der Aussprüche und Handlungen des islamischen Propheten Mohamad hinsichtlich Aufklärung jeder Sure des heiligen Korans, so dass es jeder Mensch auch versteht. Der Singular Hadith wird für eine einzelne Überlieferung verwendet, aber auch für die Gesamtheit der Überlieferungen.
Die große Bedeutung der Hadithe (Ahādīth) im Islam ergibt sich daraus, dass die Handlungsweise (Sunna) des Propheten normativen Charakter besitzt und nach dem Koran die zweite Quelle der islamischen Normenlehre (Fiqh) darstellt. Die Hadithe (Ahādīth) gelten als das Mittel, über das sich die nachkommenden Generationen über diese Handlungsweise informieren können. Darum wird das Studium der Hadithe (Ahādīth) noch heute als einer der wichtigsten Zweige der islamischen religiösen Wissenschaften angesehen. Charakteristisch für die Form des Hadith ist sein zweiteiliger Aufbau: dem eigentlichen Text (matn) geht eine Überliefererkette (Isnād) voraus. Diese Besonderheit teilt der Hadith mit dem Chabar (خبر / Cḫabar/Deutsch: Nachricht), der über eine Kette von Gewährsleuten verbürgten „Nachricht“ über ein religiöses oder profanes Ereignis, wie sie sich in der frühislamischen Literatur findet. Der Hadith als „Nachricht“ über den Propheten Mohamad stellt eine Sonderform des Chabar dar. Manchmal wird der Begriff Chabar aber auch als gleichbedeutend mit Hadith verwendet. Ein weiterer Begriff, der Überschneidungen mit Hadith aufweist, ist Athar (أثر / aṯar / ‚Spur, Zeichen‘) mit dem Plural Āthār (ﺭﺎﺛﺁ / āṯār). Er bezeichnet vor allem Überlieferungen, die den Gefährten (Sahāba/ صحابۃ) des Propheten zugeschrieben werden und ihnen ebenfalls eine normative Bedeutung zugemessen wird. Einer der berühmten Gefährten des Propheten und Überlieferer von solchen Ahādīth war Abo Hureira. Das umfangreiche Material an Ahādīth wird von den muslimischen Religionsgelehrten (arabisch العلماء/Al-ulamā) in mannigfaltige Kategorien eingeordnet.
3.3. Klassifikationen und Überlieferer
Es gibt zirka drei Millionen Ahādīth, die vom Propheten Mohamad überliefert worden waren. Uns interessiert primär deren Klassifikationen und wollen uns an dieser Stelle nur darauf beschränken. Die bedeutendste Klassifikation ist sicherlich diejenige, die sich nach der Anzahl derjenigen Personen richtet, die den jeweiligen Hadīṯh überliefert. Üblicherweise werden in dieser Kategorie drei Arten nach Authentizität voneinander unterschieden:
1. Sahīh / صحیح / ṣaḥīḥ / ‚gesund, authentisch‘;
2. Hasan / حسن / ḥasan / ‚schön, gut‘ sind Traditionen nach dem Propheten, die sowohl inhaltlich als auch in Hinblick auf ihre Überlieferer allgemeine Akzeptanz besitzen und damit normativen Charakter in der Anwendung der Sunna, der zweiten Quelle der Jurisprudenz;
3. Daʿīf / ﻒﻴﻌﺿ / ḍaʿīf / ‚schwach‘ ist dagegen eine Tradition, die man – wie es Ahmad ibn Hanbal definiert – in der Rechtspraxis trotz ihrer zweifelhaften Authentizität in bestimmten Fällen als Sunna anwendet, bevor man auf die Analogie (Qiyās) als weitere Quelle der Jurisprudenz zurückgreift. Allerdings hat sich diese im Traditionalismus und nicht im Fiqh verwurzelte Ansicht Ibn Hanbals in der Hadithkritik nicht durchgesetzt. Denn ein „schwacher“ Hadith ist in der Jurisprudenz kein Argument (ḥuğğa). Der Hadith-Gelehrte an-Nawawī erklärte, dass man bei einem schwachen Hadith, den man ohne Isnad zitier, nicht apodiktisch sagen dürfe: „der Gottesgesandte hat gesagt“ (qāla rasūl Allāh) oder Ähnliches, sondern nur: „es wird über ihn überliefert“ (ruwiya ʿan-hu), „uns ist über ihn zu Ohren gekommen“ (balaġa-nā ʿan-hu) oder dergleichen.
Diese drei Hauptkategorien der Hadithe haben zahlreiche, von der islamischen Hadithwissenschaft nach unterschiedlichen Kriterien entwickelte und definierte Unterkategorien; die wichtigste unter ihnen ist ein hadith mutawatir / ﺮﺗﺍﻮﺘﻣ ﺚﻳﺪﺣ / ḥadīṯ mutawātir / ‚allgemein verbreiteter, von vielen zitierter Hadith‘, der als authentisch (sahih) gilt und zugleich über mehrere glaubwürdige Überliefererketten auf den Propheten Mohamad zurückgeht.
3.4. Hadīth nabawī und Hadīth qudsī
Während der überwiegende Teil der Hadithe als prophetischen (نبوي / nabawī) Ursprungs gilt, gibt es andere, denen ein unmittelbar göttlicher Ursprung zugesprochen wird. Sie werden als Hadīth Qudsī (arabisch ﻲﺳﺪﻗ ﺚﻳﺪﺣ, ḥadīṯ qudsī ‚heiliger Hadith‘) bezeichnet. Ein Hadīth Qudsī enthält die Worte Gottes nicht im Wortlaut wie im Koran, sondern nur sinngemäß und vom Propheten Mohamad weitergegeben. Ein solcher Hadith kann durch göttliche Inspiration (ilham/ ﻡﺎﻬﻟﺇ) oder durch einen Traum entstehen. Daher unterscheiden sie sich völlig von der Offenbarung (wahy/ﻲﺣﻭ ) des edlen Koran, die nur das reine Gotteswort (arabisch: kalmut Allah/ ﷲ ﺔﻤﻠﻛ) darstellt. Glaubt jemand nicht an die Offenbarung, wird er des Unglaubens beschuldigt; dies ist in Bezug auf den Hadith Qudsi nicht der Fall. Solche Hadithe dürfen übrigens im islamischen Ritualgebet nicht gesprochen werden.
3.5. Geschichte der Hadithliteratur
Hadithe wurde anfangs mündlich weitergegeben, weil nur der wahre Koran niedergeschrieben werden musste, damit diese mit dem Wort Allahs nicht vertauscht oder verwechselt werden konnten. Zwischen 680 und 692 n. Chr. gab es den ersten Isnād. Die Überlieferungen dienten wohl ursprünglich als Beispielerzählungen für ein frommes Leben nach dem Vorbild Mohamads. Eine vollständige Überliefererkette (Isnād) gewann erst nach dem zweiten Jahrhundert islamischer Zeitrechnung an Bedeutung und sollte die Authentizität des überlieferten Textes gewährleisten. Muslimische Quellen bringen die ersten Sammlungen mit dem umaiyadischen Kalifen ʿUmar ibn ʿAbd al-ʿAzīz sowie mit den beiden Gelehrten Abū Bakr ibn Hazm und Ibn Schihāb az-Zuhrī (gest. 741/2) in Verbindung. ʿUmar ibn ʿAbd al-ʿAzīz soll an Abū Bakr ibn Hazm geschrieben haben: „Schau, was uns an Hadithen des Gesandten Gottes überliefert wurde, und schreib sie auf! Denn ich fürchte, dass das Wissen schwindet und die Gelehrten aussterben. Da die Hadithe des Propheten Mohamads von Bedeutung sind, sollen die Menschen das Wissen verbreiten.
Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen trugen keine bestimmten Werktitel; man nannte sie Sahīfa („Schriftrolle“) oder Dschuzʾ („Teil, Abschnitt; kleines Heft“). Diese Sammlungen gehen zwar auf Autoritäten im ersten und zweiten muslimischen Jahrhundert (7. bis 8. Jh. n. Chr.) zurück, sind aber Abschriften, die etwa 500 Jahre später erstellt wurden. Die ältesten literarischen – d. h. außerkoranischen Schriften auf Papyrus sind erstmals durch die Publikationen von Nabia Abbott bekannt geworden. Sie reichen ins frühe 8. Jahrhundert zurück. Zu erwähnen sind auch Widerstände in der Frühgeschichte des Islam gegen die Niederschriften von Mohamads, die durch die Überlieferungskette Isnād übermittelt wurden. Zur Zeit des Traditionariers al-Qasim ibn Mohamad (gestorben 728), des Enkels von Abū Bakr, berichtete man, dass der Kalif Omar die schriftliche Fixierung des Hadith mit den Worten missbilligt haben soll: Das ist eine (schriftliche) „mathnat“. Allerdings wird überliefert, dass ʿAbdallāh ibn ʿAmr schon zu Lebzeiten des Propheten Mohamads mit dessen Erlaubnis damit anfing, seine Lehrsprüche (Überlieferungen) auch schriftlich festzuhalten.
3.6. Hadith-Sammlungen
Bezüglich der Hadith-Sammlungen wird zwischen zwei Typen unterschieden. In Sammlungen des Typs Musannaf ﻒﻨﺼﻣ / muṣannaf / ‚sortiert, klassifiziert‘ werden die Hadithe nach inhaltlichen Gesichtspunkten angeordnet. Es finden sich auch Kapitel über die rituelle Reinheit, Gebet, Pilgerfahrt, Eheschließung, Scheidung, Vertrags- und Kaufrecht usw. Einer der ersten Gelehrten, der ein solches Werk verfasste, war der mekkanische Gelehrte Ibn Dschuraidsch (gest. 748). Ein weiteres Werk des späten achten Jahrhunderts, das diesem Typ nahesteht, ist der Muwattā von Mālik ibn Anas. Weitere wichtige Werke des Musannaf-Typs verfassten im achten Jahrhundert ʿAbd ar-Razzāq ibn Hammām (gest. 827 im Jemen), Ibn Abī Schaiba (gest. 849), al-Buchārī (gest. 870) und Muslim ibn al-Haddschādsch (gest. 875).
Eine Untergruppe der Musannaf-Werke stellen die so genannten Sunan-Werke dar. Hierbei handelt es sich um Sammlungen, die besonders solche Hadithen aufführen, die sich mit den Regeln des Alltags befassen. Werke dieses Typs haben ad-Dārimī (gest. 869), Ibn Madscha (gest. 887), Abū Dāwūd as-Sidschistānī (gest. 889), at-Tirmidhī (gest. 892) und an-Nasāʾī