Walter G. Pfaus

Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien


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      Zwei Männer warteten dort. Der eine war blond, der zweite hatte gelocktes Haar.

      „Hi, Vlad!“, sagte der Blonde. Er hieß George Cannaro und war der Kopf des Trios. „Wir müssen mit dir reden.“

      „Worum geht es?“

      „Wir haben eine Leiche für dich entsorgt und hinterher so zerstückelt, dass selbst ein guter Gerichtsmediziner ein halbes Jahr braucht, ehe er das Puzzle wieder einigermaßen zusammengesetzt hat.“

      „Vorausgesetzt man findet sie überhaupt je!“, mischte sich der Lockenkopf ein.

      George Cannaro trat einen Schritt näher. „Was wir für dich getan haben, ist keine Kleinigkeit, Vlad!“

      „Ihr seid fürstlich bezahlt worden!“, gab Bykov zu bedenken. Sein Mund war ein schmaler Strich geworden. Die Stimme klirrte wie Eis.

      „Wir haben den Schmuck bekommen – aber den werden wir erst eine ganze Weile auf Eis legen müssen, bis sich das ganze Theater gelegt hat“, hielt George Cannaro dem entgegen.

      „Ihr wollt also mehr!“ Bykov zählte die Kisten. „Es fehlen zwei. Wie ich sehe, habt ihr euch schon bedient.“

      „Das reicht noch nicht ganz, Vlad“, sagte George Cannaro. „Du musst das verstehen. Schließlich bist du jetzt auch für uns ein ziemlich großes Risiko geworden.“

      Bykov taxierte, wo die drei ihre Waffen hatten. Die Kleidung der drei war an den charakteristischen Stellen ausgebeult, sodass er davon ausgehen musste, dass alle drei eine Waffe bei sich trugen.

      Wut erfasste ihn.

      Es reicht!, dachte er.

      „Die Jungs meinten, dass du vielleicht sauer reagieren könntest“, fuhr George Cannaro fort. „Ich habe ihnen gesagt, dass diese Sorge völlig unbegründet ist und du Verständnis dafür hast, dass wir auch auf unsere Kosten kommen müssen.“

      Bykov bleckte die Zähne.

      „Jeder soll bekommen, was er verdient!“, knurrte er, riss die Waffe heraus und feuerte. Georg Cannaro bekam die erste Kugel ab – begleitet vom dumpfen ‚Plop’ des Schalldämpfers.

      Der bärtige Ben Tomlin schaffte es gerade noch, seine eigene Waffe zur Hälfte herauszureißen, als ihn Bykovs Kugel in den Kopf traf.

      Nur der Lockenkopf schaffte es schnell genug, seinen Revolver in die Rechte zu bekommen.

      Er feuerte.

      Die Kugel erwischte Bykov eine Handbreit unterhalb des Schlüsselbeins. Er taumelte rückwärts, schoss dabei seine eigene Waffe ab.

      Vier Schüsse krachten aus dem Schalldämpfer heraus und ließen den Körper des Lockenkopf zuckend zu Boden gehen.

      Bykov presste eine Hand gegen die Schusswunde.

      Er fluchte auf Russisch vor sich hin.

      Eine Welle des Schmerzes durchflutete ihn.

      Jetzt wird es kompliziert!, dachte er.

      Er schleppte sich ins Freie. Ihm wurde beinahe schwarz vor Augen, bis er endlich seinen Wagen erreichte und sich stützen konnte. Er harrte einige Augenblicke lang aus, öffnete die Fahrertür und zog sich hinter das Lenkrad des Maverick.

      Bykov blickte auf den Asphalt und bemerkte, dass er eine Blutspur hinter sich hergezogen hatte.

      Er griff zu seinem Handy, schaltete es ein und wählte zitternd eine Nummer.

      „Gallesco? Hier ist Bykov! Sie müssen mir helfen! Ich brauche einen Arzt, der keine Fragen stellt und ich... denke, dass...“ Er stöhnte auf. „...Sie kriegen das hin!“

      „Sagen Sie mir, wo Sie sind“, forderte die Stimme auf der anderen Seite der Verbindung. „Dann kann ich jemanden zu Ihnen schicken, der sich um Sie kümmert!“

      39

      Bykov erwachte aus einem fiebrigen Dämmerschlaf. Er hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war. Jedenfalls schreckte er hoch und griff nach seiner Waffe. Der Schmerz pulsierte ausgehend von seiner Verwundung durch den gesamten Oberkörper.

      Bykov hatte sich die Wunde provisorisch verbunden und dazu den Inhalt des Verbandskissens geplündert. Er war auf Grund seiner Verletzung nicht besonders geschickt dabei gewesen. Verbandszeug und Heftpflaster lagen überall im Wagen verstreut herum.

      Ein Wagen war auf das Gelände von Super Cargo Inc. gefahren.

      Es handelte sich um einen Toyota.

      Er hielt an und jemand stieg aus.

      Der Mann in Leder!, durchfuhr es Bykov. Die Erinnerung daran, wie dieser Killer in St. Petersburg zugeschlagen hatte, stand ihm noch lebhaft vor Augen. Er überprüfte die Ladung seiner Waffe.

      Dann ist es also Gallesco, der hinter allem steckt!, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Gallesco räumt alle aus dem Weg, von denen er glaubt, dass sie ihn in den Strudel des Eremitage-Skandals mit hineinreißen könnten! Und wenn alles vorbei ist, will er das Geschäft allein machen... Dieser Bastard!

      Der Mann in Leder zog eine Waffe mit Schalldämpfer.

      Bykov drehte unterdessen den Zündschlüssel des Maverick herum und startete den Wagen.

      Er trat auf Gaspedal und raste auf den Mann in Leder zu. Dieser Feuerte seine Waffe auf ihn. Die Schüsse ließen die Frontscheibe des Maverick zerspringen. Bykov duckte sich.

      Er ließ den Maverick einfach vorwärts rasen.

      In letzter Sekunde musste der Mann in Leder zur Seite springen. Er rollte sich federnd auf dem Boden ab und riss erneut seine Waffe empor.

      Der Maverick knallte frontal gegen das Wellblechtor einer Lagerhalle und kam zum stehen.

      In diesem Augenblick waren aus der Ferne Polizeisirenen zu hören.

      Der Mann in Leder rappelte sich auf. Die Fahrertür des Maverick öffnete sich einen Spalt. Bykov feuerte in Richtung des Killers, konnte aber nicht richtig zielen. Er drückte immer wieder ab. Der Killer rettete sich hinter einen der beiden Mercedestransporter, die Super Cargo Inc. gehörten.

      Der Geschosshagel verebbte.

      Erst jetzt bemerkte der Killer, dass er doch etwas abbekommen hatte. Eine Kugel hatte ihn am Unterarm erwischt. Die Wunde blutete stark.

      „Verdammt!“, knurrte er und biss die Zähne zusammen.

      Der erste Einsatzwagen des Yonkers Police Department erreichte das Gelände. Ein zweiter folgte. Die Beamten sprangen heraus und zogen ihre Waffen.

      Wo kommen die denn so plötzlich her?, durchfuhr es den Killer. Aber er hatte keine zeit, darüber länger nachzudenken. Mit der Linken holte er eine Tränengasgranate aus der Jackentasche.

      Er holte aus, tauchte kurz aus seiner Deckung hervor und schleuderte sie in Richtung der Cops.