– ich werde mich um den Laden kümmern, während meine beste Reporterin sich um die heißen Geschichten kümmert.« Er lächelte charmant.
Stella hatte keine große Lust, kurzfristig zu verreisen. »Warum soll ich das tun?«
»Weil du auf meiner Lohnliste stehst und weil du meine beste Frau da draußen bist.« Er grinste noch ein wenig breiter. Mit einer schnellen Bewegung griff er zu seinem iPad und wischte auf dem Display herum. »Außerdem«, sagte er dann, ohne aufzublicken, »außerdem wollen die beiden explizit nur dich empfangen.« Paul Jaschke warf das Tablet auf den Schreibtisch. »Offensichtlich eilt dir dein guter Ruf voraus, Schätzchen.«
Da war es wieder. Schätzchen.
»Deine Ehe ist soweit in Ordnung?«, fragte Stella.
»Natürlich.« Paul nickte. »Warum?«
»Nur so.«
»Okay, ich werde nach Düsseldorf fliegen. Aber warum sie nur mich sehen wollen, ist mir schleierhaft.«
»Dann frag sie, wenn du dort bist. Dein Flieger geht in vier Stunden.« Paul erhob sich. Für ihn war das Gespräch beendet. Er wartete, bis Stella aufgestanden war, dann brachte er sie zur Tür. »Marlies hat alle Unterlagen und das Ticket. Lies dich ein, dann fahr nach Hause und mach dich schön für die Zauberer.«
»Ich bin immer schön«, grinste Stella selbstbewusst.
»Wie dem auch sei: Komm mit einer schönen Homestory nach Hause.«
***
»Warum wusste ich, dass es nicht klappt?« Helmuts Stimme klang weinerlich. Stella lehnte an einem Tisch im Arbeitszimmer des Fotografen und betrachtete den selbsternannten Lichtbildkünstler mit einer Mischung aus Mitleid und Spott. »Du bist einfach zu sensibel, Helmut.«
Das Zimmer war eine kurios anmutende Mischung aus Technikraum, Büro und einer Studioecke – mit Blitzanlage und einem Hintergrundsystem an der Decke.
Helmut, der gerade an einer Werkbank stand und sein Teleobjektiv mit einem speziellen Tuch polierte, hauchte auf die Linse und blickte Stella anklagend an. »Nein, ich wusste, dass dir andere Dinge wichtiger sind, als mir einen Gefallen zu tun.«
Stella winkte entnervt ab. Auf Stress mit ihrem Lieblingsfotografen hatte sie keine Lust. »Komm mir nicht so. Ich habe den Termin in Düsseldorf und mir bleiben noch zweieinhalb Stunden, um nach Hause zu fahren, Sachen für die Reise zu packen und mich frisch zu machen, dann geht schon mein Flieger.« Sie blickte auf die Uhr an der Wand von Helmuts Arbeitszimmer. »DAS ist Stress«, fügte sie dann hinzu.
»Siehst du – du hast keine Zeit.« Helmut zog einen Schmollmund und senkte den Blick.
Stella konnte ihm nicht böse sein. Jetzt tat er ihr fast schon wieder leid. »Ich werde mich um den knackigen Autoverkäufer kümmern, sobald ich zurück bin, versprochen.« Stella lächelte dem Fotografen aufmunternd zu. »Was ist das für ein Typ?«
Helmut grinste. »Er ist groß, breitschultrig, hat tolle Augen und einen knackigen Hintern. Und er –«
»Ich meine den Wagen, nicht den Verkäufer«, unterbrach Stella ihn lachend.
»Ach so, der.« Helmut sammelte sich, dann fuhr er fort: »Ein kleiner italienischer Flitzer, knallrot, hundertfünfzig Pferdchen unter der Haube, Vollausstattung, Klima, Navi, einfach alles.«
»Marke?«
»Alfa Romeo Guilietta«, antwortete Helmut und sprach den Namen aus, als sei er eine neue italienische Eissorte. Aus seinem Mund klang er wie Urlaub, Strand und Meer. Er schnalzte genießerisch mit den Lippen. »Ein tolles Auto, würde dir auch gut stehen.«
»Danke, ich bin versorgt«, erwiderte Stella. »Aber ich werde mir wie versprochen dein Traumauto ansehen und versuchen, bessere Konditionen rauszuholen.«
»Du bist ein Schatz, Stella.«
»Und du spiel nicht immer gleich die beleidigte Leberwurst, wenn es mal länger dauert. Wenn du so bleibst, will bald keiner mehr mit dir spielen.«
»Du verarschst mich«, stellte Helmut gekränkt fest. »An manchen Tagen nimmst du mich einfach nicht ernst.«
»Ich könnte verstehen, dass du beleidigt bist, weil Paul dich nicht mit nach Düsseldorf schickt.« Helmut legte das Tuch zur Seite, pustete auf die Linse und betrachtete sein Werk kritisch. Er war ein Perfektionist, doch ein Fotograf war immer nur so gut wie seine Ausrüstung.
»Er will Reisekosten sparen, vermute ich?«
Stella beobachtete ihn bei der Arbeit. Weltvergessen polierte er an seinem Tele herum, ein gewaltiges Rohr.
»Er will, dass ich ohne Fotograf zu den Magiern gehe«, sagte sie und zwinkerte ihm zu. »Paul will von einer Agentur Bildmaterial einkaufen, das nicht halb so gut sein wird, wie deine Bilder es sind.«
»Meinst du?«
»Klar.« Stella hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn, dann ließ sie ihn zurück. Sie hatte keine Zeit zu verlieren. Die weltberühmten Magier hatten sie zu einer Audienz geladen.
DREI
Der Flug nach Düsseldorf war reibungslos verlaufen. Sie trug ihre Habseligkeiten in einer kleinen Tasche um die Schultern und betrachtete das Anwesen der beiden Illusionisten. Schon beim Betreten des Vorgartens lag eine fast spürbare Spannung in der Luft, die sich Stella nicht erklären konnte. Sie drückte das schmiedeeiserne Tor ins Schloss, das die Hektik der nahen Düsseldorfer Altstadt von der anderen Welt, die hier drinnen herrschte, abtrennte. In diesem Teil der Cecilienallee herrschte kaum Betrieb. Hinter dem Robert-Lehr-Ufer glitzerte der Rhein im Licht der untergehenden Sonne.
Stella machte auf dem Absatz ihrer neuen Christian-Louboutin-High-Heels kehrt und blickte an der strahlend weißen Fassade der Villa auf. Die Residenz der beiden Magier glich einem kleinen Palais. Es war wohl irgendwann Ende des neunzehnten Jahrhunderts in der damals vorherrschenden prächtigen Bauweise errichtet worden. Große Fensterflächen, fast verspielt wirkende Säulen und Erker, dazu ein opulentes Eingangsportal, das der Besucher über eine breite und überdachte Sandsteintreppe erreichte.
Ein lauer Sommerwind strich durch die Rhododendronbüsche, die den Zugang zum Haus säumten. Der Weg bestand aus weißen Marmorplatten, die im warmen Licht der Abendsonne bunt schillerten. Stella spürte, wie sich die Härchen auf ihren nackten Unterarmen aufrichteten. Aus einem unerfindlichen Grund war da ein Ziehen in ihrem Leib, das sich in eine angenehme Wärme in ihrem Schoß verwandelte. Die Luft war wie elektrisiert, als Stella die breiten Stufen zum Eingang der Villa Morgana hochschritt.
Die beiden Illusionisten schienen nicht schlecht zu verdienen, denn sonst hätten sie sich eine derart imposante Residenz am Rheinufer kaum leisten können. Kein Wunder, füllten sie doch Abend für Abend große Konzerthäuser, um das Publikum mit ihrer Show zu verzaubern und in den Bann zu nehmen.
Allein das Engagement in Las Vegas im letzten Sommer hatte dem Zauberduo eine Millionengage beschert. Fernsehsender prügelten sich um die Übertragungsrechte einer Show von Logan Cook und Noah Pearl. Und nun war sie hier, zu Gast bei den beiden. Es war ein wenig skurril, doch Stella genoss den Augenblick und atmete tief durch.
Kurz vor ihrer Abreise hatte Stella mit den beiden telefoniert, um ihr Kommen anzukündigen. »Ein schmaler Grat zwischen Magie und Wirklichkeit, das ist unsere Profession«, hatte Logan ihr am Telefon erklärt. »Und wir verstehen es, unser Publikum mitzunehmen in eine magische Zwischenwelt.«
Obwohl sie keine Lust auf den spontanen Trip nach Düsseldorf gehabt hatte, war sie doch ein wenig stolz, dass die weltberühmten Magier sie eingeladen hatten. Es kam nicht oft vor, dass sie jemanden von der Presse in ihr Refugium blicken ließen. Paul würde stolz auf seine beste Frau sein, wenn sie mit dieser Exklusivstory nach Hause kam. Die Berliner Medienwelt würde sich die Mäuler zerreißen.
Mit einem Lächeln war Stella Block an der Eingangstür angelangt. Sie wunderte sich ein wenig über den Stilbruch – im Gegensatz zu den klassischen Elementen der Villa handelte