Annabeth Albert

Frozen Hearts: Arctic Wild


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prahlte er, aber er war verdammt gut in dem, was er tat, und war stolz auf die Erfahrungen, die er ihnen bieten konnte.

      »Das ist schön. Eine persönliche Note.« Reuben nickte, als sie sich wieder zur Hütte wandten. »Das war eine gute Idee. Ich fühle mich, als könnte ich tatsächlich etwas essen, also danke.«

      »Kein Problem.« Es gefiel Toby nicht, wie sehr ihn das unerwartete Lob wärmte. Stolz war eins, aber das Letzte, was er gebrauchen konnte, war ein Gefühl der Anziehung für Mr. Heiß-älter-und-unerreichbar zu entwickeln, der ohnehin schon mürrisch war und sein Interesse vermutlich nicht gerade schätzen würde. »Und wir können nach dem Essen wieder spazieren gehen – wir müssen nicht sofort zum Flugzeug zurück.«

      Wenn er eine zweite Chance bekommen hätte, hätte er Reubens Unbehagen vielleicht schon in Anchorage bemerkt und angeboten, ihn direkt zur Hütte in Katmai zu bringen. Da sie allerdings schon so weit gekommen waren, erschien es ihm die beste Option, sich an den Tagesplan zu halten, aber er wollte ihn trotzdem möglichst angenehm für Reuben gestalten.

      »Machst du dir Sorgen, dass ich dir ins Flugzeug kotzen könnte?« Reubens Lachen war tief und volltönend und viel zu angenehm. Missmut war weit leichter zu ertragen als dieser lästige Drang zu flirten.

      »Ach nein.« Toby musste ebenfalls lachen, während er sie ins Restaurant der Hütte führte. »Okay, vielleicht ein bisschen. Aber du wärst nicht der Erste, das kann ich dir versprechen.«

      Die Kellnerin kannte ihn durch all die Touristen, die er in die Hütte brachte, und gab ihnen einen Tisch neben dem großen Fenster, das den See überblickte. Nicht, dass Reuben erpicht darauf schien, die Aussicht zu genießen – er holte schon wieder sein Handy heraus und seine ständige Beschäftigung mit seiner Arbeit war ein gutes Mittel gegen jegliche Flirtimpulse. Toby nahm sein übliches Omelett, während Reuben lange genug den Blick hob, um die Brötchen zu bestellen.

      »Ich schätze, ich sollte probieren, ob sie wirklich so gut sind, wie du sagst. Ich esse nicht oft Fleischwurst – ein Überbleibsel aus der Kindheit, als meine Großmutter mir immer ein riesiges schlechtes Gewissen eingeredet hat, wenn ich Schinken nur angesehen habe.«

      »Ah. Du bist jüdisch?«, riet Toby. Er hatte schon andere jüdische Touristen gehabt und letztes Jahr sogar eine Familie, die koscher gegessen hatte.

      »Ja. Meine Großeltern waren strenger als meine Eltern, die abgesehen von großen Feiertagen ziemlich nachsichtig in allem waren, aber meine Großmutter hat uns allen wegen unserer Ernährungsgewohnheiten in den Ohren gelegen und es ist seltsam, dass ich auch vierzig Jahre später noch ihre Stimme höre, wenn ich mir solches Essen gönne.« Reuben sah auf sein Handy hinab, während er seine Geschichte beendete. »Oh, sieh mal einer an, wir haben ja doch Empfang.«

      Toby wollte mehr über Reubens Kindheit in New York hören, einer Stadt, die er nie besucht, die ihn aber immer fasziniert hatte. Allerdings konnte er sehen, dass Reuben sich wirklich gerne mit seinem Handy beschäftigen wollte, da sein Blick immer wieder dorthin wanderte. »Schon gut. Nutz den Empfang aus. Ich sollte wahrscheinlich auch meine Nachrichten checken.«

      Mehr oder weniger, um sozial zu sein, fischte er sein Handy heraus und scrollte durch ein paar Updates über bevorstehende Touren von Annie. Und da es keine Nachricht von seiner Schwester gab, schrieb er schnell eine an sie. Diese Monate waren immer seine stressigste Zeit und diesen Sommer brauchte er Nells Verlässlichkeit mehr denn je.

      Hat Dad seine morgendlichen Medikamente genommen? Ich bin wahrscheinlich bis morgen Abend ohne Empfang, aber ich schaue nach Neuigkeiten, wenn ich kann. Wenn es irgendetwas Dringendes gibt, ruf Annie an.

      Die Antwort kam gerade, als ihr Essen gebracht wurde, und Nell hatte die Nachricht mit einer Flut an Emojis versehen. Zuerst begrüßte ihn eine Reihe augenrollender Smileys. Uns geht es *gut*. Und es wird dich freuen zu hören, dass ich etwas über einen möglichen Sommerjob gehört habe. Bekomme vielleicht sogar ein Bewerbungsgespräch, bevor du zurück bist. Bis später!!! Glücklichere tanzende Emojis beendeten die Nachricht.

      Er schrieb schnell zurück, bevor er aß. Freu mich für dich! Sag Bescheid, wenn du irgendwas brauchst. Er unterdrückte den Drang, sie daran zu erinnern, dass Dad an erster Stelle kam und sie ihn während ihrer Jobsuche nicht zu lange allein lassen sollte. Sie wusste sehr gut, dass ihr Vater dazu neigte, sich zu übernehmen, wenn er zu lange allein blieb, und beide würden nur gereizt auf Tobys Erinnerungen reagieren. Trotzdem konnte er ein Seufzen nicht unterdrücken, als er das Handy wegsteckte und sich seinem Omelett widmete.

      »Alles in Ordnung? Bekommen wir schlechtes Wetter?« Reuben erübrigte endlich einen Blick aus dem Fenster, wo immer noch der blaue Himmel lockte.

      »Nein, nein. Nichts dergleichen. Nur ein Familiending.« Er sprach mit Kunden nie über sein Privatleben, wenn er es vermeiden konnte – das hier war Arbeit, aber es war auch seine Flucht, die Zeit, in der er Toby, der lebenslustige Touristenführer, sein konnte, nicht Toby, der große Bruder und Sohn.

      »Du hast erwähnt, dass du aus dieser Gegend kommst? Deine Familie auch?« Reuben hatte den erwartungsvollen Blick, den alle Touristen bekamen, wenn sie nach seiner Abstammung fragen, aber dabei nicht unhöflich sein wollten.

      »Ich bin nahe Ninilchik aufgewachsen, einem Dorf hier auf der Halbinsel, südlich von Kenai und nördlich von Homer. Meine Familie ist gemischter Herkunft, aber der größte Teil ist athapaskisch aus Ninilchik und Kenai. Außerdem ist ein wenig russisch, niederländisch und deutsch dabei.« Er erzählte immer dieselbe verkürzte Version – es lag nicht an ihm, Touristen über die verschiedenen Stämme und Kulturen innerhalb Alaskas aufzuklären, und er würde bestimmt keinen Familienstammbaum herausholen, aber er hatte vor langer Zeit gelernt, dass Touristen zwangsläufig neugierig waren und möglicherweise sehr falsche Vorstellungen von indigenen Völkern hatten.

      »Ich verstehe. Interessant. Meine Familie hat eine lange Vergangenheit in derselben Arbeiternachbarschaft in Brooklyn, stammt aber ursprünglich aus Polen. Und zur großen Unzufriedenheit meiner Großmutter habe ich nie viel Hebräisch oder Jiddisch aufgeschnappt. Bist du zweisprachig?« Reuben stellte seine Frage, während er seine Brötchen genauso präzise aufschnitt, wie er es am Abend zuvor mit dem Steak gemacht hatte, und sein Ton war beiläufig statt bohrend, wofür Toby dankbar war.

      »Nicht wirklich, aber ich spreche sehr wohl etwas Dena'ina und habe auch etwas Yup'ik von Freunden und hier und da andere einheimische Dialekte aufgeschnappt. Dank meiner Arbeit als Fremdenführer spreche ich auch ganz anständig Japanisch – unser Unternehmen ist superbeliebt bei Touristen aus Asien und ich hatte schon immer ein gutes Ohr für Sprachen.«

      »Na, das ist mal eine Fähigkeit, die ich nicht besitze.« Reuben lachte und hielt lange genug inne, um mehr zu essen. »Okay, du hattest recht. Das ist köstlich. Es lohnt sich, das zu genießen.«

      »Hey, es ist dein Urlaub. Gönn dir etwas.«

      »Vielleicht.« Reuben schenkte ihm einen leicht belustigten Ausdruck, bevor er sich wieder seinem Essen zuwandte.

      Fuck. War das zu kokett herausgekommen? Toby ertappte sich oft dabei, Kunden zu vergnüglichen Aktivitäten zu ermutigen, und musste normalerweise nicht darauf achten, nicht zu verspielt zu wirken, aber bei Reuben standen die Dinge irgendwie anders. Vielleicht lag es daran, dass er allein oder eben ein heißer Silberbär war, aber was auch immer es war, Toby hoffte, dass er sich nicht die ganze Reise über bemühen musste, diese seltsame Balance zwischen freundlich und professionell beizubehalten.

      Und seltsamerweise merkte er, dass er auf guten Handyempfang für Reuben hoffte – es würde ihm leichter fallen, einen mürrischen Kerl nicht zu mögen, der sich nicht von seinem Handy trennen konnte. Denn dieses Nichtmögen bedeutete eine geringere Chance, dass die Dinge zwischen ihnen komisch wurden, was Toby definitiv nicht wollte.

      Kapitel 3

      Wir werden nicht abstürzen. Flugzeuge sind sicherer als Autos. Reuben versuchte es mit positiven Affirmationen, während Toby nach dem Frühstück einige Checks durchführte. Das Frühstück war genau so gewesen, wie Toby es beworben hatte, mit weichen Brötchen, würziger Bratensoße und starkem