Jan Gardemann

Romantic Thriller Trio #9 - Drei Romane


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      Der Korridor, auf den ich nun gelangte, war düster und hoch. Kostbare Kronleuchter hingen an langen, goldenen Ketten von den Decken. Die Wände waren holzvertäfelt und hier und da mit dunklen Ölgemälden geschmückt. Die finster dreinblickenden Männer in ihren altmodischen Klamotten, die darauf abgebildet waren, ließen den Korridor noch unheimlicher und düsterer erscheinen.

      Lautlos bewegte ich mich auf das Ende des langen Korridors zu. Ein dicker, blutroter Teppich schluckte meine Schritte. Ich kam an Nischen vorbei, in denen kostbare Statuen standen, die sehr alt und wertvoll aussahen.

      Sir John Severen musste ein sehr wohlhabender und einflussreicher Mann sein, wenn er sein Castle mit derartigen Kunstschätzen schmücken konnte!

      Im Badezimmer angekommen verriegelte ich die Tür hinter mir. Erst jetzt fühlte ich mich wieder ein wenig wohler.

      Das Badezimmer war sehr komfortabel eingerichtet. In den vielen kleinen Details war Sir Johns Vorliebe für Antiquitäten und wertvolle Kunstschätze zu erkennen. In den gekachelten Nischen, die es in dem Badezimmer gab, standen antike römische Adon isstatuen. Auf dem Schminkregal befanden sich altertümliche Gefä ße, in denen Salben und edel riechende Parfüms aufbewahrt wurden.

      Aber auch an diese Dinge konnte ich mich nicht erinnern, obwohl die Antiquitäten ein unbestimmtes Gefühl der Vertrautheit in mir wach riefen. Ich konnte sogar die kunsthistorischen Epochen und die Stilrichtungen bestimmen, aus denen die antiken Schminkgefäße stammten. Es waren kostbare und wertvolle Stücke darunter und es wunderte mich, dass sie nicht in einem Museum standen, wo sie eigentlich hingehörten, sondern in dem Badezimmer einer Privatperson.

      Ich zog das Nachthemd aus und stellte mich dann unter die Dusche. Während ich das prickelnde Wasser über meinen Körper rieseln ließ, schaute ich prüfend an mir hinab.

      Nirgendwo war ein blauer Fleck oder eine Prellung zu sehen. Das fand ich ziemlich ungewöhnlich, in Anbetracht der Tatsache, dass ich am Abend zuvor vom Pferd gestürzt war.

      Während ich mich abseifte, wurde mir noch einmal ganz deutlich klar, dass ich mit John nichts zu tun haben wollte. Die Vorstellung, die ganze Nacht neben ihm gelegen und geschlafen zu haben, ließ mich innerlich erschaudern. Noch abstoßender jedoch war der Gedanke, mit John Zärtlichkeiten auszutauschen. Er war einfach nicht mein Typ!

      Wie hatte ich es all die Jahre nur mit ihm aushalten können? Hatte ich erst vom Pferd stürzen müssen, damit mir die Augen über meinen Mann geöffnet wurden?

      Ich war verzweifelt. Wie sollte ich John in Zukunft gegenübertreten? Auf keinen Fall wollte ich eine zweite Nacht mit ihm zusammen in einem Bett schlafen!

      Seufzend schob ich die lästigen Gedanken beiseite und versuchte mich zu entspannen. Nach der Dusche fühlte ich mich dann tatsächlich wieder einigermaßen behaglich. Ich schlüpfte in den Bademantel, der neben der Dusche hing und stellte mich dann vor den Spiegel.

      Prüfend sah ich in mein Gesicht. Nichts daran kam mir fremd oder unbekannt vor, wie ich erleichtert feststellte. Das schulterlange, weizenblonde Haar, die geschwungenen Lippen, die sehr sinnlich und verführerisch aussahen, meine grünen Augen all dies war mir genauso vertraut, wie das eigene Gesicht einem nur vorkommen konnte.

      »Brenda«, murmelte ich meinen Namen. So hatte mich auch der aufregende Mann in meinem Traum genannt.

      Ich seufzte sehnsuchtsvoll, als ich nun an den Mann aus meinem Traum dachte.

      Wieso hatte ich mich nicht in einen Mann wie ihn verlieben können? Warum musste es ausgerechnet ein so unsympathischer Kerl wie Sir John Severen sein?

      »Was ist bloß los mit dir?«, fragte ich mit schwankender Stimme. »Was für eine Frau bist du gewesen? Und was hast du an diesem Sir John Severen gefunden?«

      Da klopfte plötzlich jemand an die Tür.

      Ich schrak zusammen und raffte den Bademantel vor meiner Brust zusammen.

      »Wer da?«, rief ich unbehaglich.

      »Mechthild, Madame«, erklang eine weibliche Stimme hinter der Tür. »Sir John hat mir aufgetragen, nach Ihnen zu sehen.«

      »Einen Moment bitte, Mechthild!«, rief ich. »Ich bin gleich fertig!«

      Aus einem Schrank holte ich mir frische Unterwäsche, die mir wie angegossen passte. Auch mit dem schwarzen Kleid verhielt es sich nicht anders. Es stand mir ausgezeichnet, war für meinen Geschmack allerdings ein wenig zu freizügig. Für einen Mann, den ich liebte und den ich begehrte, wäre es mir ein Vergnügen gewesen, dieses Kleid zu tragen. Doch bei dem Gedanken, in diesem verführerischen Aufzug vor Sir John hinzutreten, wurde mir ganz unbehaglich zumute.

      Ich öffnete die Tür und sah mich einer ju ngen, brünetten Frau gegenüber. Sie war etwas kleiner und wohl auch jünger als ich, trug ein schlichtes Haushälterkleid mit einer weißen Schürze und sah demütig zu Boden.

      »Guten Morgen, Mrs. Severen«, begrüßte sie mich und deutete einen Knicks an. »Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen.«

      Ich schüttelte mich innerlich. »Nennen Sie mich Brenda«, sagte ich.

      Mechthild warf mir einen verstörten Blick zu, nickte dann aber untertänig. »Wie Sie wünschen, Madame«, sagte sie. »Sir John deutete an, dass Sie krank und etwas orientierungslos sind. Ich hoffe, es ist nichts ernstes.«

      »Das hoffe ich auch«, erwiderte ich in einem plötzlichen Anflug von Sarkasmus. »Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich überhaupt je wieder gesund werden möchte. Ich könnte mich sonst an Dinge erinnern, die ich lieber für immer vergessen möchte.«

      »Wie meinen?«, fragte Mechthild verstört.

      »Schon gut«, erwiderte ich. »Zeigen Sie mir jetzt bitte das Ankleidezimmer. So etwas wird es in diesem Castle doch wohl geben. Ich möchte ein anderes Kleid anziehen. In diesem hier fühle ich mich nicht wohl.«

      »Wie Sie wünschen, Madame«, sagte Mechthild und deutete wieder einen Knicks an. Dann wandte sie sich ab und bedeutete mir, dass ich ihr folgen sollte.

      Als wir wenig später das Ankleidezimmer betraten, blieb ich einen Moment überwältigt stehen. Die antiken Schränke standen dicht an dicht. Durch ein schmales hohes Fenster fiel helles Tageslicht herein, das von einem seidigen Vorhang milde gedämpft wurde. Einige der Schranktüren standen offen. Die Schränke waren bis zum Bersten mit den nobelsten Klamotten gefüllt.

      John hatte es seiner Frau wirklich an nichts fehlen lassen. War dies vielleicht der Grund gewesen, warum ich mich mit ihm eingelassen hatte?

      Ein eiskaltes Frösteln erfasste meinen Körper. Die Vorstellung, dass ich John nur wegen seines Geldes geheiratet hatte, hatte etwas Grauenerregendes und Schreckliches an sich. Niemals würde ich mich dazu herablassen, einen Mann nur wegen seines Reichtums zu lieben!

      Entschieden schüttelte ich den Kopf. Es musste einen anderen Grund gegeben haben, warum ich John geheiratet hatte, das stand für mich unumstößlich fest.

      »Danke«, sagte ich an Mechthild gewandt. »Ich benötige Ihre Hilfe jetzt nicht mehr.«

      Mechthild deutete einen Knicks an. »Wenn Sie mit dem Ankleiden fertig sind, kommen Sie bitte in den Speisesaal, Madame. Sir John wartet dort bereits mit dem Frühstück auf Sie.«

      Mechthild wandte sich ab, blieb dann aber zögernd in der Tür stehen.

      »Was gibt es denn noch?«, fragte ich.

      »Werden Sie den Weg zum Speisesaal denn auch finden?«, erkundigte sich Mechthild.

      »Sicherlich«, erwiderte ich leichthin. »Schließlich kenne ich mich mit alten Burgen und Schlössern aus.«

      Mechthild sah mich sonderbar an. Dann machte sie einen Knicks und verschwand.

      3

      Es war tatsächlich nicht so schwer, den Speisesaal zu finden. Er befand sich im Erdgeschoss