sind es, die die Funktionalität unserer Zellen in Gesundheit und Krankheit sowie in Jugend und Alter bestimmen. Sowohl alle schädlichen Mechanismen als auch alle positiven Einflüsse auf unsere zelluläre Gesundheit setzen an einer der drei Zellkompetenzen an. Alles ergab plötzlich Sinn. Dieses entwickelte Konzept machte es für mich zum ersten Mal möglich, die gesamten Erkenntnisse, die ich und andere Wissenschaftler über die Prozesse des Alterns errungen hatten, zu systematisieren. Seither ist der zentrale Fokus meiner wissenschaftlichen Tätigkeit die angewandte Regenerationsmedizin und damit die Zellkompetenzen zu optimieren.
Legt man diese Betrachtung zugrunde, ergeben sich daraus geradezu verführerische Perspektiven, wie wir in den Alterungsprozess eingreifen könnten: Wenn das Altern auf Zellebene unter molekularer Kontrolle steht, das heißt, wenn die drei Zellkompetenzen für alle Zellen gleich gesteuert würden, dann könnte man doch durch Medikamente, durch einfache Gentherapien oder vielleicht sogar lediglich durch gezielte Ernährung diese drei Kompetenzen stärken und regenerieren!
Damit könnte – und das ist die Vision – der Alterungsprozess sozusagen an der Wurzel erreicht und eventuell verlangsamt werden. So wäre ein deutlich längerer, sogenannter »Healthspan« zu erreichen, also eine längere »Gesundheitsdauer« oder deutlich mehr gesunde Lebensjahre. Behandelt man nur die Symptome der Zellfunktionsstörungen und nicht diese Störungen selbst, dann geht das bedauerlicherweise nur mit einem längeren »Lifespan« einher. Das bedeutet zwar ebenfalls eine längere Lebensdauer. Die wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin durch altersbedingte Krankheiten belastet sein. In vielen Fällen dürften sich dann irgendwann die Alterskrankheiten häufen, eine sogenannte »Multimorbidität« eintreten, sodass ein solches Hinsiechen für viele als eine fragwürdige Errungenschaft der Altersmedizin gelten dürfte. Unsere Vision ist also: Den »Healthspan« deutlich verlängern, denn eine »Lifespan«-Ausdehnung um jeden Preis macht wenig Sinn.
Also das Übel »Altern« an der Wurzel packen! Dr. DUSCHER entwickelte hierfür eine innovative Systematik, wie alle altersbedingten Phänomene in unserem Körper zusammenhängen: die Systematik der drei Zellkompetenzen. Wie diese die Funktion, die Gesundheit, die Zuverlässigkeit unserer Zellen bestimmen, werden wir in den folgenden Kapiteln verständlich machen:
Buchteil I: Zellkompetenz Erneuerung
Buchteil II: Zellkompetenz Energieerzeugung
Buchteil III: Zellkompetenz Entgiftung
Wenn diese drei wesentlichen Zellkompetenzen mit zunehmendem Alter gestört werden oder ausfallen, dann wird die Zelle krank oder stirbt, und dann wird das Organ krank, und irgendwann stirbt dann der Mensch. Demnach könnten also sämtliche Alterungsprozesse auf die Degeneration von nur drei – allerdings hochkomplexen – Zellfunktionen zurückzuführen sein.
Zellkompetenz ERNEUERUNG
Je älter wir werden, desto weniger sind unsere Zellen in der Lage, sich zu teilen und damit Knochen, Haut, Dünndarm etc. zu erneuern. Damit lässt auch ihre Fähigkeit zur Wundheilung und die gesamte Regenerationsleistung in allen Organen nach. Manche Organe wie Nieren, Leber, Eierstöcke und Hoden schrumpfen sogar erheblich. Wenn die Reparaturleistungen der Zellen immer mehr eingeschränkt sind, erhöht sich natürlich die Gefahr, dass spontane Entgleisungen nicht mehr korrigiert werden. Dann droht Schlimmeres, zum Beispiel Krebs. Diese Probleme sind uns leider längst bekannt. Neue Erkenntnisse ranken sich allerdings um unsere Stammzellen. Altern ist zu einem maßgeblichen Teil ein Problem der Stammzellen unseres Körpers. Verlust von Stammzellen in Geweben und Verlust der Balance von Stammzellpools zugunsten weniger regenerativer Stammzelluntergruppen schwächen unsere Selbstheilungskräfte. Sind denn mit den Erkenntnissen zu dieser Altersstörung auch Forschungsideen entstanden, dem entgegenzuwirken? Dazu später mehr.
Zellkompetenz ENERGIEERZEUGUNG
Ein weiterer elementarer Funktionsverlust unserer Zellen läuft in deren Kleinstkraftwerken ab: Die Mitochondrien arbeiten zunehmend ineffizient. Wir ärgern uns über die nachlassende Leistung der Akkus unserer Smartphones: Doch Ähnliches geschieht millionenfach in unseren Mitochondrien. Diese erzeugen den universellen Energieträger unseres Körpers, der alle energieverbrauchenden Prozesse antreibt: das ATP (Adenosintriphosphat). Mitochondrien arbeiten mit molekularen Turbinen, in denen sie unter Sauerstoffverbrauch Wasserstoffionen produzieren – die dann zur ATP-Gewinnung genutzt werden. Eine geniale Mikro-Energiegewinnung!
Im Detail schauen wir uns dieses Kraftwerkwunder in späteren Kapiteln an. Hier nur so viel: Es ist heute möglich, die Effizienz der Mitochondrien exakt zu bestimmen, indem gemessen wird, wie viel ATP pro verbrauchter Sauerstoffeinheit produziert wird. Und das Ergebnis ist frappierend: Ältere Mitochondrien produzieren sage und schreibe nur halb so viel Energie wie junge. Wohlgemerkt: Sie verbrauchen jedoch genauso viel Sauerstoff!
Nun wird uns auch sonnenklar, weshalb ältere Menschen körperlich deutlich weniger belastbar sind und auch leichtere Tätigkeiten als anstrengend empfinden, weshalb sie also schneller an ihre Leistungsgrenze kommen: Abermillionen ihrer Mikrozellkraftwerke arbeiten nur noch mit halber Kraft. Neueste Forschungsarbeiten zeigen: Dieser Aspekt ist für unsere Zellgesundheit enorm wichtig. Der Funktionsverlust der Mitochondrien scheint für viele der Ausfallerscheinungen verantwortlich zu sein – und gar nicht so sehr die bösen »freien Radikale«. An diesem elementaren Vorgang – und damit am Kräfteschwund des Menschen – müsste doch zu drehen sein?! Auch dazu später mehr!
Zellkompetenz ENTGIFTUNG
Wenn wir »das Kleinste« betrachten, das das »Ganze« bestimmt, unsere Gesundheit im Alter nämlich, dann dürfte jedem, der Verdauungsprobleme oder Magen-Darm-Leiden kennt, klar sein, wie wichtig die Fähigkeit der Entgiftung ist. Die zelluläre Müllabfuhr kommt ins Stocken, wenn wir älter werden – eine Art dauerhafte Verstopfung sozusagen. Junge Zellen haben ein perfekt funktionierendes System zur Abfallbeseitigung. Alles, was an Spaltprodukten bei den vielen Stoffwechselprozessen der Zelle übrig bleibt und nicht gebraucht wird, fliegt raus und wird von Lymphe und Blut abtransportiert. Und dann eben ordentlich ausgeschieden. Ältere Zellen tun sich mit diesem geordneten Abtransport schwer. Es bleiben mehr und mehr Abfallstoffe liegen – und irgendwann sieht man sie sogar mit bloßem Auge. Diese Proteine und Fette nehmen nämlich eine bräunliche Färbung an, färben die ganze Zelle – und irgendwann ist der Altersfleck da. Sie kennen sie alle: Besonders auf Handrücken, Gesicht und Unterarm machen sie sich mit den Jahren breit. Das ist also genau genommen Müll!
Und diese Müllhalden finden wir natürlich nicht nur in der Haut. Besonders Herzmuskel-, Leber-, Nerven- und auch Sehzellen verschlacken mit den Jahren beträchtlich. Das sogenannte Alterspigment Lipofuscin ist nicht giftig – aber es wird mit der Zeit einfach zu viel. Die bräunlichen Mikroklümpchen wirken wie eine stille »Zellbesetzung«. Irgendwann geht nichts mehr, weil der zelluläre Raum verstopft. Das kann zum Absterben oder Funktionsverlust der gesamten Zelle führen – sprich: zu Einschränkung des Sehvermögens, Herzmuskelschwäche und Alzheimer. Auch hier werden wir fragen: Was weiß man genau über die zelluläre Müllabfuhr? Wie funktioniert sie im Detail, wer oder was steuert dabei – und lässt sie sich von außen, also von uns selbst, stimulieren?
So viel im Überblick über die drei Zellkompetenzen. Das neue Verständnis, dass jede einzelne Zelle sehr ähnliche Grundbedürfnisse wie unser gesamter Körper hat, stellt einen völlig neuen Ansatz in der Altersforschung dar. Jedes dieser komplexen Funktionssysteme und ihr schleichender Leistungsverlust ist bereits wissenschaftlich beschrieben. Neu ist die Systematik, dass sämtliche Alterungsprozesse auf den Verlust dieser drei normalen Funktionen zurückzuführen sein könnten. Darüber hinaus haben Dr. DUSCHER und seine Kollegen etliche weitere Forschungsergebnisse auf diesem Feld zutage gefördert und teilweise bereits Schlussfolgerungen für mögliche therapeutische Ansätze gezogen.
Eins zur Beruhigung: Alternde Zellen sind zwar die Ursache für alternde Organe, für Leistungsabfall bis hin zu Totalausfall. Doch dieser Prozess geht schleichend vor sich. Besonders deshalb spüren wir sehr lange nichts von zunehmender Organschwäche, weil unsere Organe normalerweise nicht mit voller Power