nicht den Appetit verderbe.“
„Ein Diättag kann mir nichts schaden. Hat es in Thailand Probleme gegeben? Du warst am Telefon ziemlich kurz angebunden.“
Bount berichtete, was er auf der anderen Seite der Erdkugel erlebt hatte.
June musste lachen. „Ich hätte die Augen der Halunken sehen wollen, als sie den Kies im Koffer fanden. Das muss eine herbe Enttäuschung für sie gewesen sein, nachdem sie sich schon eingebildet hatten, dich überrumpelt zu haben.“
Bount blieb ernst.
„Die Strolche haben mehrfach versucht, sich in den Besitz der Elefanten zu bringen. Sie haben Shao Ch’eng deswegen getötet, seine Tochter und mich angegriffen. Sie verloren einen Mann, und ihre Aktion in der Rikscha hatte auch keinen Erfolg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jetzt aufgeben. Es geht immerhin um eine halbe Million und nicht zuletzt um das verlorene Gesicht, das bei den Asiaten oft genug ausschließliches Motiv für ein Verbrechen ist.“
„Du fürchtest also, sie könnten dir folgen?“
Bount nickte.
„Die beiden Gangster, die mich im Hotel überfielen, kannten meinen Namen. Es wird ihnen nicht schwergefallen sein herauszufinden, woher ich gekommen bin. Vielleicht sind sie schon heute mit der ersten Maschine gelandet.“
„Aber sie wissen nicht, wo du die Elefanten aufbewahrst“, gab die Blondine zu bedenken. „Bestimmt rechnen sie nicht damit, dass du sie in deinem Büro behältst.“
„Mag sein, dass sie annehmen, ich würde sie wieder bei einer Bank deponieren. Sie können sich aber ausrechnen, dass ich das gestern Abend keinesfalls mehr erledigen konnte. Dazu war es zu spät.“
June errötete leicht, als sie sagte: „Ich verstehe, Bount. Du vermutest, dass sie unten auf der Straße warten, um dich abzufangen.“
„Zumindest wäre das denkbar. Das Unangenehme an der Sache ist, dass es sich nicht unbedingt um ein paar Asiaten handeln muss. Es ist praktisch jeder verdächtig.“
June schwieg einige Zeit, während sie an der Kaffeemaschine hantierte. In ihrem Gehirn arbeitete es.
Bount ahnte, was in ihr vorging. Deshalb zeigte er auch keine Überraschung, als sie mit ihrem Vorschlag kam.
„Mich kennen sie nicht, Bount. Ich werde die Biester aus dem Haus schaffen.“
Bount grinste.
„Falsch, Miss March! Erstens bleiben die Elefanten hier. Ich sehe keinen Grund, sie aus der Hand zu geben und sie damit unnötigerweise der Gefahr des Diebstahls auszusetzen. Vor allem aber würde dein Einsatz überhaupt nichts ändern. Die Killer würden nach wie vor auf mich lauern. Falls sich meine Befürchtung bewahrheitet, rausche ich früher oder später auf jeden Fall mit denen zusammen. Dann also schon lieber früher. Bringen wir’s hinter uns.“
„Was soll das heißen?“, fragte June erschrocken.
„Ich mache einen kleinen Spaziergang. Mit einem Aktenkoffer. Was in Bangkok gut war, wird in New York City nicht plötzlich schlecht sein.“ June wusste, dass sie Bount nicht von seinem Vorhaben abbringen konnte. Er war nicht der Mann, der sich vor seinen Gegnern versteckte und einer Gefahr aus dem Wege ging. Das tat er nur dann, wenn er dadurch das Leben eines unschuldigen Menschen nicht unnötig in Gefahr brachte. Ansonsten war er für klare Verhältnisse. Falls die Gang nach New York gekommen war, würde er sie jagen. Das musste er schon deshalb tun, weil sonst Myang ständig als Druckmittel verwendet werden konnte. Die Verbrecher brauchten sie nur in ihre Gewalt zu bringen. Dann konnten sie jede Forderung stellen. Auch die Forderung nach den acht Elefanten.
Bount trank seinen Kaffee, den June ihm hinstellte. Danach holte er einen Aktenkoffer, der nicht mehr ganz neu war. Er füllte ihn mit zwei Versandhauskatalogen und stopfte die Lücken mit zerknüllten Zeitungspapier aus.
Er prüfte seine Automatic, bevor er sie in das Schulterholster schob, und ließ eine Ersatzpistole in die Sakkotasche verschwinden.
Als er derart gerüstet das Büro verlassen wollte, summte das Telefon.
„Bount wandte sich um und bat: „Nimm du den Anruf entgegen. Ich komme in ungefähr zwei Stunden zurück.“
June nahm den Hörer ab und meldete sich. Dann stoppte sie Bount, der gerade dabei war, die Tür hinter sich zu schließen.
„Ein Commissaire aus Paris“, rief sie. „Er sagt, es würde dich bestimmt interessieren.“
Bount machte auf der Stelle kehrt und schnappte sich den Telefonhörer.
June beobachtete seinen Gesichtsausdruck, der zusehends härter wurde.
Nach vier Minuten bedankte sich Bount für den Anruf und ließ den Hörer sinken.
„War es der Polizeibeamte, der euch in Paris abgeschirmt hat?“, fragte June.
„Richtig. Er wollte mir das gerichtsmedizinische Gutachten mitteilen. Danach steht einwandfrei fest, dass Adolphe Giraque erschlagen wurde. An seinen Haaren fanden sich Lackspuren, die von dem Mordinstrument herrühren müssen, weil sie nicht aus der Küche stammen. Die Kopfwunde wurde durch einen runden Gegenstand verursacht. Also keinesfalls durch die Ecke oder Kante des Tisches, neben dem der Antiquitätenhändler lag. Das ausströmende Gas hätte ihn kaum getötet. Es gab genügend Ausweichmöglichkeiten. Möglicherweise sollte damit ein Selbstmord vorgetäuscht werden.“
„Und warum glaubt der Commissaire, dass diese Zusammenhänge dich interessieren könnten?“, wollte June wissen.
„Weil Giraque nach übereinstimmenden Zeugenaussagen keine persönlichen Feinde hatte, andererseits aber auch von seinen zum Teil wertvollen Antiquitäten nichts gestohlen wurde. Auch ein kleinerer Bargeldbetrag fand sich noch in der Ladenkasse.“
„Das ist doch kein Wunder. Der Mörder wurde durch euer Auftauchen vorzeitig vertrieben.“
Bount schüttelte den Kopf. „Bestimmt nicht. Giraque war nämlich schon seit zwei Stunden tot, als wir ihn fanden. Während dieser Zeit hätte der Täter in aller Ruhe das Geschäft ausräumen können.“
„Und was folgerst du daraus?“
„Es ist nur eine Vermutung, die ich nicht beweisen kann. Ich fürchte, der alte Mann musste wegen der Elefanten sterben.“
„Aber es konnte doch niemand wissen, dass ihr ausgerechnet zu Giraque fahren würdet, um die Sammlung schätzen zu lassen“, wandte June ein.
„Phra Kwan Ho wusste es. Ich habe es ihm gesagt.“
„Das würde bedeuten, dass der Mann, dem Shao Ch’eng vertraute, diesen nach dessen Tod betrügen will. Und dass er mit den Gangstern zusammenarbeitet.“
„Ich gebe zu, dass ich mich mit dieser Vorstellung auch nicht anfreunden kann. Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung. Phra Kwan Ho könnte von den Gangstern in die Mangel genommen worden sein, nachdem sie die Enttäuschung über den leeren Aktenkoffer überwunden hatten. Sie zwangen ihn, alles zu sagen, was er wusste. Auf diese Weise erfuhren sie von unserem geplanten Besuch bei Adolphe Giraque. Sie gaben den Auftrag nach Paris, uns bei dem Antiquitätenhändler aufzulauern und uns die Elefanten abzunehmen. Ganz klar, dass Giraque zuvor sterben musste. Natürlich rechnete niemand damit, dass wir mit Polizeischutz eintreffen würden. Als der Killer das merkte, verdrückte er sich. Vielleicht waren es auch mehrere.“
„So könnte es gewesen sein“, räumte June ein. „Warum rufst du nicht einfach Phra Kwan Ho an, um dir die Theorie bestätigen zu lassen?“
„Das werde ich auch tun. Schon deshalb, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch der Notar umgebracht wurde.“
„Oh Gott!“, stieß June hervor, fing sich aber gleich wieder und fragte: „Und wenn er noch lebt und gar keinen Besuch von den Gangstern erhalten hat?“
„Dann gehe ich davon aus, dass er ein doppeltes Spiel