anhänger der Muslimbrüderschaft, die im Rest der Region als Oppositionsgruppe geächtet war, hatten von Doha aus ihre Verbindungen nach Hause aufrechterhalten. Für den Emir bot die Muslimbruderschaft ein mächtiges Netzwerk, das als einzige Organisation über eine Infrastruktur im Untergrund in Tunesien, Ägypten oder Syrien verfügte, die man nun aktivieren konnte, sollten die Diktaturen fallen. Während Katar in Tunesien und Ägypten nach dem Fall der Regime sich für einen politischen Pluralismus stark machte, bekamen islamistische Parteien finanzielle Unterstützung. In Libyen und Syrien engagierte sich Katar militärisch – in Libyen im Rahmen der NATO-Operation und in Syrien in Absprache mit den USA.