A. F. Morland

Wahre Wunder geschehen manchmal: Arztroman Sammelband 4 Romane


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Jana sagen, und dafür braucht mich keiner Thomas zu nennen“, stellte Tom ein für allemal klar, und dann kam Sören Härtling nach Hause, und Ottilie servierte das Mittagessen.

      Als sie den köstlichen Nachtisch verspeisten, fragte Sören Härtling seine Kinder: „Kennt ihr Stefanie Behrensen?“

      „Klar“, antwortete Tom. „Die kennt doch jeder!“

      „Ich kenne sie nicht“, sagte Josee. „Und das wagst du auch noch zuzugeben?“, wunderte sich Tom. „Das ist eine ganz große Bildungslücke!“

      „Na, dann sag schon, wer diese Steffi Behrens ist.“

      „Stefanie Behrensen“, korrigierte Tom seine Schwester.

      „Behrensen.“ Josee zuckte die schmalen Schultern. „Auch egal.“

      „Sie ist die beste, hübscheste und bekannteste Turmspringerin Deutschlands, räumt bei nationalen und internationalen Wettkämpfen regelmäßig ab, was zu gewinnen ist.“

      „Ach, die!“

      Tom grinste seine Eltern an. „Jetzt sagt sie ‘Ach, die’, damit wir glauben, sie kennt sie doch.“

      „Sicher kenne ich sie. Sie war doch erst kürzlich im Fernsehen. Ich wusste nur nicht, dass sie Steffi Behrens heißt.“ Tom verdrehte die Augen und verzichtete darauf, seine Schwester noch mal

      zu verbessern. „Was ist mit Stefanie Behrens, Vati?“, fragte er statt dessen.

      „Sie hat einen neuen Freund“, antwortete Sören Härtling.

      „Matthias Wylander?“, fragte Tom. Sören sah seinen Sohn überrascht an. „Donnerwetter, du bist aber gut informiert, Junge.“

      Tom warf sich stolz in die Brust. „Stand doch schon in allen Zeitungen, dass die beiden miteinander gehen.“

      „So? Das wusste ich nicht. Ich dachte, das wäre neu für euch.“

      „Das hat man davon, wenn man seine Kinder in die Schule schickt“, schmunzelte Jana Härtling. „Dann können sie lesen und man kann ihnen nichts Neues mehr erzählen.“

      3

      Der letzte Sprung war ihr besonders gut gelungen. Erik Frings, ihr Trainer, applaudierte, als sie auftauchte. „Bravo, Stefanie! Da gibt es wirklich nichts mehr zu korrigieren. Dieser Sprung war einfach perfekt!“

      Er trug einen glänzenden, geschmackvoll gemusterten Wylander-Jogginganzug, trat an den Schwimmbeckenrand, beugte sich zu Stefanie hinunter, reichte ihr die Hand, sie ergriff sie, und er zog sie aus dem Wasser.

      Der rote Wylander-Badeanzug schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihren schlanken, wohlgeformten Körper. Frings hängte ihr einen Frotteemantel über die Schultern.

      „Ich hätte nicht gedacht, dass du diese gute Form so lange konservieren kannst, Mädchen“, sagte der hagere Trainer begeistert. In der grellen Sonne glänzte seine Kopfhaut durch das schüttere blonde Haar.

      Als aktiver Sportler hatte er sich nie besonders hervorgetan, aber seine Leistungen als Trainer konnten sich international sehen lassen.

      Der Zweiundvierzigjährige hatte ein Auge für sportliche Talente und durfte sich rühmen, Stefanie entdeckt und zur Spitzensportlerin geformt zu haben. Die junge Frau zog nun die Badehaube vom Kopf und schüttelte die Fülle ihres dunklen Haares.

      Soeben kletterte Robert Rahner die Sprossen der Sprungturmleiter hoch. Seine Haut glänzte wie Kupfer, das Spiel seiner ausgeprägten Muskeln gefiel vor allem seinen weiblichen Fans sehr. Er war vierundzwanzig, und eine Zeitlang hatten sich er und Stefanie sehr nahe gestanden, aber dann hatte der selbstsichere Matthias Wylander ihn von Stefanies Seite verdrängt, und seither fühlte sich Robert manchmal sehr einsam.

      Auf der obersten Plattform des Sprungturms angelangt, verharrte er einen Augenblick reglos und konzentriert. Das Freibad war gut besucht.

      Es gab mehrere Bassins. Wenn Erik Frings mit seinen Schützlingen arbeitete, war das Becken unter dem Sprungturm für Badegäste gesperrt.

      Zuschauer umsäumten das Bassin. Stefanie sah zu Robert hoch. Die Sonne blendete sie, deshalb schirmte sie die Augen mit der Hand ab.

      Jetzt breitete Robert die Arme aus. Dann kam der Sprung. Abgezirkelt und genau berechnet, ohne die geringste Unsicherheit, sauste Robert mit zwei Überschlägen und einer Schraube dem Wasser entgegen.

      Auch mit seinem Sprung war Erik Frings sehr zufrieden. „Es ist das reinste Vergnügen, mit euch zu arbeiten“, lobte der Trainer begeistert, als Robert kraftvoll wie ein Delphin aus dem Bassin schnellte.

      „Seid ihr fertig?“, wollte der Bademeister wissen, und als Frings nickte, sperrte der Mann den Aufstieg des Sprungturms und gab das Becken für die Badegäste frei. Während sich Frings dann mit dem Sportarzt unterhielt, gingen Stefanie und Robert sich umziehen.

      Auf dem Weg zu den Umkleidekabinen fragte Robert: „Hast du Lust, mit mir ins Kino zu gehen?“

      „Tut mir leid, ich bin schon verabredet.“

      „Ach so.“ Robert Rahner war hörbar enttäuscht. „Mit Matthias Wylander?“

      „Ja“, nickte Stefanie.

      „Ist das was Ernstes?“

      „Von meiner Seite aus, ja“, antwortete die schöne Sportlerin.

      Robert begriff nicht, warum er Stefanie nie seine Liebe gestanden hatte. Jetzt war es dazu zu spät. Ein solches Geständnis hätte nichts mehr geändert. Er hätte sich nur lächerlich gemacht, deshalb würde es für immer sein Geheimnis bleiben, wieviel er tief in seinem Herzen für Stefanie empfand. „Wylander blickt auf eine Menge abgelegter Bräute zurück“, sagte er rau.

      „Ich weiß.“

      Er musterte sie mit einem kurzen Seitenblick. „Hast du keine Angst, auch bald dazuzugehören?“

      „Matthias sagt, er liebt mich.“

      „Das hat er mit Sicherheit allen seinen Verflossenen gesagt.“

      Stefanie sah Robert ernst an. „Du magst ihn nicht, hm?“

      „Es heißt, er ist sehr flatterhaft, man kann sich nicht auf ihn verlassen. Bisher konnte ihn noch keine Frau halten. Ich bin dein Freund, ich möchte nur dein Bestes. Und ich will auf keinen Fall, dass Matthias Wylander dir eines Tages sehr weh tut.“

      Stefanie schüttelte den Kopf. „Das wird er nicht.“

      „Was macht dich so sicher?“

      „Er sagt, er hat endlich gefunden, wonach er so lange gesucht hat.“

      Robert schlug die Augen nieder. „Wenn er dich glücklich macht, bin ich zufrieden.“

      Sie blieb stehen und legte ihm die Hand auf den Arm. Er zuckte wie unter einem Stromstoß zusammen. „Was immer passiert, Robert“, sagte sie eindringlich, „ich möchte dich als Freund nicht verlieren. “

      „Ich werde für dich dasein, wann immer du mich brauchst“, gab er feierlich zurück, dann ging er zu den Umkleidekabinen für Herren weiter, während Stefanie jene für Damen aufsuchte.