lobte Bount. „Falls Phra Kwan Ho mit gezinkten Karten gespielt hat, werde ich ihm eine Falle stellen.“
14
Auf die Verbindung mit Bangkok musste Bount über eine halbe Stunde warten. Dafür lohnte sich der Anruf dann aber auch.
Phra Kwan Ho lebte. Daran gab es keinen Zweifel.
Bount hütete sich, den Notar direkt zu fragen, ob die Gangster von ihm die Information über den beabsichtigten Besuch bei dem Antiquitätenhändler in Paris erzwungen hatten. Damit hätte er den Mann gewarnt, falls dieser wirklich keine reine Weste besaß.
Er berichtete lediglich über den Tod des Händlers. Er ging davon aus, dass Phra Kwan Ho nun von sich aus erzählen würde, falls er von den Gangstern unter Druck gesetzt worden war.
Aber der Notar drückte nur sein Bedauern über den tragischen Todesfall aus und brachte ihn in keinerlei Verbindung zu den wertvollen Elefanten.
„Ich bin ja so froh, dass Sie es geschafft haben, Mr. Reiniger“, beteuerte er. „Wie geht es Myang? Hat sie den Schock einigermaßen überwunden?“
Bount beruhigte ihn und warf anschließend den Köder aus.
„Ich habe mir die Sache überlegt. Es erscheint mir doch zu riskant, eine halbe Million Dollar fast ein ganzes Jahr in meinem Büro zu lagern, zumal die Sammlung noch immer nicht versichert ist.“
„Was gedenken Sie zu tun?“ Unüberhörbares Interesse klang aus dieser Frage, obwohl das dem Notar höchst gleichgültig sein konnte. Schließlich hatte er mit den Elefanten nichts mehr zu tun, seit sie Bangkok verlassen hatten.
„Vor allem werde ich nichts überstürzen“, antwortete Bount. „Ich fürchte, dass die Strolche nur darauf warten, dass ich die Elefanten über die Straße trage. Zumindest, solange die Banken geöffnet haben.“
„Dann hätten Sie ja keine ruhige Minute mehr.“
„Ich weiß mich schon zu wehren. Wichtig ist allein, dass der Sammlung nichts geschieht. Und da gibt es einen ganz einfachen Weg. Ich vereinbare mit dem Direktor meiner Bank, dass ich ihm die Elefanten heute Abend bringe, und zwar drei Stunden nach Geschäftsschluss. Wenn er hört, um welchen Wert es sich handelt, geht er ohne Frage darauf ein. Die Gangster aber rechnen nicht damit, dass ich um diese Zeit noch mit den Elefanten unterwegs bin.“
„Genial, Mr. Reiniger“, meinte der Chinese anerkennend. Er sah nicht Bounts zusammengekniffene Augen und das spöttische Lächeln um dessen Lippen.
Bount wechselte noch ein paar höfliche Floskeln mit dem Notar, bevor er das Gespräch beendete.
Danach wandte er sich an June, die schweigend zugehört hatte: „Heute Abend werden wir es ganz genau wissen, ob Phra Kwan Ho ein Halunke ist. Er hat jetzt genügend Zeit, seine eventuellen Komplizen zu informieren. Zur angegebenen Zeit werde ich zur Bank fahren, natürlich ohne Elefanten. Wenn dann die Ratten aus ihren Löchern kommen, kennen wir zumindest einen Mann, über den wir an die übrige Gang herankommen können.“
„Demnach verzichtest du vorläufig auf deinen Spaziergang mit den Versandhauskatalogen“, vermutete June.
„Nicht ganz. Ich gehe jetzt mit einem der Tierchen zu Geoffrey Harrison.“
„Verstehe. Du legst seine Expertise der Versicherung vor. Ich finde es auch unbegreiflich, dass Shao Ch’eng seine kostbare Sammlung nicht versichern ließ.“
„Eben, und das wird schleunigst nachgeholt. Ich habe keine Lust, bis zum Dezember von Alpträumen geplagt zu werden.“
„Und wenn die Versicherungsgesellschaft verlangt, dass du die Elefanten in einen Banktresor gibst?“
„Dann tue ich es eben. Aber einzeln, Stück für Stück. Und dazu noch bei unterschiedlichen Geldinstituten. So einfach mache ich es dem Lumpenpack nicht.“
Er entnahm seinem Safe den kleinsten Elefanten der Sammlung und steckte ihn mitsamt seinem stoßsicheren Behälter in seine Hosentasche. Auf den Aktenkoffer verzichtete er trotzdem nicht. Er wollte nicht ausschließlich auf Phra Kwan Ho setzen. Vielleicht war der Chinese doch nicht in die Angelegenheit verwickelt.
Geoffrey Harrison war ein Wissenschaftler, der bis vor einem Jahr als Sachverständiger bei Gerichtsverhandlungen herangezogen worden war. Eines Tages wurde sein Name im Zusammenhang mit einem Museumsdiebstahl genannt. Er musste zwar mangels Beweisen freigesprochen werden, sein untadeliger Ruf war aber seitdem dahin.
Bount kannte den Experten seit jener Zeit. Er war es gewesen, der die Einbrecher in zwei Geschäften des Antiques Centers of America gefasst hatte. Er konnte sich Harrison als Hehler nur schwer vorstellen, wusste aber auch, dass schon die standhaftesten Leute Verlockungen erlegen waren, wenn sie nur einen entsprechend hohen Gewinn erwarten ließen.
Da Geoffrey Harrison nicht verurteilt worden war, galt er für Bount als unschuldig. Und seinen Kunstverstand konnte ihm niemand absprechen. Er war der richtige Mann für diese Aufgabe. Vor allem würde er für eine Expertise keine unverschämten Forderungen stellen.
Geoffrey Harrison wohnte in Brooklyn. Obwohl Bount etwaigen Gangstern auf der Fahrt dorthin bewusst ausreichend Gelegenheit für einen Überfall gab, ereignete sich nichts. Er erreichte unangefochten die Adresse, die ihm June aus dem Telefonbuch herausgesucht hatte.
Der Kunstsachverständige wirkte verbittert. Er erinnerte sich an den Detektiv, und die Vergangenheit stand wieder vor ihm.
„Sind Sie gekommen, um mich zu rehabilitieren, Reiniger?“, wollte er wissen.
Bount runzelte die Stirn. „Was wollen Sie, Harrison? Man hat Sie freigesprochen.“ Er wusste, dass das leere Worte waren. Ein Richterspruch und das Verhalten der Öffentlichkeit gegenüber einem einmal Verdächtigten waren zwei Paar Stiefel.
Geoffrey Harrisons Unmut verrauchte, als er spürte, dass Bount Reiniger ihm keinerlei Voreingenommenheit entgegenbrachte. Er hörte sich an, worum es ging. Seine matten Augen begannen zu leuchten.
„Acht Porzellanelefanten aus der Zeit der Tang-Dynastie?“, wiederholte er begeistert. „Eine solche Sammlung erreicht nur äußerst selten die Neue Welt. Ein Jammer, dass Sie mir nur eines der Stücke mitgebracht haben.“
„Wenn es Ihnen Freude macht, bin ich gerne bereit, Ihnen die komplette Herde in meinem Büro zu zeigen“, willigte Bount ein. „Ich hoffe jedoch, dass dieses eine Tier ausreicht, um den Wert der ganzen Sammlung abzuschätzen. Ich habe die Größe der einzelnen Stücke hier aufgeschrieben.“ Er reichte dem Wissenschaftler ein Blatt Papier mit den Daten. Auch ein Foto hatte er mitgebracht, das alle acht Porzellanelefanten zeigte.
Geoffrey Harrison holte eine starke Lupe, während Bount das Kästchen aus der Tasche zog.
Danach verstummte die Unterhaltung. Der Wissenschaftler widmete sich der Prüfung der wertvollen Probe.
Er brauchte nicht lange, bis er den Kopf hob und die Lupe aus der Hand legte.
Bount sah ihn gespannt an.
„Fünftausend“, sagte Harrison fast drohend.
Bount verstand nicht. Mit einem so hohen Preis für ein ausführliches Gutachten hatte er nicht gerechnet.
„Sie fordern fünftausend