Annabeth Albert

Frozen Hearts: Arctic Wild


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auf seinen Kaffee und darauf, Arbeit zu erledigen, bevor der Tag zu verrückt wurde. Allerdings musste er zugeben, dass er sich besser fühlte – etwas an der Kombination aus Essen und frischer Luft hatte ihm nach dem stressigen Flug neues Leben eingehaucht. Außerdem hatte es ihn geerdet, kurz mit dem Büro zu sprechen, sodass er sich an diesem seltsamen Ort weniger entwurzelt fühlte und vom nächsten Punkt auf ihrem Programm abgelenkt war.

      Aber jetzt, da er wieder im Flugzeug saß, überwältigte ihn die Nervosität erneut. Er wendete eine Beruhigungsstrategie an, die er seit der Highschool nicht mehr gebraucht hatte, da er in jeder normalen Situation auch so mehr als genug Selbstsicherheit aufbringen konnte. Seltsam war auch, dass er zwar in letzter Zeit nicht oft an seine Mutter gedacht hatte, sich aber heute an ihren Rat erinnerte, dass eine positive Einstellung einen Unterschied machte.

      »So, fertig«, sagte Toby über das Headset. »Diese nächste Teilstrecke führt uns über den südöstlichen Teil der Halbinsel direkt ins Herz des Kenai-Fjords-Nationalparks. Ich kreise ein paarmal darüber, damit du einige hoffentlich beeindruckende Luftansichten bekommst, vor allem von der Gegend um die Harris Bay, dann fliegen wir zur Spitze der Halbinsel und wieder zurück, um zu Mittag zu essen und das Gebiet um Halibut Cove zu erkunden.«

      »Klingt gut.« Seit Toby angeboten hatte, ihn nach Anchorage zurückzubringen oder die Reise über Land fortzusetzen, versuchte Reuben, geselliger zu sein. Er war dankbar für das Angebot, brauchte jedoch keine Sonderbehandlung. Inzwischen war es eine Sache des Stolzes für ihn, diese Reise mit intakter Würde zu überstehen, und er weigerte sich, nach nur einem kurzen Flug schon klein beizugeben. Er würde die Reise überstehen und seine Freunde und Natalie und sogar seinen Begleiter eines Besseren belehren.

      Diesmal war er auf das holprige Gefühl vorbereitet, als Toby über den See steuerte und an Geschwindigkeit gewann, bis sie in der Luft waren. Anders als die geschmeidigen kommerziellen Flüge ähnelte die Erfahrung in einem kleinen Flugzeug eher einer Achterbahn. Sein Frühstück blieb Gott sei Dank, wo es war, und er zwang sich, die Augen offen zu halten, allerdings eher aus dem Drang heraus, sich nicht in ein nervöses Wrack zu verwandeln, als aus dem Wunsch nach Sightseeing. Aber zu seiner Überraschung war die Aussicht mehr als genug, um ihn von unangenehmen Gedanken abzulenken. Unter ihnen wich die Seenregion hoch aufragenden Bergen und kurvenreichen Flüssen.

      Über das Headset wies Toby ihn auf die Stadt Seward und andere interessante Landschaftsmerkmale hin, aber es war der Kontrast zwischen den Bergen und dem Wasser, der Reuben richtig fesselte. Er war schon einmal über die Rockies geflogen, aber das war in einer Höhe von sechstausend Metern oder so gewesen, und sein einziger direkter Kontakt mit Bergen waren die Catskills gewesen, aber die waren verglichen mit diesem zerklüfteten Terrain eher grüne Hügel.

      »Geht's dir besser?«, fragte Toby freundlich und Reuben verspürte unwillkürlich Dankbarkeit, weil es ihm wirklich wichtig zu sein schien, ob Reuben sich elend fühlte oder nicht.

      »Ja. Danke.« Und er konnte zugeben, dass er im Restaurant unter anderem auch auf sein Handy gesehen hatte, um nicht den gut aussehenden Reiseführer anzustarren – einen Trick, den er schon früher angewendet hatte, um nicht mehr von sich zu verraten, als er wollte. Denn Toby war so attraktiv mit seinen tiefgründigen, dunklen Augen, den gemeißelten Gesichtszügen und dem schlanken Körper und je mehr Zeit er mit ihm verbrachte, desto mehr fiel Reuben seinem Charme zum Opfer, ohne es zu wollen. Er musste sich daran erinnern, dass Erregung ebenso wenig willkommen war wie Luftkrankheit.

      »Wir wenden uns jetzt Harris Bay zu. Du solltest gute Sicht auf das Gletscherfeld haben.«

      Feld stellte sich als eine irreführende Bezeichnung heraus, da es sich eher um wogende Flüsse aus Schnee und Gletscher handelte. Die gesamte Region erinnerte Reuben an eine riesige Schüssel, einzig die Wände bestanden aus Granit, mit hängenden Gletschern gesäumt und unglaublich hoch. Es war wie etwas aus einem Film und zum ersten Mal verstand er, warum Craig unbedingt hatte hierherkommen wollen. Die Landschaft war anders als alles, was er je zuvor gesehen hatte, und er hatte sich selten so klein und unbedeutend gefühlt wie jetzt, als er mit dieser unermesslich weiten Landschaft konfrontiert war. Er war es eher gewohnt, sich wie das Zahnrad mitten in einer Maschine zu fühlen, um das sich alles andere drehte. Diese Empfindungen, geschrumpft und verglichen mit Äonen des Eises nur ein winziger Augenblick in der Zeit zu sein, waren mehr als ein wenig beunruhigend, aber gleichzeitig auch fesselnd.

      Er lauschte zwar Tobys Anmerkungen, war aber doch erstaunt, als er merkte, dass sie über einer kleinen Bucht kreisten, in der bereits andere Flugzeuge angedockt waren. Nach einer weiteren kurzen Wanderung, diesmal zu einem Aussichtspunkt über die weitläufige Bucht, gab es zum Mittagessen eine Auswahl an verschiedenen Meeresfrüchten und sie plauderten locker über das, was sie gesehen hatten und was als Nächstes anstand.

      »Willst du versuchen, Bären oder andere Wildtiere zu beobachten, wenn wir in Katmai landen? Ich kenne einen guten, sicheren Weg, der ziemlich gemütlich ist, aber hervorragende Chancen auf Tiersichtungen bietet«, meinte Toby ermutigend, ohne ihn jedoch zu drängen. »Die andere Option ist, dass du dich früh in der Hütte einquartierst, aber da es so lange hell bleibt, ziehen die meisten Leute die Wanderung und dann ein spätes Abendessen vor.«

      »Die Wanderung klingt gut. Und du musst dich nicht wegen mir zurückhalten – nimm einen Weg, den du magst.« Er zwang sich zu einem optimistischen Tonfall, denn er wollte Toby nicht in dem Glauben lassen, dass er einfache Optionen brauchte wie ein Achtjähriger. Derselbe Teil von ihm, der es seinen Zweiflern zeigen wollte, wollte Toby beeindrucken, aber bei diesem Verlangen spielte auch Angeberei vor dem attraktiven Kerl eine Rolle und das hatte Reuben seit Jahren nicht mehr erlebt.

      »Hey, es ist dein Urlaub.« Toby schenkte ihm ein träges Lächeln, bei dem sich Reuben innerlich Jahrzehnte jünger fühlte. »Aber klar, ich zeige dir einige meiner liebsten Aussichtspunkte. Es ist kein kurzer Flug, also haben wir mehr als genug Zeit, um die Gegend zu erkunden.«

      Reuben gefiel das, vor allem, da die nächste Teilstrecke zum größten Teil über Wasser führte und weniger Landschaft zur Ablenkung bot. Allerdings kommentierte Toby alles freundlich, wenn auch knisternd, lenkte seine Aufmerksamkeit auf kleine Flecken im Wasser, die sich als Wale herausstellten, und erzählte von der Geschichte des Katmai-Nationalparks und des Reservats mit seinen Lavafeldern, der einzigartigen Landschaft und den Seen und Flüssen der Region. Als sie auf dem See landeten, hatte er Reuben fast von der Idee überzeugt, dass Fliegenfischen am nächsten Morgen nicht die schlechteste Beschäftigung wäre. Offenbar konnte man in der Hütte die Ausrüstung dafür ausleihen und Tobys Enthusiasmus war ansteckend.

      »Jetzt wünschte ich wirklich, Craig und Leticia wären mitgekommen«, scherzte Reuben, als sie hielten und bevor Toby die Gelegenheit hatte, herauszuspringen. »Leticia mit einer Angel wäre ein interessanter Anblick.«

      »Darauf wette ich.« Toby wartete, bis er die Klappen geöffnet hatte, bevor er wieder sprach. »Warte nur bis zum Abendessen – damit wirst du auch angeben wollen. Dieser Stopp gehört zu denen mit dem besten Essen der ganzen Reise, deshalb haben wir auch zwei Nächte hier. Ich lasse sie wissen, dass du Weintrinker bist, damit die Köchin ein paar gute Sorten vorbereitet, die zum Essen passen.«

      »Na, das klingt wundervoll. Aber zuerst wandern wir?« Reuben war zwar nicht gerade eifrig, aber er musste zugeben, dass er immer tiefer in den Rhythmus der Reise sank und sich weniger unbehaglich fühlte als am Anfang.

      »Ja. Sie bringen unser Gepäck mit dem Quad zu den Hütten hinauf und unsere Wanderung führt uns rechtzeitig zum Abendessen zur Haupthütte zurück. Es sollten nicht allzu viele Gäste dort sein, da es eine ziemlich exklusive Unterkunft ist.« Toby stellte ihre Taschen auf den Steg, als gerade eine junge Frau in einem der kompakten motorradähnlichen Fahrzeuge mit dicken Reifen heranfuhr, an das ein kleiner Anhänger gekoppelt war.

      »Hey, Toby.« Sie schenkte ihm und auch Reuben ein breites Lächeln. »Wir haben deinen Kunden in Hütte Vier untergebracht, neben der Sauna, und du hast dieselbe wie immer. Kommt nicht zu spät zum Abendessen!«

      »Werden wir nicht.« Toby schenkte ihr ein Grinsen, bei dem ihre Wangen rosa anliefen, bevor er sich zu Reuben wandte. »Deine Hütte hat Strom und Heizung und diese Sauna ist es auf jeden Fall wert, sie