Frank Rehfeld

Krimi Jahresband 2020 - 11 Spannungsromane in einem Band!


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Waffe knatterte los.

      Ich feuerte ebenfalls, warf mich seitwärts, rollte herum und tauchte dann hinter einem umgestürzten Tisch wieder hervor.

      Aber mein Gegenüber war bereits durch die Tür des Nachbarraums verschwunden.

      Ich hörte seine schnellen Schritte.

      Mein Gegner feuerte eine MPi-Salve durch die Tür zum Nachbarraum.

      Ich rettete mich mit ein paar Sätzen neben den Türrahmen, presste mich gegen die Wand.

      Als das Feuer abebbte, tauchte ich hervor, feuerte die SIG dreimal kurz hintereinander ab und stürzte dann in den Nachbarraum.

      Die Balkontür stand offen.

      Mein Gegner war bereits draußen.

      Er trug eine Baseballkappe und eine Sonnenbrille, die aussah, als ob er sie auch zum Schweißen benutzen würde.

      Er ließ die MPi erneut losknattern.

      Ich warf mich zur Seite, rollte auf dem Boden ab.

      Glas splitterte.

      Die Projektile zerfetzten den Wandschmuck und verfehlten mich nur um Haaresbreite.

      Ich feuerte zurück, verfehlte aber. Gerade noch sah ich, wie mein Gegner sich über die Balkonbrüstung schwang.

      Dann war er verschwundden.

      Ich schnellte hoch, stürzte mit der SIG in der Faust hinaus auf den Balkon und blickte hinab.

      Der Kerl mit der Baseballkappe war nirgends zu sehen.

      Die klassischen New Yorker Feuertreppen führten auf dieser Seite des Hauses die Fassade hinunter in einen Innenhof. Der Kerl hätte mit einem Sprung vom Balkon aus eine von ihnen erreichen können. Aber es war unmöglich, dass er so schnell in den Hof hinuntergelaufen war und sich dort versteckt hatte.

      Es gab nur eine schmale Ausfahrt zur Straße, ansonsten war der Hof von allen vier Seiten durch Häuserfronten begrenzt.

      Genau unter dem Balkon befanden sich überquellende Müllcontainer, daneben ein großer Haufen von Pappkartons unterschiedlicher Größe mit der Werbeaufschrift einer großen Supermarktkette.

      "Alles klar, Murray?", hörte ich Lew.

      Er erreichte die Balkontür.

      "Mit mir ja", antwortete ich, "aber unser Mann hat sich in Luft aufgelöst!"

      Ich starrte auf den Kartonhaufen.

      Der Mann mit der Baseballmütze war vielleicht einfach hinuntergesprungen. Stuntmen benutzten solche Kartonhaufen, wenn sie zu einem Freiflug über mehrere Stockwerke ansetzten.

      Ich schwang mich jetzt ebenfalls über die Balkonbrüstung. Mit einem Sprung landete ich auf dem Absatz der Feuertreppe, der aus einem Rost bestand.

      Auf dem Rost lag ein messingfarbenes Feuerzeug. Die Initialen L.S. waren eingraviert, außerdem ein Totenkopf.

      Sah aus wie eine Sonderanfertigung. Vielleicht hatte der Kerl mit der Baseballmütze es verloren. Ich steckte es ein.

      Lew forderte unterdessen Verstärkung an.

      Sowohl unsere Leute als auch Kollegen der City Police, die sich in der Nähe befanden und schnell am Tatort sein konnten.

      Ich stürmte inzwischen die Feuertreppe hinunter.

      Ein durchdringendes, schepperndes Geräusch entstand dabei.

      Aus einem der gegenüberliegenden Fenster blickte jemand hinaus und stierte mich an.

      Verdammter Narr!, dachte ich. Wenn der Kerl mit der Baseball-Kappe noch irgendwo in der Nähe lauerte, konnte es auch für diesen Zuschauer brenzlig werden.

      Ich erreichte den Fuß der Feuertreppe, blickte mich um.

      Die SIG hielt ich schußbereit in der Rechten, den Lauf leicht nach oben gerichtet.

      Mein Instinkt meldete sich.

      Ich konnte die Gefahr geradezu körperlich spüren. Ein Geräusch ließ mich erstarren.

      Der Kerl war hier und beobachtete mich.

      Ich machte ein paar vorsichtige Schritte voran, umrundete die Container und den Kartonhaufen. Auf der anderen Seite des Innenhofs waren einige Pkw abgestellt worden. Auch dort konnte unser Mann sich verkrochen haben.

      In der Ferne hörte man die Sirenen der NYPD-Kollegen.

      Aus den Augenwinkeln heraus sah ich eine Bewegung.

      Ein Karton hob sich, ganz leicht nur.

      Einen Sekundenbruchteil später zuckte darunter etwas Rotes hervor.

      Das Mündungsfeuer einer MPi.

      Unvermittelt knatterte die Waffe los. Ich warf mich zur Seite, hechtete mich hinter einen der Container. Die Kugeln der MPi-Salve zerfetzten das Metall. Manche der Kugeln traten auf der anderen Seite des Containers wieder aus.

      Ich wartete, bis der Geschosshagel verebbte.

      Der Kerl musste in heller Panik sein. Er war in Kartons hineingesprungen, hatte sich in den Haufen regelrecht hineingegraben. Vielleicht war er auch verletzt.

      "Hier spricht Agent Deiser, FBI!", rief ich zu ihm hinüber. "Sie haben keine Chance, hier herauszukommen!

      Kommen Sie mit erhobenen Händen aus Ihrem Versteck! Sie sind verhaftet!"

      Das einzige, was unser Gegenüber tun konnte war, uns mit seiner MPi eine Weile in Atem zu halten. Aber eine Chance davonzukommen, gab es nicht.

      Lew konnte von oben schließlich alles überblicken. Und sobald sich der Mann zeigte, befand er sich im Schussfeld meines Kollegen.

      Aber wo der Komplize geblieben war, das mochte der Teufel wissen.

      Ich hörte ein Stöhnen.

      "Nicht schießen!", krächzte eine heisere Stimme.

      "Die Waffe zu uns herüber!", befahl Lew.

      Er gehorchte, arbeitete sich unter den Kartons hervor und schleuderte die MPi im hohen Bogen davon.

      Ich tauchte hinter dem Container hervor, Lew kam die Feuertreppe hinunter.

      Der Kerl mit der Baseballmütze sah bleich wie die Wand aus. Er steckte immer noch bis zur Brust in den Kartons.

      "Kommen Sie raus!", befahl ich.

      "Ich kann nicht!", rief er. "Ich bin verletzt. Mein Fuß! Ich glaub', da ist was gebrochen."

      "Wenn das ein Trick sein sollte, dann kommt er zu spät!", meinte Lew. Ein Teil seiner Worte ging im Sirenengeheul der Einsatzwagen verloren, die jetzt die enge Einfahrt zum Innenhof passierten. Zwei Chevys der City Police. Die Türen öffneten sich, die Kollegen sprangen heraus und bracten ihre Waffen in Anschlag.

      Lew arbeitete sich durch die Kartons hindurch auf den Verhafteten zu, der inzwischen die Hände gehoben hatte.

      Die Männer der City Police bildeten einen Halbkreis.

      In diesem Moment bellte ein Schuss auf.

      Ein Schrei folgte.

      Ein Ruck ging durch den Mann mit der Baseballkappe. Die Kugel hatte ihn am Kopf erwischt. Blut rann unter dem Mützenschirm hervor. Er sank in sich zusammen. Der Kopf sackte nach vorn. Die Kartons verhinderten, dass der Kerl zu Boden schlug.

      8

      Ich wirbelte herum, riss den Lauf der SIG in jene Richtung, aus der der Schuss gekommen sein musste.

      Den Rost zur Abdeckung eines Kellerfenster-Schachts hatte jemand ein Stück zur Seite.

      Zuvor war mir das nicht aufgefallen.

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