Alfred Bekker

Romantic Thriller Sommer 2020: 9 Romane um Liebe und Geheimnis


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      Sie riss sich von Kevin los, der sie an der Hand gefasst hatte. Hier irgendwo musste das kleine hilflose Tier sich noch befinden.

      Ein verhaltenes Wiehern inmitten des brüllenden Feuers führte sie auf die Spur.

      Längst war die Decke, die sie sich nass um den Körper geschlungen hatte, heiß und von sprühenden Funken angekohlt. Doch jetzt hatte sie den kleinen Pendragon gefunden und wickelte ihn in den Stoff. Dann nahm sie das Tier behutsam auf die Arme. Er war schwer, und der Rauch reizte die Frau zu würgendem Husten. Aber da waren dann noch zwei kräftige Arme, die ihr das Tier abnahmen. Eine schlanke, aber kräftige Gestalt bahnte sich vor ihr her einen Weg. Sie selbst hätte den Ausgang vermutlich gar nicht mehr gefunden.

      Flammen und Rauch versperrten die gewohnten Wege, und Maggie war mit ihren Kräften längst am Ende. Ewigkeiten schienen zu vergehen, bis die zwei Menschen mit dem Tier aus der Hölle hinaustaumelten. Zwei Feuerwehrleute bemerkten sie. Einer nahm Kevin kopfschüttelnd das Fohlen ab, und der andere führte die beiden Tierärzte heftig schimpfend zum Erste-Hilfe-Wagen.

      Als ihnen frischer, reiner Sauerstoff über die Masken zugeführt wurde, konnten beide vor lauter Husten minutenlang nicht mehr sprechen.

      Ihr Aussehen war erschreckend. Überall am Körper gab es kleinere Brandwunden, die Haare waren angesengt, und die Haut wie auch die Kleidung geschwärzt. Brandlöcher gaben Blicke auf die Haut darunter frei.

      „Was sollte das sein?“, fragte der Arzt, der die beiden betreute. „Wofür haben Sie Ihr Leben riskiert?“

      „Pferde“, keuchte Maggie stur. „Hilflose Pferde.“

      In diesem Augenblick stürzte das gesamte Stallgebäude in sich zusammen. Eine funkensprühende Feuerwalze breitete sich aus und fiel dann wieder in sich zusammen.

      Kevin, der langsam wieder selbständig Luft holen konnte, legte die Sauerstoffmaske beiseite und schaute sich um. Das Feuer im Herrenhaus war praktisch gelöscht. Das Personal lief wild durcheinander in dem Versuch Wertgegenstände zu retten oder der Feuerwehr zu helfen.

      „Wo ist eigentlich George Felton?“, fragte der Tierarzt dann schließlich.

      23

      Felton hatte wie ein Verrückter immer wieder gegen die Tür getrommelt und laut gerufen. Aber niemand schien ihn zu hören. Er wusste auch nicht, wo er sich befand.

      Doch plötzlich fiel ihm ein, dass er noch immer die Schachtel mit den Streichhölzern und die Kerze in der Tasche trug. Rasch machte er Licht und blickte sich um.

      Wo hatte Sinclair ihn eingesperrt?

      Rohe und unbehauene Wände erinnerten ihn an das Labyrinth, in dem er mit Maggie und Kevin gewesen war. Sollte Sinclair sich etwas hier unten auskennen? Konnte es vielleicht sogar möglich sein, dass der Stallmeister das Gold schon gefunden hatte?

      Aber Felton war das im Augenblick egal. Er wollte nur wieder hier hinaus.

      Im Lichtschein der Kerze untersuchte er sehr sorgfältig die Wände, und achtete dabei auch auf Ritzen oder Fugen. Doch es gab nichts, scheinbar existierte nur diese eine Ausgangstür. Niedergeschlagen und erschöpft setzte er sich nach einiger Zeit auf den Boden. Was blieb ihm schon anderes übrig als zu warten?

      Irgendwann hob er lauschend den Kopf. Waren das Sirenen, die er da ganz schwach hörte?

      Ja, du lieber Himmel, brannte es denn auf Clarion Manors?

      Erneut lief er zur Tür und trommelte dagegen. Es musste doch ganz einfach jemanden geben, der ihn hörte. Vermisste ihn denn niemand? Es konnte doch nicht sein, dass er verschwand und niemand kam auf die Idee ihn zu suchen.

      „Hört mich denn keiner?“, brüllte er noch einmal voller Verzweiflung.

      Seine Stimme klang hohl, das fiel ihm erst jetzt auf, so, als ob er sich in einer großen Halle befände.

      Das Licht der Kerze reichte natürlich nicht weit ins Dunkel nach oben, geschweige denn bis an die Decke. Er vergewisserte sich, dass er seine Streichhölzer griffbereit hatte, dann warf er die Kerze so weit nach oben wie er konnte. Dadurch bekam er einen schwachen Eindruck, wie hoch der Raum war.

      Ein raschelndes Geräusch ertönte, und wieder flog eine ganze Schar Fledermäuse wild und aufgeschreckt durch die Gegend. Die Kerze verlosch auf ihrem Weg nach unten, und Felton fluchte leise. Dann fiel ihm ein, dass Fledermäuse zumindest eine weitere Öffnung brauchten, sie konnten ebenfalls nicht durch verschlossene Türen fliegen.

      Vielleicht bestand doch noch Hoffnung.

      Der Gutsherr steckte die Kerze wieder an. Unter einem Bündel Lumpen, das in einer Ecke lag, hatte er noch etwas anderes gesehen, bevor die Kerze erloschen war. Er lief hin und warf die stinkenden Lappen beiseite, darunter kam ein Dolch zum Vorschein. Es handelte sich um ein uraltes rostiges Stück, doch es hatte ein sehr kunstvoll geschnitztes Heft und war seinerzeit sicher ein Schmuckstück gewesen.

      Das war nun besser als gar nichts. Mit neuem Mut ging er daran, die Tür zu bearbeiten, die aus uralten schweren Holzkohlen bestand.

      Auch wenn der Dolch rostig war, bestand doch die Möglichkeit mit ihm das Schloss heraushebeln zu können.

      Stunde um Stunde jedoch verging, und seine Bemühungen zeigten keinen großen Erfolg. Längst war Felton in Schweiß gebadet, und grausamer Hunger und Durst quälten ihn. Sein Mund war völlig ausgetrocknet, und die Zunge lag wie ein trockener pelziger Schwamm darin, als er endlich in seinen Bemühungen innehielt. Blasen hatten sich in den ungeschützten Händen gebildet, und Blut und Wasser hatten das Heft des Dolches verschmiert.

      Trotz aller Anstrengungen war es Felton nicht gelungen, einen entscheidenden Erfolg zu erzielen, gerade mal das Holz rund um das Schloss hatte er regelrecht angebohrt, und ein kleines Häuflein Sägemehl lag auf dem Boden.

      Aber genau das war es, was ihn schließlich auf die richtige Idee brachte. Er hatte doch die Feuerwehrsirenen gehört. Und demnach musste in der Nähe oder auf Clarion Manors ein Brand ausgebrochen sein. Da konnte er nun nichts weiter zu tun. Aber er besaß Streichhölzer, und in der Ecke lagen noch die Lumpen. Und wenn diese Tür anders nicht zu öffnen war, dann würde er sie eben verbrennen.

      24

      Als die Sonne sich erhob und ein neuer Morgen begann, brannten gerade die letzten Reste der Stallungen aus. Rauchende und schwelende Trümmer bildeten ein bizarres Puzzlespiel in den roten Strahlen der aufgehenden Sonne.

      Das Feuer im Herrenhaus war lange gelöscht, dort hatte der Brand auch nicht sehr stark gewütet. Doch die Stallungen