A. F. Morland

Wahre Wunder geschehen manchmal: Arztroman Sammelband 4 Romane


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      7

      Wir leben wieder!, jubelte Bibiane Wylander im Geist. Wir lieben wieder! O Gott, ich bin ja so unbeschreiblich glücklich! Ich könnte Jan vor Liebe fast erdrücken!

      „Es war so schön“, flüsterte sie selig. „So wunderschön, Jan.“

      „Für mich auch“, gab der Mann voller Zärtlichkeit zurück.

      Die dunkle Damastbettwäsche raschelte leise, als Bibiane sich aufrichtete, sich auf ihren Ellenbogen stützte und auf ihren Mann hinunterblickte. „Es hat mir so sehr gefehlt.“

      „Mir auch, aber ich hatte entsetzliche Angst davor.“ Seine Fingerkuppen berührten sachte ihre Wange. „Du warst sehr behutsam.“

      „Jetzt ist unsere Ehe wieder vollkommen“, bemerkte sie unendlich zufrieden.

      „Ja, jetzt fehlt unserer Ehe nichts mehr, ich kann sie wieder vollziehen.“ Bibiane hatte ihn wie ein rohes Ei behandelt, und es hatte geklappt. Selten hatte sie sich ihrem Mann mehr verbunden gefühlt als heute. Noch nie hatte sie intensiver gespürt, dass sie zusammengehörten.

      „Es ist himmlisch, mit dir verheiratet zu sein, Jan Wylander“, hauchte sie zufrieden.

      Er lächelte sie liebevoll an. „Womit habe ich eine so wunderbare Frau verdient?“ Sie hob schmunzelnd die Schultern und erwiderte bescheiden: „Ich bin, wie ich bin“.

      „Du bist ein Engel.“

      Sie legte sich wieder neben ihn und schmiegte ihre Wange an sein Gesicht. „ Dein Engel war ganz schön unsicher und nervös, als du nach Hause kamst.“

      „Das ist mir aufgefallen, aber ich kannte den Grund nicht.“

      „Ich wollte alles so richtig wie nur irgend möglich machen“, gestand Bibiane.

      „Das hast du getan“, bescheinigte ihr Mann ihr. „Du warst großartig.“

      „Ich wusste nicht, wie du es aufnehmen würdest, schließlich habe ich in diesen Dingen früher immer dir die Initiative überlassen.“

      „Es hat mir gefallen, dass heute du zuerst aktiv wurdest“, schmunzelte er. „Wir sollten das beibehalten.“

      „Ich war nicht sicher, ob ich es schaffen würde, über meinen Schatten zu springen.“

      „Du hast deine Aufgabe bravourös gemeistert“, sagte Jan leise. „Ich kann dir nur das allerbeste Zeugnis ausstellen. Es war sehr erfüllend für mich.“

      „Es gehört mit zum Leben. Ich bin froh, dass Dr. Härtling mir die Befürchtung, es könnte dir schaden, genommen hat. Wenn ich dieses heikle Thema nicht angeschnitten hätte...“

      „Wir wären wahrscheinlich mit der Zeit unglücklich und verbittert geworden und hätten uns mehr und mehr entfremdet“, sagte Jan nüchtern.

      „Wirst du dich einer solchen Herzgruppe anschließen?“, fragte Bibiane.

      „Ich fürchte, ich habe nicht genug Zeit dafür.“

      „Du musst sie dir nehmen“, sagte Bibiane energisch. „Es geht schließlich um deine Gesundheit.“

      „Wenn Matthias doch nur etwas mehr Interesse an der Führung unserer Unternehmen zeigen würde.“

      „Wir müssen mit ihm reden“, sagte Bibiane ernst. „Er muss dich entlasten. Dieses unverantwortliche Lotterleben, das er führt, muss endlich aufhören. So geht das nicht weiter. Wir brauchen ihn. Er ist unser einziger Sohn. Es muss ihm endlich bewusst werden, was es heißt, ein Wylander zu sein, und dass das nicht nur Rechte mit sich bringt, sondern auch mit Pflichten verbunden ist.“

      8

      Zur selben Zeit saßen Erik Frings und Robert Rahner in einem vegetarischen Restaurant, aßen leckere Getreideschnitzel und tranken alkoholfreies Bier dazu.

      „Soll ich dir mal was sagen?“,begann der hagere Trainer unvermittelt. „Matthias Wylander ist nicht gut für Stefanies sportliche Karriere.“

      Robert legte das Besteck kurz auf den Tellerrand. „Es ist zwar gegen meine Interessen, wenn ich dir widerspreche, aber ich muss es trotzdem tun: Bisher sind Stefanies Leistungen noch erstklassig.“ „Weil sie außergewöhnlich talentiert ist. Aber ihr Trainingseifer hat merklich nachgelassen. Sie arbeitet nicht mehr so hart wie früher, scheint sich , bewusst oder unbewusst, für Wylander zu schonen. Irgendwann wird das unweigerlich zu einem Nachlassen ihrer gewohnt guten Leistungen führen.“

      Robert nahm das Besteck wieder auf und aß weiter.

      „Sie ist in Gedanken zu oft bei ihm“, sagte Erik Frings kritisch. „Wie konnte es nur passieren, dass Wylander ihr so sehr den Kopf verdrehte? So gut sieht der Junge doch gar nicht aus.“

      „O doch, das tut er.“

      Frings sah sein Gegenüber erstaunt an. „Das sagst ausgerechnet du?“

      Robert Rahner hob die Schultern. „Man muss, wenn es auch schwerfällt, objektiv bleiben.“

      „Du und Stefanie, ihr wart euch eine Zeitlang doch sehr nahe.“

      Roberts Stirn umwölkte sich. „Das ist vorbei.“

      „Darf man fragen, wieso?“

      „Wylander muss wohl die besseren Trümpfe aus dem Ärmel gezogen haben“, antwortete Robert rau und trank einen Schluck alkoholfreies Bier.

      Der Trainer rümpfte die Nase. „Ich mag ihn nicht.“

      „Du kennst ihn ja kaum.“

      „Er passt nicht zu Stefanie“, behauptete Erik Frings.

      Robert grinste schief. „Die Boulevardpresse ist da aber ganz anderer Meinung.“

      „Du passt besser zu Stefanie.“

      Robert zog die Mundwinkel nach unten. „Ich bin bloß ein guter Freund.“

      „Als ihr euch noch ein bisschen mehr bedeutet habt, brauchte ich keine Angst um Stefanies Leistungen zu haben. Sie haben stets gestimmt, zwischen euch lief immer so etwas wie ein gesunder privater Wettstreit. Ihr habt euch gegenseitig unheimlich aufgeschaukelt. Einer hat den Ehrgeiz des anderen wachgehalten und ihn veranlasst, sein Allerbestes zu geben. Ihr wart nach dem Training zusammen, konntet stundenlang über euren geliebten Sport reden. Heute guckt Stefanie fortwährend auf die Uhr, bleibt keine Sekunde länger, als sie muss, und kratzt nach Trainingsschluss sofort die Kurve, um sich mit diesem reichen Schnösel zu treffen.“