Robert Fitzthum

Krise am Golf


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Rüstungskontrollabkommen der Geschichte. Im Gegensatz zu den üblichen Medienberichten hat dieses Abkommen kein Ablaufdatum, denn der Iran verpflichtet sich darin, niemals Nuklearwaffen zu erwerben. Zudem ist dieses Abkommen völkerrechtlich verpflichtend, da es auf einer Resolution des UN-Sicherheitsrates (2231 von 2015) beruht. Die umfassenden Inspektionsvorkehrungen sind ebenfalls permanent. Einige technische Beschränkungen laufen nach zehn bis dreißig Jahren ab, wie das bei jedem Rüstungskontrollabkommen der Fall ist. Der Iran hielt sich peinlich genau an das Abkommen, was auch 15 Mal von der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien bestätigt wurde. Die anderen Unterzeichnerstaaten ebenso. Das änderte sich nach dem Rückzug der USA aus dem Abkommen im Mai 2018. Dieser war völkerrechtwidrig, weil das Abkommen auf der Resolution des UN-Sicherheitsrates beruhte. Wäre das JCPOA erfolgreich umgesetzt worden, wäre für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und für Donald Trump eine Begründung weggefallen, den Iran als existenzielle Bedrohung für Israel darzustellen.

       Kriegsbedingungen

      Der Iran kann diese Bedingungen nicht akzeptieren. Kein Land der Welt würde alle seine Militäranlagen für ausländische Untersuchungen öffnen. Eine derartige Vorkehrung ist auch in keinem Rüstungskontrollabkommen vorhanden. Diese Forderung ist ein ferner Spiegel des Ultimatums, das die österreichische Monarchie an Serbien nach der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand am Vorabend des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 stellte. Es verlangte die Öffnung des gesamten serbischen Territoriums für die Suche nach den Attentätern, die einzige Bedingung, die Serbien nicht akzeptierte.

      Zudem sieht der Iran die von den USA als feindlich eingestufte libanesische Hisbollah und andere Milizen als zweite Linie der Verteidigung, nachdem sein konventionelles Militär relativ schwach ist. Was Irans Raketenprogramm betrifft, argumentiert Teheran, dass es schon einmal, nach dem Angriff des Irak in den 1980er Jahren, ohne ausreichende Verteidigung geblieben war. Außerdem hätten die Raketen Saudi-Arabiens eine größere Reichweite als die des Iran. Irans Verteidigungsausgaben belaufen sich auf zehn Milliarden US-Dollar im Jahr, die Saudi-Arabiens auf 80 Milliarden US-Dollar. Ebenso wäre die Terrororganisation Islamische Staat (IS), die schon einige Anschläge im Iran verübt hatte, wahrscheinlich ohne diese Verteidigungslinie bereits auf iranisches Territorium vorgedrungen. Trump und Netanjahu kritisierten das JCPOA, weil es »politisches Verhalten« des Iran nicht berücksichtigt, wie es Pompeo und Bolton formuliert haben. Es gibt aber kein Rüstungskontrollabkommen, das ein solches miteinbezieht; »Verhalten« ist eine Frage der Interpretation. Würde »Verhalten« einbezogen, hätte es kein Rüstungskontrollabkommen zwischen der Sowjetunion und den USA während des Ost-West-Konfliktes gegeben.

      Obwohl US-Präsident Donald Trump und Außenminister Mike Pompeo gelegentlich Verhandlungen ohne Vorbedingungen angeboten haben, ist es wahrscheinlich, dass die Bedingungen, die Trump schon im Mai 2018 gestellt hatte, bei Verhandlungen wieder gestellt würden. Diese Bedingungen zeigen, dass es längst nicht mehr um Irans Nuklearprogramm geht, sondern um den Einfluss des Iran in der Region und die dadurch verursachte Einschränkung des US-Einflusses.

      Pompeos Bedingungen haben drei Ziele: das Nuklearprogramm des Iran zu eliminieren, Irans Einfluss in der Region einzudämmen und das Regime zu stürzen. Für letzteres spricht auch, dass die USA im August 2019 den iranischen Außenminister Javad Zarif mit Sanktionen mit der Begründung belegt haben, dass er im Sinne des obersten Führers des Iran handle und das Gesicht dieses Regimes darstelle. Da im iranischen politischen System der oberste Führer immer die letzte Instanz ist, bedeutet diese Begründung, dass die USA eben dieses politische System in Frage stellen. Sicherheitsberater John Bolton hatte es mehrmals als »illegitim« bezeichnet. Alle drei Ziele können letztlich nur durch Krieg erreicht werden.

      Die Forderung der USA, eine Militärmission zum »Schutz« der Seewege im Persischen Golf aufzustellen, an der sich auch die Europäer beteiligen sollen, ist gefährlicher als ein Embargo oder die Blockade des Iran. Derartige Maßnahmen haben in der Geschichte immer wieder das Kriegsrisiko erhöht, wie etwa in der Berlin- und der Kubakrise von 1948 bzw. 1963.

       Kriegsrisiko

      Die Regierung Trump verhängte eine Reihe von Sanktionen über den Iran, obwohl dieser das Abkommen im Gegensatz zu den USA nicht verletzte. Schrittweise verschärften die USA unter Trump ihre Haltung gegenüber dem Land. Die Ermordung von General Qassim Soleimani durch US-Drohnen am 3. Januar 2020 kam einer Kriegserklärung gleich. Ähnlich hatte sich die Politik von Präsident George W. Bush auf den Irak konzentriert, was sich als dramatischer Fehler herausgestellt hat. Das Nuklearabkommen und das Nuklearprogramm des Iran erscheinen ebenso als Vorwand wie die behauptete Existenz von Massenvernichtungswaffen vor der US-Intervention der USA im Irak 2003. Mit seiner Dämonisierung Teherans hat Trump das Fundament gelegt, auf dem ein neuer Krieg entstehen kann.