A. F. Morland

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015


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Stellen des Big Apples zuschlagen.

      Milo klingelte im Erdgeschoss. Der Türöffner summte, Licht flammte im Treppenhaus auf, wir traten ein. Auf dem Treppenabsatz stand eine alte Lady mit Morgenmantel und Lockenwicklern in den Haaren. „Verzeihung, Ma′am.‟ Milo zog seine Dienstmarke. „Wir müssen ins Haus, danke fürs Aufmachen.‟

      Die Frau riss erschrocken die Augen auf. Sie wackelte zurück in ihre Wohnung. Schon auf der Treppe nach oben hörten wir ihre Sicherungsschlösser einschnappen.

      Vor der Tür im dritten Stock entsicherten wir unsere Dienstwaffen. Ich drückte auf den Klingelknopf über dem Namen „Mussawi‟.

      Schritte vor der Tür. „Wer ist da?‟ Die Männerstimme aus der Wohnung sprach ein Englisch mit hartem Akzent.

      „FBI‟, sagte ich, „wir müssten Sie mal sprechen, Mr. Mussawi.‟

      Einen Augenblick herrschte Stille hinter der Tür. „Moment bitte.‟ Dann wieder Schritte, rascher diesmal, und schließlich das Geräusch eines hastig hochgezogenen Fensters. Ein kurzer Blick meines Partners verriet mir seine Gedanken – sie deckten sich mit meinen: Mussawi versuchte über die Feuertreppe zu fliehen.

      Wir zogen unsere SIG Sauer Pistolen, traten drei Schritte zurück, und warfen uns gegen die Tür. Sie sprang sofort auf. Ein spartanisch eingerichteter Raum. Kühlschrank, Matratze, zwei Stühle, eine Herdplatte auf einer Kommode. Auf einem Tisch eine Batterie Cola-Flaschen um PC und Monitor, und eine Menge loser Blätter. Drei Fenster – eines davon hochgezogen.

      Wir stürzten ans Fenster – ein Stockwerk unter uns zwei Männer auf der Feuerleiter.

      „FBI!‟, brüllte ich. „Stehen bleiben oder wir schießen.‟ Ein Schusssalve aus einer Maschinenpistole war die eindeutige Antwort – Kugeln ratschten über den Klinker der Hausfassade, schlugen über uns in ein Fenster ein, knallten gegen die Feuertreppe und pfiffen als Querschläger durch die Abenddämmerung.

      Ich hielt dagegen. Milo zog sich ins Zimmer zurück und alarmierte über Handy die Zentrale. „Ich schneid′ ihnen den Weg ab!‟, rief er. Schon verschwand er wieder im Treppenhaus.

      Eng an die Zimmerwand gedrückt feuerte ich in den Hinterhof hinunter. Von gezielten Schüssen konnte keine Rede sein. Ich wollte die Männer aufhalten, um Zeit zu schinden für Milos Angriff.

      Die Bewegung links neben mir nahm ich aus den Augenwinkeln wahr – ich fuhr herum. Etwas knallte dumpf auf den Holzboden des Zimmers auf. An der offenen Badezimmertür ein Mann. Ich sah sein entschlossenes Gesicht, ich sah die Pistole in seiner Hand – und zog zweimal durch. Er stürzte nach hinten in die Badewanne. Jetzt erst sah ich das hässliche Ding keine zwei Schritte neben mir unter dem Tisch – eine Handgranate.

      Draußen die Maschinenpistolen der Flüchtlinge, hier drinnen Granatsplitter – mein Instinkt traf die Entscheidung. Ich warf mich über das Fensterbrett und drückte mich flach auf das Laufgitter der Nottreppe. Die Explosion hallte über die Hinterhöfe. Glas und Fensterrahmen schossen aus der Hausfassade und fielen in den Hof. Glassplitter regneten auf mich herab.

      Ich schoss einfach in den Hof hinunter, nur um die beiden Männer am Zielen zu hindern. Einen sah ich am Müllcontainer vor der Mauer zum Nachbarhof, den zweiten unten an der Feuertreppe – er hielt seine MP nach oben und jagte mir eine Salve nach der anderen entgegen.

      Die Treppe dröhnte wie eine Glocke von den Einschlägen der Geschosse. Plötzlich ein einzelner Schuss – der Mann brach zusammen. Milo hatte ihn vom Treppenhaus aus angegriffen.

      Der zweite hing schon auf der Mauerkrone. Was sollte ich tun? Einen Bewaffneten, der gerade bewiesen hatte, dass er zum Äußersten entschlossen war, entkommen lassen? Damit er irgendwo in Manhattan untertauchen und wer weiß wen massakrieren konnte? Ich musste schießen, und mir blieb keine Zeit zu zielen. Der Mann rutschte von der Mauerkrone, schlug auf dem Müllcontainer auf und blieb reglos liegen.

      Zurück ins Zimmer – zertrümmerte Möbel, Computerteile, Papiere überall verstreut. Der Mann im Bad war blutjung. Ein schwarzhaariger, dunkelhäutiger Typ. Palästinenser oder Ägypter – Orientale jedenfalls. Er hing zusammengekrümmt in der Badewanne und atmete noch. Über Handy alarmierte ich die Ambulanz.

      Als ich unten im Hof ankam, stürmten hinter mir zwei Cops ins Treppenhaus. Milo stand neben dem Müllcontainer und tastete die Halsschlagader des Mannes, der darauf lag. „Tot‟, sagte mein Partner.

      Der zweite Bursche lag bäuchlings auf dem Hof. Seine Beine hingen noch zwischen den Stufen der Feuertreppe. Auch er hatte keinen Puls mehr. Beide Männer sahen aus, als würden sie aus einem arabischen Land stammen.

      „In der Wohnung ist noch ein dritter‟, rief ich den Cops zu. „Schwer verletzt.‟ Die Uniformierten liefen die Treppen hinauf.

      Milo machte ein bekümmertes Gesicht. „Ich hörte die Explosion, und dachte: Das ist unser letzter gemeinsamer Einsatz gewesen ...‟

      „Bullshit!‟, zischte ich. „Diese Kerle sind verflucht gefährlich ...‟ Ich machte mir klar, dass der junge Mann im Bad ein Himmelfahrtskommando hatte: Er sollte uns aufhalten, um den anderen beiden die Flucht zu ermöglichen. Er wollte sein Leben opfern, um uns aufzuhalten. „Bullshit ...‟

      Milos Handy dudelte in seiner Jackentasche. „Tucker?‟ Seine Miene verdunkelte sich, während er seinem Gesprächspartner zuhörte. „Verstanden‟, sagte er. „Clive.‟ Er steckte das Handy weg. „Der Abend hat gerade erst angefangen, Partner – in einem Theater in der zweiundneunzigsten Straße will jemand einen Mann mit einer Handgranate gesehen haben. In einem vollbesetzten Theater ...‟

      4

      Sie standen vor der Wand mit dem Stadtplan. Clive Caravaggio und Jonathan McKee. Die Männer sahen sich schweigend an. Clives Kaumuskeln pulsierten. Jonathan McKee, der Chef des FBI District Offices New York City, presste die Lippen zusammen. Sein Blick war todernst.

      „Ein Araber?‟, sagte Jonathan McKee. „Hat er wirklich von einem Araber gesprochen?‟

      Clive nickte. „Wenn es stimmt, Sir ...‟, sagte er leise. „Verdammt – wenn er die Wahrheit gesagt hat ...‟

      „Von wo aus hat er angerufen?‟, wollte der SAC wissen.

      „Er hat es nicht verraten.‟ Clive strich sich mit beiden Händen über den Kopf. Die Anspannung trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. „Auch seinen Namen wollte er nicht nennen. Er muss aus einer Bar angerufen haben. Im Hintergrund lief Musik – Jazz.‟

      „Und er sprach von einer Handgranate?‟

      „Er schwor, dass der Mann eine Handgranate mit sich herumträgt. In der Manteltasche ...‟

      „Wie kann er wissen, was andere Leute in ihren Taschen haben?‟ Jonathan McKee wandte sich ab und ging langsam zum Schreibtisch von Clives Büro.

      „Fragen Sie mich etwas Leichteres, Sir ...‟

      Der SAC fuhr auf den Absätzen herum. „Würden Sie den Anrufer ernst nehmen, Clive?‟ Seine grauen Augen bohrten sich ins Gesicht des Agenten.

      Clive nickte langsam. „Seine Stimme klang ... sie klang geschockt. Und aufgeregt.‟ Er nickte energischer. „Ja, Sir – ich würde den Mann ernst nehmen.‟

      „Gut.‟