Benedict De spinoza

A Theologico-Political Treatise and A Political Treatise


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in den Vordergrund. Dennoch kommt auch sie ohne grundlegende Begriffe der Logik nicht aus: So wird in der Logik in der Regel nicht von einer argumentativen Äußerung, sondern einer Aussage gesprochen. Häufig wird auch der Begriff der PrämissePrämisse genutzt. Grundlegende logische Schlussverfahren wie deduktive und induktive Schlüsse sind auch für die dialektische und rhetorische Argumentationstheorie relevant. Daher folgt hier eine Erläuterung einiger zentraler argumentationswissenschaftlicher Begriffe aus der Logik.

      Prämisse:

      Prämisse Eine gegebene Aussage, rekonstruierbar aus einer Äußerung innerhalb einer Argumentation. Diese Aussage wird als wahr gesetzt.

      SyllogismusSyllogismus (manchmal auch deduktiver Syllogismus): Ein analytischer Schluss bestehend aus Oberprämisse, Unterprämisse und Konklusion. Teilweise findet sich auch die Terminologie ObersatzObersatz, UntersatzUntersatz, Konklusion. Die PrämissePrämissen werden als wahr behandelt. Dabei formuliert die Oberprämisse einen allgemein geltenden Satz, die Unterprämisse einen spezifischen Fall. Aus beiden folgt zwingend die Konklusion, d.h. die Prämissen beinhalten bereits die Konklusion. Ein deduktiver SyllogismusSyllogismus kann in der Konklusion also keine Informationen bringen, die in den Prämissen nicht schon enthalten gewesen wären. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Sterblichkeit Sokrates’:

Oberprämisse:Alle Menschen sind sterblich.
Unterprämisse:Sokrates ist ein Mensch.
Konklusion:Also ist Sokrates sterblich.

      Der SyllogismusSyllogismus ließe sich auch in der dreistelligen Form des Arguments wiedergeben, mit der Unterprämisse als Grund, der Oberprämisse als Übergang und der Konklusion.

      Deduktion:

      DeduktionAusgehend von einem allgemeinen Satz wird ein Schluss für einen speziellen Fall gezogen.

      Wenn im Beispiel Juror 10 argumentiert, dass der Junge ein Verbrecher ist, weil alle von „ihnen“, den Menschen aus dem Slum, geborene Verbrecher sind, ist das ein deduktiver Schluss.

      Induktion:

      InduktionAusgehend von einem spezifischen Satz oder einer einzelnen Beobachtung/Erfahrung wird ein Schluss für einen allgemeinen Fall gezogen.

      Wenn die Geschworenen einzelne Indizien und Zeugenaussagen zusammentragen, soll aus einzelnen Beobachtungen eine Aussage für den gesamten Fall konstruiert werden: Der Junge ist schuldig/nicht schuldig. Dies ist ein induktives Schlussverfahren, allerdings nicht mit dem Ziel eine allgemeingültige Regel aufzustellen, sondern einen Schluss für diesen konkreten Fall zu finden.

      Abduktion:

      AbduktionDie Abduktion ist ein Schlussverfahren, das im Gegensatz zu InduktionInduktion und DeduktionDeduktion neue Erkenntnis ermöglicht. Ein überraschendes Phänomen wird mit einer neuen, allgemeinen Regel erklärt (DeduktionDeduktion), die dann über Beobachtung und Erfahrung verifiziert wird (InduktionInduktion). Für die Wissenschaftstheorie hat Charles Saunders Peirce diesen Begriff aus der antiken Analytik nutzbar gemacht.

      Fehlschluss:

      Auch TrugschlussTrugschluss oder FallazieFallazie genannt. Die Standarddefinition eines FehlschlussesFehlschluss ist: Ein Schluss der valide erscheint, es aber nicht ist. Fehlschlüsse werden gesondert im Kapitel zur Dialektik (3.2) behandelt.

      Was würde es nun bedeuten, das Stück „Die zwölf Geschworenen“ aus einer logischen Perspektive zu betrachten? Wie oben gesehen, beinhaltet eine Produktperspektive auf Argumentation eher eine Perspektive auf das einzelne oder die einzelnen Argumente. Es setzt diese einzelnen Argumente nicht in Beziehung zum Kontext und zu den Teilnehmern oder dem Publikum der Argumentation. Wenzel (1980) meint mit einer logischen Perspektive auf Argumentation aber nicht unbedingt ein formallogisches Vorgehen, sondern vor allem eine Konzentration auf die Beziehung zwischen den einzelnen Aussagen. Ein gutes/geltendes/valides Argument ist demnach eins, das einen gültigen Schluss vollzieht, in dem Sinn, dass die Verbindung von PrämissePrämisse zu Konklusion einem akzeptierten Muster folgt, beziehungsweise die PrämissePrämissen die Konklusion beinhalten, so dass der Schluss von beiden PrämissePrämissen auf die Konklusion zwingend ist.

      [bad img format]Im Folgenden wird jeder grundlegende Ansatz zunächst in Bezug auf die oben genannten drei Grundfragen (formaler Aspekt, funktionaler Aspekt, Aspekt der Geltung) betrachtet (vgl. auch das Onlinematerial zu diesem Buch). Für die drei Perspektiven hat Wenzel (1980, S. 124) selbst eine deutlich umfassendere Matrix konstruiert, auf die ich mich für diese drei Perspektiven beziehe.

Perspektive/Modell/ AnsatzFormaler Aspekt: Wie ist ein Argument aufgebaut?Funktionaler Aspekt: Welche Funktion hat Argumentation?Gute Gründe: Wie bestimmt sich die Geltung/Gültigkeit eines Arguments?
Logische PerspektiveAus wahren PrämissePrämissenVon wahren Aussagen auf wahre Konklusionen zu schließenValiditätValidität bezogen auf inferentielle Regeln

      2.4 Die dialektische Perspektive

      Die dialektische Perspektive betrachtet Argumentation aus einer Verfahrensperspektive. Sie fragt nach der Lauterkeit der genutzten Argumente, der genutzten Verknüpfung und des Ablaufs des argumentativen Austauschs. Aristoteles (1995b) führt die Dialektik in der „TopikTopik“ ein und bestimmt sie als „eine Methode (…), nach der wir über jedes aufgestellte Problem aus wahrscheinlichen Sätzen Schlüsse bilden können und, wenn wir selbst Rede stehen sollen, in keine Widersprüche geraten“ (100a118). Das Hauptaugenmerk der dialektischen Perspektive ist entsprechend auf die Argumentation als Verfahren und dialogischen Austausch gerichtet, nicht auf das einzelne Argument. Zudem befasst sich die Dialektik – ebenso wie die Rhetorik – mit Schlüssen aus der WahrscheinlichkeitWahrscheinlichkeit, nicht der WahrheitWahrheit.

      Der Fokus auf das Verfahren der Argumentation beinhaltet die Annahme, dass Argumentation im DialogDialog zwischen ProponentProponenten und OpponentOpponenten entsteht, wenn eine Aussage strittig wird. Wenzel (1980, S. 115) betont, dass aus einer dialektischen Perspektive ProponentProponent und OpponentOpponent in zweierlei Hinsicht kooperativ agieren: zum einen, indem sie sich auf gemeinsame Verfahrensregeln einigen, zum anderen dahingehend, dass das Ziel ihres argumentativen Austauschs eine Einigung oder die Lösung eines Problems ist. Damit ist noch keine Aussage darüber getroffen, ob diese Einigung faktisch auch eintritt. Geltung kann ein Argument aus der dialektischen Perspektive dann beanspruchen, wenn die Teilnehmerinnen bestimmten Regeln zum Ablauf von Argumentation folgen. Der Bruch dieser Regeln wird dann in vielen Ansätzen als TrugschlussTrugschluss markiert. Die Regeln hängen von der theoretischen Ausrichtung ihrer Autorinnen ab. In Kapitel 3 werden verschiedene Ansätze aus der dialektischen Perspektive vorgestellt und diskutiert.

      Das Beispiel aus den „Zwölf Geschworenen“ aus dialektischer Perspektive zu betrachten, würde also heißen: zu untersuchen, ob ProponentProponent und OpponentOpponent sich an bestimmte Verfahrensregeln halten.

      JUROR 8: Ich weiß nur, daß dieser Junge sein ganzes Leben herumgestoßen wurde. Er ist in einem Elendsviertel aufgewachsen, hat früh seine Mutter verloren. Damals war er neun Jahre alt. Für anderthalb Jahre hat man ihn in ein Waisenhaus gesteckt, weil sein Vater eine Gefängnisstrafe absitzen mußte. Wegen Scheckfälschung, stimmt’s? Ja, das ist kein gutes Sprungbrett fürs Leben. Wie sagten Sie noch – auf freier Wildbahn gegrast? Man hätte sich eben mehr um ihn kümmern sollen.

      JUROR 3: Unsere Waisenhäuser sind okay. Wir zahlen Steuern dafür.

      Aus dialektischer Perspektive würde dieser Auszug daraufhin untersucht und bewertet werden, ob er bestimmten Regeln guten Argumentierens folgt. Diese beziehen sich sowohl auf die gegebenen Gründe und die Übergänge von Grund zu Konklusion als auch auf den Ablauf der Argumentation zwischen den Teilnehmerinnen. Ist die Entgegnung von Juror 3 also auf das Argument von Juror 8 bezogen? Können alle Teilnehmer Argumente vorbringen? Sind alle Teilnehmer bereit, wenn gefordert, Argumente zu präsentieren? Damit nimmt die dialektische Perspektive immer einen normativen Blick ein und zielt auf eine KritikKritik argumentativen Austauschs. Die Art dieser KritikKritik hängt von den zu Grunde liegenden Regeln ab.

      In der Matrix lässt sich die dialektische Perspektive