Dr. Reinhold Goldmann

Ragins Weg


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Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.

      Junge Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

      Wohlbemerkt, diese Aussage wurde vor fast 2.500 Jahren getroffen.

      Anscheinend sind ältere Menschen der Meinung, dass frühere Zeiten viel besser waren. Im Laufe der Zeit verblasst so manche Wahrnehmung eines Menschen in seiner Erinnerung. Schmerzhafte oder unverarbeitete Erinnerungen werden teilweise verdrängt oder anders bewertet. Das Gehirn wird einer Selbsttäuschung unterzogen, weil es offenbar dem Seelenfrieden dient. Alte Erinnerungen werden wie auf einer Rechnerfestplatte überschrieben, wonach manches modifiziert oder sogar gelöscht wird.

      Je älter ein Mensch wird, umso häufiger hat das Gehirn seine Erinnerungen umgeschrieben. Deshalb sprechen Senioren so häufig von der guten alten Zeit, obwohl sie oftmals gar nicht so großartig war. Dies scheint eine Art der Realitätsflucht zu sein.

      Im Alter scheint aber auch die Zeit immer schneller zu vergehen, was ebenfalls die Wahrnehmung beeinflusst. Einem fünfjähriges Kind dauert die Zeit bis zum nächsten Weihnachten, mit einem Fünftel seines Lebens, relativ lange. Für einen Fünfzigjährigen beträgt diese Zeitspanne lediglich ein Fünfzigstel seiner Lebenszeit. „Ja ist denn schon wieder Weihnachten?“

      In der Kindheit erfasst und verarbeitet das Gehirn mehr Eindrücke in kurzer Zeit, wodurch sich die zeitliche Wahrnehmung verlängert. Mit dem Alter werden jedoch weniger Reize verarbeitet und ein Zeitraum scheint schneller zu vergehen.

      Auch der Blickwinkel eines älteren Menschen verändert sich.

      Lebenslanges Lernen und sportliches Betätigen kann jedoch helfen, geistig und körperlich beweglich zu bleiben sowie Altersstarrsinn zu vermeiden.

       Entwicklung der Naturwissenschaften

      Die Bedeutung exakter Wissenschaften wurde schon vor vielen Jahrtausenden erkannt. Praktische Notwendigkeiten machten dies erforderlich.

      Ägypten und die Mathematik

      Felder ägyptischer Bauern waren regelmäßig vom Nil überschwemmt worden. Dadurch wurden zwar wichtige Nährstoffe als Dünger auf die Äcker gebracht, aber auch die abgesteckten Feldgrößen verwischt. Deshalb waren geometrische Kenntnisse erforderlich, um die Besitztümer der Bauern regelmäßig neu zu vermessen und wieder gerecht zuzuweisen, auch um steuerliche Abgaben entsprechend erheben zu können. Dafür mussten mathematische Methoden entwickelt werden.

      Die ägyptischen Beamten brachten Nilometer (Höhenmesser für den Pegel des Nils) an. Diese erleichterten die Prognose der Nilschwemmen. Mit diesen Messlatten konnten die mit der Nilschwemme verbundenen Steuererhebungen verlässlich errechnet werden. Bei der einfachen Ausführung handelte es sich um eine Pegelskala, die an markanten Niluferstellen angebracht wurde.

      Mathematik entwickelte sich also aus praxisrelevanten Zwängen heraus.

      Imhotep

      Der früheste, heute noch namentlich bekannte Gelehrte war der Ägypter Imhotep, der ungefähr 2700 Jahre vor Christi Geburt gelebt hat. Bis etwa zwei Jahrtausende nach ihm gab es keinen Wissenschaftler mehr, der heute noch bekannt ist.

      Bildquelle: Wikipedia

      Imhotep war der Architekt der Stufenpyramide von Sakkara bei Memphis (s Abb.).

      Dieses 62,5 Meter hohe Grabmal ist die älteste der ägyptischen Pyramiden und eine der wenigen mit einer nichtquadratischen Grundfläche.

      Pharao Djoser sprach Imhotep an, ob jener sich in der Lage fühle, ein bis dahin nie da gewesenes Monumentalgrab zu errichten. Imhotep empfand diese Aufgabe als eine große Ehre und Herausforderung.

      Er wählte eine bereits bestehende Nekropole (Totenstadt), die er durch eine Pyramide überbauen ließ.

      Die Stufenpyramide und ihre umgebenden Anlagen sollten die Vereinigung eines Grabbaus mit einem „Talbezirk“ darstellen. Ein Talbezirk war eine „Götterfestung“, also ein Kultbereich, der aus einer festungsartigen Umfassung bestand. Dieser Bezirk diente zur Abhaltung ritueller Feste. Ein derartiger Gesamtbereich entsprach den Vorstellungen des Pharaos.

      Imhotep entwickelte mit der Pyramide die mythologischen Grabhügel der Königsgräber in Abydos weiter. Abydos liegt am westlichen Nilufer, 160 km nördlich von Luxor. Er bildete diese Grabhügel durch einen gestuften gemauerten Hügel nach.

      Die Gestaltung der Pyramide wurde von Imhotep während des Baus mehrfach geändert und erweitert. Zunächst als quadratischer, pyramidenstumpfähnlicher Grabbau von 63 Meter Kantenlänge und 8 Meter Höhe begonnen, veränderte Imhotep das Bauwerk in eine sechsstufige Pyramide mit einer Basislänge von 121 Meter und der Basisbreite von 109 Meter sowie einer Höhe von 63 Meter. Als Baumaterial diente Kalkstein. Der Unterbau mit der Grabkammer bildete einen symbolischen Palast und war teilweise mit blauen Fliesen dekoriert.

      Mit diesem Bauwerk schuf Imhotep ein Vorbild, das über Jahrhunderte den Pyramidenbau und die Bestattungsriten der Pharaonen geprägt hat.

      Spätere Pyramiden legte man zwar in der imhotepschen Stufenform an, aber am Ende der Bauphase glättete man die Stufen, um ebene Seitenflächen zu erhalten.

      Die Spitzen der Pyramiden wurden in den kommenden Jahrhunderten mit einem „Pyramidion“ aus Gold, Elektrum (Legierung aus Gold und Silber) oder Kupfer bedeckt. Diese glänzenden Spitzen waren der Morgen- und Abendsonne geweiht. Die kleinen Abschlusspyramiden fingen das Sonnenlicht ein und sollten auf diese Weise eine Verbindung von der Erde zur Sonne herstellen.

      Pyramiden werden in alten ägyptischen Texten auch als „Treppen“ oder „Rampen“ bezeichnet, auf denen der Pharao nach seinem Tod den Himmel erreichen kann.

      Die Mumifizierung, welche angeblich der Totengott Anubis erfunden hatte, mit getrennter Bestattung der Organe in Kanopen-Gefäßen, steigerte die Hoffnung der Pharaonen auf ein machtvolles Weiterleben nach dem Tod.

      Das Werk von Imhotep begeisterte Pharao Djoser. Deshalb bestellte er Imhotep als seinen engsten Berater an den königlichen Hof. Dadurch war Imhotep einer der mächtigsten und angesehensten Männer dieser Zeit.

      Neben seiner Tätigkeit als Pyramiden-Erbauer kann aus Imhoteps Titel „Vorsteher der Werft“ geschlossen werden, dass er auch Schiffe konstruiert hatte. Diese waren für den damaligen weitläufigen ägyptischen Handel von größter Bedeutung und verhalfen Ägypten zu enormem Reichtum und Ansehen.

      Mehrere von Imhotep verfasste medizinische Abhandlungen, steigerten seine Bedeutung für Pharao Djoser immer mehr. Auch mit seinen mutmaßlichen Heilkräften schien Imhotep den Pharao zu ausreichender Gesundheit verholfen zu haben.

      Das Volk betrachtete Imhotep als magischen Heiler. Daher wurde später sein Grab in Sakkara zu einer Wallfahrtsstätte, an der Wunderheilungen geschehen sein sollen.

      Imhotep ist der Beweis dafür, dass sich die Menschen nicht erst im späten Mittelalter für Naturwissenschaften und Technik zu interessieren begannen. Nach derzeitigen Erkenntnissen wird immer deutlicher, dass bereits in der Antike ein enormes Wissen angehäuft und auch schriftlich fixiert wurde. Leider wurden die Schriften häufig durch Kriege, Brände und ungebildete wilde Eroberer vernichtet.

      Ursprung der Schrift

      Viele Völker hinterließen leider keine Schriften, wodurch die Errungenschaften einiger großer Zivilisationen weitgehend unbekannt blieben.

      Obwohl die Germanen eine Runenschrift kannten, lernten sie erst durch die Römer den Wert schriftlicher Aufzeichnungen schätzen.

      Kenntnisse über die germanischen Eigenheiten und deren Kultur überlieferten vor allem römische Historiker. So beschrieb Tacitus (50 – 120 n. Chr.) das Wesen der Germanen in meisterhafter Form. Er schilderte die Geografie Germaniens und benannte verschiedene germanische Stämme