lächelte triumphierend. „Was hätten Sie getan?“
„In ein anderes Hospital übergeführt, was sonst.“
Hartmans Lächeln schwand. Der Baron musste ihm die Show gestohlen haben. Er knurrte bitter: „Na ja, das genau wollte ich auch getan haben, aber warten Sie einmal ab.“
Und vorn drehte sich James um und meinte keck: „Manchmal hat auch die Citizen Police gute Einfälle!“
„Achten Sie lieber auf die Straße, Sie Greenhorn!“, fuhr ihn Hartman an.
James tat es und pfiff eine Melodie vor sich hin.
„Verdacht? Auf den Narkotiseur?“, fragte der Baron.
Hartman schüttelte den Kopf. „Nein, auf den weniger. Ich halte Dr. Ferrenc für verdächtig genug. Leider reichen meine Beweise nicht aus, um ihn in Haft zu nehmen.“
„Aber wie kommen Sie darauf?“, entfuhr es dem Baron schärfer, als er gewollt hatte. Hartman musterte ihn wieder prüfend. Der Baron sah, dass Hartman hellhörig zu werden begann.
Er sagte jedoch nichts dergleichen und erwiderte scheinbar gelassen: „Eine Stunde, bevor Sie gekommen sind, Baron, ist Dr. Ferrenc allein bei Koog gewesen. Zu einer ungewöhnlichen Zeit, nämlich in der Mittagsstunde. Allein, habe ich gesagt. Und vor ihm war die Stationsschwester noch drinnen. Sie ist hinausgegangen, als Ferrenc eintrat. Er hat sie hinausgeschickt, sagte sie. Und zehn Minuten, nachdem Ferrenc weg war, ist eine von den Hilfsschwestern gekommen, um das Geschirr vom Mittagessen herauszuholen. Es handelte sich allerdings nur um eine Suppentasse. Da kam ihr Koog so komisch vor. Sie rief die Stationsschwester. Die stellte den Tod von Koog fest. Koog wurde dann vom diensthabenden Arzt untersucht. Dr. Hiller, ein tüchtiger Internist. Er brauchte nicht lange, um einen Verdacht zu äußern. Während ich auf dem Flugplatz auf Sie gewartet habe, kam die Meldung über die Todesursache: eine tödliche Injektion CB 34, das ist ein Gift, das nur wenige Sekunden braucht, um …“
„Wissen Sie das genau, Hartman, ich meine, dass es nur ein paar Sekunden dauert?“, unterbrach ihn der Baron.
Er fuhr gereizt auf. „Natürlich, solche Dinge behaupte ich nicht einfach ins Blaue hinein!“
„Dann hätten Sie doch Grund, Dr. Ferrenc festzunehmen, Hartman“, sagte der Baron sanft.
Er zuckte die Schultern. „Vielleicht sollte ich es tun, aber man hat mich ja angewiesen, keine Schritte mehr zu unternehmen, wenn Sie einmal hier sind. Da sieht man eben gelassen zu, wie alles zerrinnt. Aber der Gouverneur ist schließlich Ihr Freund, Baron. Und der macht es sogar möglich, dass ein Privatmann Polizeifunktionen versieht.“
Es klang bitter und gehässig. Aber der Baron kannte den mit allen Hunden gehetzten Inspektor zu genau, um ihm deshalb böse zu sein. Er würde ihn sogar ab und zu nötig haben. Solche ausgekochten Praktiker wird nur ein Anfänger für stur und beschränkt halten. Hartman hatte Ferrenc auf dem Zug, und er tat es gewiss nicht aus einer Antipathie heraus. Ferrenc hätte der Präsident selbst sein können und wäre von Hartman ins Visier genommen worden, wenn gewisse Indizien auf seine Schuld hinwiesen. Das aber, was Hartman hier wusste, war ein dicker Brocken. Auf einen Verdacht war der Baron vorbereitet gewesen, deshalb wollte er den Fall ja klären, aber was Alexander am schwersten traf, war die Tatsache, einen alten Freund des Mordes bezichtigt zu wissen.
„Wir fahren am besten gleich ins Hospital“, sagte Hartman. Alexander nickte zustimmend. Dann versenkte er sich wieder in seine Gedanken um Dr. Ferrenc. Gewiss, sie hatten sich in den letzten Jahren nur noch zu Neujahr und hin und wieder aus dem Urlaub geschrieben. Doch sie waren immer noch Freunde, seit damals. Alexander sah es wieder, als sei es gestern gewesen. Den Schlamm, die Erdlöcher, die Baumstümpfe, deren zerfetzte Äste geisterhaft zum Himmel ragten. Alexander hörte es in seinen Gedanken, das Orgeln der schweren Granaten, das Brüllen der Verwundeten, das Krachen der Explosionen.
Wahnsinn des Krieges. Man vergisst es einfach nie. Und erst recht würde Alexander nie vergessen, wie Mike vorn in dem Loch ihm, dem damaligen Kriegsberichterstatter der New York Times, den Granatsplitter aus der Schulter herausgeholt hatte. Unter den primitivsten Umständen, geradezu steinzeitlich primitiv. Aber er hatte es tun müssen, weil Gefahr bestand, dass die Schlagader aufgeritzt wurde, hätte sich Alexander nur etwas bewegt.
Hatte er es tun müssen? Nein, er wäre irgendwo in den hinteren Linien sicherer gewesen. Um Alexander zu helfen, hatte er sein Leben aufs Spiel gesetzt. Was kann man mehr riskieren als das eigene Leben?
Nein, dachte er. Wenn nur ein Fünkchen Zweifel daran besteht, dass Mike es getan hat, dann musste er trotzdem an diesem Fall arbeiten. Niemand würde an seiner Stelle wohl sorgfältiger nach Möglichkeiten und Beweisen suchen, die Mikes Unschuld dokumentieren. Aber wenn Mike nun doch der Täter war? Wenn nun alles stimmte? Hartman war kein Greenhorn. Solche alten Haudegen wie er verfügten meist über eine beachtliche Menschenkenntnis, und eine in vielen Jahren geschliffene Erfahrung. Mochte Hartman sich so wild und bissig geben wie er wollte, er war eine Kanone in seinem Fach – er irrte sich selten.
Ich muss abwarten, sagte sich Alexander. Er durfte noch nicht zu erkennen geben, dass er Mike gut kannte, dass sie Freunde waren. Sicher würde ihn Mike nachher wie ein alter Kamerad begrüßen, das musste er irgendwie abbiegen. Oder er musste sich von Hartman trennen. Dieser misstrauische Inspektor kam womöglich noch dahinter, wie es zwischen Mike und Alexander aussah. Und dann nützte Alexander auch seine gute Beziehung zum Gouverneur nichts mehr.
Der Baron warf einen kurzen Blick zu Hartman hinüber. Der döste vor sich hin, zuckelte an seiner erkalteten Zigarre und zuckte erschrocken zusammen, als James an einer Kreuzung jäh bremsen musste. „Esel!“, knurrte Hartman. „Denk an meine Familie!“
James griente und sagte halb zurückgewandt zum Baron: „Ein Glück, dass Sie nicht verheiratet sind, dann höre ich wenigstens von Ihnen nicht dauernd den Song von der lieben Familie.“ Er lachte, und hinter ihm knurrte Hartman griesgrämig.
„Da haben wir schon das Hospital!“, erklärte James und bog von der Straße in den Park ein. Ein breiter Weg, uralte Laubbäume zu beiden Seiten. Zwitschernde Vögel in den Ästen, hier und dort ein paar Fußgänger auf den Seitenwegen. Einige davon waren Schwestern, junge neckische Dinger, bei denen ein Mann sich wünschte, sie einmal am Abend spazieren zu führen.
Vorn auf der Straße herrschte noch reges Treiben, hier im Park war es still. Leise surrte der Motor des Le Mans, die Reifen rauschten auf dem Asphaltweg, und dann bogen sie nochmals rechts ab. Das weiße Gebäude des Hospitals lag vor ihnen. Große Terrassen, lange Balkons, weite, lichtdurchflutete Fenster. Die amerikanische Flagge hing am Mast vor der Auffahrt schlaff und unbewegt herab. Die Hitze des Mittags knallte auf die Front vor dem Haus, und der Baron merkte es so richtig, als er ausstieg. Es roch aber nicht nach Krankenhaus, sondern nach Lindenblüten, süßlich und betäubend.
Hartman lief mit kleinen raschen Schritten auf die Glastür zu und stieß sie unwirsch auf. Der Baron musste sich beeilen, wenn er sie nicht im Zurückpendeln vor die Stirn bekommen wollte.
Im Foyer war es kühl, fast kalt. Hier war der Lindenblütenduft wie weggeblasen. Hier herrschte der typische Klinikgeruch vor.
Das Büro lag im Parterre. An der Glastür standen Mikes Name und die Bezeichnung „Chefarzt“. Hartman klopfte an und öffnete gleichzeitig, ohne erst ein „Herein“ abzuwarten.
Die brünette Schöne, die dort hinter dem Schreibtisch saß und die beiden empört ansah, musste diese „alberne Gans“ sein, wie Hartman zu sagen beliebt hatte.
Bevor die Dame nur Piep sagen konnte, fauchte Hartman sie an: „Wo ist Ihr Chef, Miss Keil?“
„Dr. Ferrenc ist heute nicht da. Er ist zu seinem Haus gefahren“, sagte sie schnippisch. Der Baron sah ihr den Triumph an, dies Hartman verpassen zu können.
Hartman nickte, als habe er das vorausgesehen. Dann wandte er sich an den Baron. „Na, dann werden wir ihn wohl bald suchen müssen, wie?“
Der Baron schwieg. Ihm missfiel es, dass Hartman vor dem Mädchen