von der Küstenstraße auf den Highway Richtung Boston ab. Im Wagen ist es angenehm warm. Noch eine halbe Stunde Fahrt, dann werde ich ihr Schritt für Schritt mein Leben offenbaren. Sunday ist genau die Frau, die ich brauche, nach der ich mich immer gesehnt habe. Nur meinen Namen, den kann ich ihr noch nicht verraten. Erst muss ich sicher sein, dass sie mehr für mich empfindet. Und wenn es nur die Hälfte von dem ist, was ich für sie empfinde, ist es immer noch mehr als genug.
»Jay?«, durchdringt ihre sanfte Stimme die Stille. »Danke«, haucht sie mir zu.
»Wofür?«
»Für den Abend. Dafür, dass du mir deine Welt gezeigt hast. Auch wenn es nur ansatzweise war.«
»Ich hatte schon Bedenken, dass es dir zu viel wird.«
»Am Anfang war es das auch. Aber dann ...«
»Dann hat es dich erregt?«
»Ja, das hat es. Werden wir das wiederholen?«
»Das und viele andere Dinge«, verspreche ich ihr. Endlich kommen die Lichter von Boston in Sicht, aber auch meine Unruhe nimmt mit jeder Meile, die wir meinem Leben entgegensteuern, zu.
»Hier wohnst du?«, fragt sie überrascht, als wir an meinem Haus ankommen.
Die Gegend, in der ich lebe, ist eine der besten. Die Häuser, die hier stehen, sind exorbitant teuer und Sunday weiß das ganz genau. Ich war selbst überrascht, als mein Freund mir von seinem Vor-Ort-Termin mit ihr erzählt hat. Sie hat ihm Dinge über das Haus offenbart, die selbst mir neu waren. Sunday ist eine großartige Immobilienmaklerin. Sie ist nicht aufdringlich, aber bestens informiert, und sie strahlt Professionalität aus.
»Du musst ganz gut verdienen, um dir diese Gegend hier leisten zu können«, bemerkt sie.
»Ich habe das Haus geerbt«, beschönige ich, was nicht mal ganz gelogen ist. Dann fahren wir die Garagenauffahrt hoch. Die Scheinwerfer strahlen das große Hoftor mit dem Messingschild und meinen Initialen an.
»J. E.«, spricht Sunday die beiden Buchstaben aus. »Was bedeutet das?«
»Jay Evans«, lüge ich so ganz nebenbei.
Zumindest hat der Name wirklich eine Bedeutung in meinem Leben. Meine Mutter hieß so, bevor sie meinen Vater heiratete. Von ihr habe ich auch das Haus bekommen. Jetzt lebt sie mit ihrem vierten Mann unten in Texas und genießt das Leben als Lady eines Ölbarons, während mein Vater sich ganz der Wissenschaft verschrieben hat und in der Tropenmedizin in Afrika tätig ist.
»Okay, war doch gar nicht so schwer«, stellt Sunday fest.
Ich zucke die Achseln und fühle mich überhaupt nicht wohl in meiner Haut, sie so hintergangen und belogen zu haben. Von einem schändlichen Gefühl verfolgt, parke ich den Wagen in der Garage, steige aus und öffne Sunday die Tür.
»Wir können direkt von hier ins Haus«, sage ich zu ihr, und deute auf eine Tür, die ins Haus führt.
»Praktisch«, bemerkt sie nur und folgt mir.
Als ich die Tür öffne, erklingt Hundegebell. Charly hat uns natürlich gehört, er kommt die Treppe runter und begrüßt erst mich hüpfend und freudig mit dem Schwanz wedelnd, bevor er sich Sunday zuwendet, die sofort in die Hocke geht, ihm den Kopf krault und selbst seine Schnauze in ihrem Gesicht akzeptiert.
»Wer bist du denn?«, fragt sie den Hund erfreut, der sie genauso wie ich sofort in sein Herz geschlossen hat.
»Das ist Charly, mein Rhodesier«, stelle ich ihn vor. »Und er hat die sturmfreie Bude wieder schamlos ausgenutzt und in meinem Bett gelegen«, sage ich kopfschüttelnd.
»Ich mag ihn.«
Das kann ich sehen. Die beiden scheinen sich sofort sympathisch zu sein. Noch ein Punkt, in dem wir genau übereinstimmen: Sie hat genau wie ich einen Narren an Hunden gefressen.
Charly kann gar nicht genug von ihr bekommen und springt sie jetzt an, dabei fiept er freudig. Ich rufe ihn streng zur Ordnung, aber Sunday wirft mir nur einen warnenden Blick zu.
»Das macht mir nichts. Ich liebe Hunde und Charly mag ich besonders.«
Dann tollt sie kurz mit ihm durch den Flur. Gerade im Auto war sie noch müde und total erschöpft und jetzt hat sie nichts Besseres zu tun, als mitten in der Nacht mit meinem Hund zu spielen. Ich bin fast ein wenig eifersüchtig auf meinen kleinen Freund, der ihr Herz im Sturm erobert hat. Ich hoffe, dass ich das auch noch kann, sobald sie meine wahre Identität kennt. Plötzlich merke ich, dass ich unwahrscheinlich hungrig bin und auch Sunday seit Stunden nichts gegessen hat.
»Hast du Hunger?«, rufe ich ihr zu.
Sie ist mit Charly im Wohnzimmer angekommen und wirft eines seiner Quietschetiere quer durch den Raum. Ich bleibe an der Tür stehen, lehne mich an den Türrahmen und beobachte die beiden. Sunday ist die erste Frau, die sich für Charly interessiert. Alle meine Partnerinnen haben nur angeekelt die Nase gerümpft, wenn ihnen der Hund mit seiner feuchten Schnauze zu nahe kam.
Mittlerweile sitzt sie auf dem Sofa. Eigentlich liegt sie mehr darauf, während Charly versucht, ihr sein Spielzeug abzunehmen. Die beiden haben Spaß und das freut mich.
»Ja, ich sterbe vor Hunger«, ruft sie mir an Charly vorbei zu.
»Dein Magen hat bereits im Auto verdächtig geknurrt.«
»Das hast du bemerkt?«
»Aber sicher. Okay, ich schaue mal, was der Kühlschrank zu bieten hat.«
»Soll ich dir helfen?«
Ich drehe mich um und kann nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Charly wird sie nicht gehen lassen, das sehe ich.
»Nein, nein, lass nur. Charly würde dir nie verzeihen, wenn du das Spiel beendest, bevor er fix und fertig am Boden liegt.« Etwas, das Stunden dauern kann, setze ich in Gedanken noch hinzu.
Sundays Lachen dringt noch zu mir, als ich die Küche betrete. Ich öffne den Kühlschrank. Da gestern Margaritas Einkaufstag war, ist er bestens befüllt mit allen Dingen, die ich gerne esse.
»Was hältst du von einem Sandwich?«, rufe ich ins Wohnzimmer. Sunday kommt mit Charly im Schlepptau in die Küche. Sie ist völlig aus der Puste, ihre Haare haben sich aus ihrem Zopf gelöst und ihre Wangen wirken erhitzt.
»Dein Hund ist unersättlich«, wirft sie mir vor.
»Genauso wie sein Herrchen. Da steht er mir in nichts nach«, flüstere ich ihr ins Ohr und ziehe sie an meine Seite, während ich an ihrem Ohrläppchen knabbere, was sie sofort wieder zum Kichern bringt.
»Hör auf, Jay, ich bin kitzlig«, beschwört sie mich, aber ich denke gar nicht daran, aufzuhören, bis sie mich energisch von sich schiebt. Charly trottet in die Küche und macht sich über seinen Wassernapf her, dann legt er sich auf sein Kissen, das neben der Küchentheke liegt, und schaut zu uns hoch.
»Ich dachte, wir wollten was essen«, versucht sie jetzt, meine Annäherungsversuche abzuwehren.
»Ich bin auch hungrig, aber mehr auf dich.«
»Du kannst schon wieder?«
Grinsend ziehe ich sie an meine Seite, hebe sie hoch und setze sie auf die Kücheninsel, dann schiebe ich ihre Beine auseinander und zwänge mich dazwischen. Ihr kurzer Lederrock rutscht ihr dabei bis zu den Hüften hoch. Meine Hände finden sofort den Weg zu ihren Nippeln, die sich bei meiner Berührung steil nach oben aufrichten.
»Was ist denn das für eine Frage? Selbstverständlich«, verspreche ich ihr.
»So selbstverständlich ist das nicht bei einem Mann.«
»Dann warst du definitiv mit den falschen Männern zusammen.«
»Das wäre möglich.«
»Also, was ist jetzt mit essen? Ich will dich endlich oben in meinem Schlafzimmer sehen«, dränge ich sie.
»Ach, jetzt bin ich schuld daran, dass du nichts zu essen bekommst?«,