Annabeth Albert

Frozen Hearts: Arctic Wild


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      ***

      Toby hätte fast Ja gesagt, wäre fast mit Reuben in den Whirlpool gestiegen, und war selbst am Morgen danach noch nicht sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Er hatte es zwischen ihnen nicht noch komplizierter machen wollen und so gut es sich auch anfühlte, mit Reuben zu flirten, zögerte er doch, diese Grenze zu übertreten. Reuben war ein Anwalt, jemand mit einem klar definierten Verhaltenskodex, und Toby wollte ihn… nun ja, beeindrucken hörte sich verzweifelt an, was nicht der Fall war, aber Reubens Meinung von ihm war ihm wohl nicht komplett egal und er wollte nicht, dass Reuben den Eindruck bekam, dass er ständig etwas mit Kunden anfing.

      Aber jetzt, als er draußen im Fluss stand und Reuben dabei beobachtete, wie er schon in seiner zweiten Unterrichtsstunde wie ein routinierter Profi angelte, bereute er diese Entscheidung. Reuben, der gerade entdeckt hatte, dass er etwas gut konnte, war so attraktiv, dass er durchaus süchtig werden könnte. Reubens scheinbar natürliche Selbstsicherheit und Führungsqualität war von all der Unsicherheit der unbekannten Umgebung gedämpft worden, was Toby mehr als ein wenig niedlich gefunden hatte. Aber jetzt, da er sich etwas gefangen hatte, hatte sich Reuben von niedlich in umwerfend verwandelt.

      »Ich glaube, ich verstehe, warum Leute das so gerne machen.« Reuben schenkte ihm ein Grinsen, in dem nicht eine Spur von Unmut wegen gestern Abend lag. Wenn er enttäuscht gewesen war, hatte er es gut verborgen und war sowohl beim Abendessen als auch heute Morgen gut gelaunt und freundlich gewesen. Tatsächlich hatten sie gestern nach dem Essen noch lange geredet. Reuben hatte weitere Fragen über Bären und andere Wildtiere gestellt und ihm weitere Geschichten entlockt. Es hatte etwas so Leichtes an sich, mit Reuben Zeit zu verbringen, etwas, das Toby dazu bewegte, mehr mit ihm zu teilen, weit über den Punkt hinaus, an dem er normalerweise die Bremsen zog und das Gespräch zwar unterhaltsam, aber unpersönlich und distanziert gestaltete.

      »Willst du, dass ich den Abflug verschiebe? Wir müssen hier nicht dieselben straffen Zeitpläne einhalten wie kommerzielle Fluggesellschaften, daher kann ich dem Mittagsstopp einfach Bescheid sagen, dass wir uns Zeit lassen. Wir werden mehr als genug Tageslicht haben, also können wir unser Tempo selbst bestimmen. Und es ist dein Geburtstag – du solltest wirklich tun, was du willst.« Toby hatte die Hütte in Fishhook bereits kontaktiert, um zu bestätigen, dass es eine Torte geben würde. Mr. Ich-feiere-nicht würde sich damit abfinden müssen. Toby wollte Torte und Geburtstage sollten gefeiert werden. Er würde sichergehen, dass Reuben einen guten Tag haben würde, auch wenn er ihn sanft dazu zwingen musste. »Es ist etwas Wind vorhergesagt, aber so oder so rechne ich damit, dass das Wetter halten wird.«

      »Hmm«, machte Reuben nachdenklich und das Blut schoss Toby in den Schritt. Fuck. Gestern Abend war er vielleicht standhaft geblieben, aber jetzt war er nicht sicher, ob er für Reubens restlichen Aufenthalt auf seine Willenskraft zählen konnte. »Vielleicht noch ein paar Fänge? Ich habe nichts gegen ein späteres Mittagessen.«

      »Wir machen noch einen richtigen Angler aus dir.« Toby klopfte ihm auf die Schulter, nachdem er eine neue Fliege an der Schnur befestigt hatte. »Pass bloß auf, bevor du dich's versiehst, bist du nächstes Jahr wieder hier, brutzelst dir deinen Fang über dem Feuer und fragst mich nach all den guten Stellen aus…«

      »Träum weiter.« Reuben schüttelte den Kopf, als wäre Toby zu viel für ihn, was er vermutlich auch war, wenn er den Kerl weiter so neckte. Als ob er jemals einen weiteren Trip hierher machen würde. Diesem Kerl stand einmal und nie wieder dick auf die Stirn geschrieben und er würde nächste Woche um dieselbe Zeit zweifellos wieder bei seiner Arbeit sitzen, bestimmt in einem Eckbüro. Aber auch beim Frühstück hatte er sich besser verhalten – hatte mit den anderen Gästen geplaudert, anstatt auf sein Handy zu starren, also hatte Toby ihm vielleicht eine dringend benötigte Pause verschafft, wenn schon nichts anderes. Und deshalb blieb Toby mit ihm lange genug am Fluss, um flussabwärts einige Bären beim Fischen zu beobachten und noch ein paar erfolgreiche Fänge einzuholen.

      Der Wind war stärker geworden, aber alle Wettervorhersagen meinten, es würde erst später am Tag regnen, und Toby war schon bei stärkerem Wind geflogen.

      »Wird vielleicht etwas holprig«, warnte er Reuben, während er ein letztes Mal vor dem Abflug alles überprüfte. »Wir überfliegen Lake Clark und dann die Nancy Lakes-Gegend und den Hatcher Pass, bevor wir bei einer Hütte in der Nähe von Fishhook landen. Wenn das Wetter hält, erkunden wir nach dem späten Mittagessen die Gegend um den Matanuska und den Knik River aus der Luft.«

      »Und wenn es nicht hält?« Reuben runzelte die Stirn. Toby hatte bereits gemerkt, dass er nicht gerne wartete, und die Aussicht auf Brettspiele in der Haupthütte würde Mr. Geschäftsmäßig nicht gerade begeistern.

      »In der Hütte gibt es ziemlich sicher Handyempfang und WLAN mit einem Passwort für die Unterkünfte. Diese Hütten sind neuer und ziemlich luxuriös – alle unsere Kunden lieben sie.«

      »Oh, gut. Wenn es regnet, sehe ich einfach nach, was sich im Büro tut.«

      »Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt.« Toby schenkte ihm einen Blick, der hoffentlich streng und nicht zu flirtend wirkte. »Das Büro übersteht bestimmt noch einen weiteren Tag ohne dich.«

      Reuben murmelte etwas in sich hinein, das Toby nicht ganz verstand, dann deutete er auf die Luke. »Können wir los?«

      »Jepp.« Toby schloss die Türen des Flugzeugs und führte dann seine letzten Sicherheitschecks vor dem Start durch. Er hielt seine übliche Rede über die Seen, die sie passierten, aber der Wind forderte mehr von seiner Konzentration als sonst, daher wurde er immer wortkarger, während sich der Himmel verdüsterte.

      »Wird es regnen?« Eine seltene Frage von Reuben erklang über das Headset.

      »Ich denke schon. Allerdings sind wir jetzt nicht allzu weit von Fishhook entfernt, also mach dir keine Sorgen, auch wenn du Tropfen siehst. Ich bin schon einige Male im Regen geflogen.« Er hasste es zwar, aber wenn man kleine Maschinen flog, war das Wetter schlicht eine Tatsache. Er versuchte, nicht unter Bedingungen zu landen, bei denen die Sichtflugregeln nur mühsam oder gar nicht mehr eingehalten werden konnten. Während das Wetter umschlug, konzentrierte er sich mit allen Sinnen ganz auf die schnell wechselnden Bedingungen. Die Sicht war seine Hauptsorge, aber der Wind war auch nicht zu unterschätzen. Die Notwendigkeit, zur Hütte zu gelangen, musste gegen eine ungeplante Landung abgewogen werden, um das Ende des Sturms auf dem Boden abzuwarten.

      Die firmeninternen Regeln besagten, dass sie nicht flogen, wenn der Wind mit über fünfundfünfzig Stundenkilometern wehte, und das Wetter war zwar anständig gewesen, als sie abgehoben hatten, aber jetzt schubste der Wind sie hin und her und die Turbulenzen waren so schlimm, wie er sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Der Sturm kam immer näher und er musste weitermachen, obwohl seine Sicht stark eingeschränkt war. Um sie herum zuckten erste Blitze über den Himmel.

      Zeit für Plan B. Seine Bordelektronik umfasste Warnsysteme, die seine Lageerfassung unterstützten, aber für Intuition gab es keinen Ersatz und selbst ohne Hilfe der Elektronik traf er die Entscheidung, in der Nähe einen Landeplatz zu suchen. Er war über die Jahre hinweg in allen möglichen Wetterbedingungen geflogen, aber mit Blitzen legte man sich besser nicht an.

      Flüsse und Seen gab es in dieser Region genug – außer jetzt, wenn er verzweifelt einen brauchte. Ja, an diesem Punkt würde er sogar Watt nehmen, aber der Boden unter ihnen war felsig und uneben. Außerdem waren sie so weit draußen, dass Umdrehen ebenfalls keine Option war. Nebenbei musste er auf seinen Motor achten, der zwar einwandfrei gewartet, aber nicht unfehlbar war, vor allem in schnell wechselnden Wetterbedingungen.

      Die Geräusche, die die Maschine von sich gab, gefielen ihm gar nicht. Er überprüfte jedes einzelne Instrument auf seinem Pult und begann, noch einmal seine Vorflugcheckliste durchzugehen. Er war so konzentriert gewesen wie immer. Hatte er etwas übersehen? Gerade als er wieder hinsah, spielte alles verrückt – keines der Instrumente hielt still, nicht einmal der Druck oder Sprit. Verursachten die Blitze eine Funktionsstörung? Fuck.

      »Ich bereite uns auf eine Landung vor, damit wir abwarten können, bis das Schlimmste vorbei ist«, sagte er über das Headset zu Reuben. »Die Landung wird wahrscheinlich schnell