starrte ihn an. „Aber der Koffer ist weg. Den sehen wir nie wieder.“
„Das ist wahr“, gab Bount zu. „Doch die siebzig Dollar, die er gekostet hat, kann ich verschmerzen. Im Übrigen enthält er nur ein paar Behälter mit Kies. Ich habe den Burschen einen Köder angeboten, und sie haben ihn prompt geschluckt. Wenn wir Glück haben, befinden wir uns schon in der Luft, bis sie die Pleite merken.“ Myang fiel Bount begeistert um den Hals. „Sie sind vielleicht eine Nummer! Jetzt weiß ich, warum Vater manchmal mit solcher Hochachtung von Ihnen sprach, obwohl Sie ihm das Leben ziemlich sauer gemacht haben.“
„Ihnen ist bekannt, was damals in New York passierte?“
Myang nickte. „Er hat es mir zwei Wochen vor seiner Ermordung gebeichtet. Er muss seinen Tod geahnt haben. Er bat mich, ihm seine Vergangenheit zu verzeihen. Was sollte ich sagen? Vater hatte mich immer gut behandelt, und hier in Thailand ging er auch keinen krummen Geschäften mehr nach. Sie haben ihm einen heilsamen Schock verpasst. Aber verraten Sie mir eins, Bount. Wo, um alles in der Welt, haben Sie die Elefanten versteckt?“
„Ich trage eine halbe Million bei mir am Körper. Im Panzerraum der Bank habe ich die Tiere in zuvor besorgte bruchsichere, gepolsterte Kästchen gelegt und in meinen Taschen verstaut. Die größeren Biester tragen aber ziemlich auf. Spätestens in Paris werde ich mich wieder von ihnen trennen.“
„In Paris?“
„Dort werden wir zwischenlanden. Wir haben bis zum Weiterflug vier Stunden Zeit.“
„Das ist schlecht“, fand Myang. „Was tun wir, wenn uns dort schon ein paar Killer erwarten?“
„Mich erwartet nur äußerst selten ein Killer, wenn ich in Orly ankomme“, erwiderte Bount.
„Diesmal ist es etwas anderes“, befürchtete die Chinesin. „Falls wir wirklich ungeschoren abfliegen können, werden die Gangster auf alle Fälle wenig später merken, dass sie betrogen worden sind. Einholen können sie uns dann nicht mehr, aber ein Telefonat mit den richtigen Leuten in Frankreich sorgt dafür, dass man uns ein heißes Willkommen bereitet.“
„Daran habe ich auch schon gedacht. Deshalb werde ich ebenfalls noch vom Flughafen aus einen Freund in Paris anrufen. Er ist leitender Commissaire und wird sich freuen, mir gefällig sein zu können. Er steht nämlich noch in meiner Schuld. Unter dem Schutz seiner Männer werden wir einen Kunstsachverständigen aufsuchen. Ich kenne eine gute Adresse in der Rue Clovis. Ganz in der Nähe befindet sich das Hochhaus einer Versicherungsgesellschaft. Ich werde die Sammlung für den Rest der Reise gegen Diebstahl versichern lassen. Dann brauchen wir nur noch auf uns selbst aufzupassen. Ich hätte das schon hier in Bangkok getan, aber Phra Kwan Ho riet mir von seinen Landsleuten ab. Nun ja, er kennt sie besser als ich.“
„Das ist eine gute Idee“, fand Myang. „Aber wie bringen wir den Killern bei, dass wir ihnen notfalls die Elefanten überlassen, ohne dass sie uns vorher umlegen müssen?“
„So weit wird es hoffentlich nicht kommen“, meinte Bount zuversichtlich. Er vertrat die Ansicht, dass er sich bis jetzt ganz ordentlich aus der Affäre gezogen hatte.
So sollte es, wenn es nach ihm ging, auch bleiben.
9
Vom Flughafen aus telefonierte Bount nicht nur mit Paris, sondern verständigte auch den Notar, dass sie es bis hierher geschafft hatten. Phra Kwan Ho war selbst in seiner Kanzlei. Er stotterte etwas davon, dass sein dringender Termin geplatzt sei, er es nun aber bis zum Flughafen nicht mehr schaffen würde.
Bount musste grinsen. Er wusste genau, dass das Männchen die Hosen voll hatte. Immerhin war es nicht ganz ungefährlich, zu dicht bei Bount zu stehen, falls eine Schießerei losging.
Die Idee, die Elefanten während der Zwischenlandung in Paris schätzen und versichern zu lassen, befürwortete auch Phra Kwan Ho.
„Auf die Franzosen kann man sich in dieser Beziehung viel eher verlassen“, wusste er offensichtlich aus Erfahrung, „falls man sich nicht ausgerechnet in Marseille befindet.“
Myang vertrieb sich die Wartezeit bis zum Abflug, um mit allen möglichen Freundinnen zu telefonieren.
„Ich werde mich in dem fremden New York sehr einsam fühlen“, gestand sie Bount später. „Hier in Bangkok bin ich aufgewachsen. Ich glaube, ich hätte auch hier ordentlich studieren können, aber Vater hatte sich nun einmal die Staaten in den Kopf gesetzt. Er vertrat die Ansicht, eine Ausbildung in Ihrem Land würde mir später einen Vorsprung gegenüber meinen einheimischen Mitbewerberinnen verschaffen.“
„Sie werden schnell neue Freunde finden“, versuchte Bount sie zu trösten. „Sie wissen, dass es in New York einen chinesischen Bezirk gibt.“
„Der aber nicht den besten Ruf genießt“, ergänzte Myang. „Wissen Sie, Bount, wenn ich die Sicherheit hätte, dass ich auf Ihre Freundschaft bauen kann, verließe ich meine Heimat sehr viel leichter.“
„Nun, was das betrifft, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Myang.“
Die Chinesin musterte misstrauisch jeden, der an ihnen vorbeiging.
Auch Bount war auf der Hut. Er zählte die Minuten und war erleichtert, als die Passagiere der gebuchten Maschine endlich zum Flugsteig gebeten wurden.
Die Spannung ließ aber erst nach, als sie sich in der Luft befanden und Kurs auf Europa nahmen. Er glaubte, den gefährlichsten Teil seines Auftrags überstanden zu haben.
Doch er hatte sich selten so gründlich getäuscht.
10
Jaques Cloussard lauschte ins Telefon. Er unterbrach den Anrufer nicht. Sein Gesicht mit der Adlernase und den metallgrauen Augen wirkte voll konzentriert.
Von Zeit zu Zeit machte er sich ein paar Notizen. Er würde die Angaben auswendig lernen und den Zettel anschließend verbrennen. Ein Profi wie er hinterließ nicht derart verräterische Beweismittel.
„Haben wir uns genau verstanden, Cloussard?“, wollte sein Gesprächspartner schließlich wissen.
„Oui, Monsieur. Es ist alles klar.“
„Und Sie werden nicht etwa den verkehrten Mann umlegen?“
„Wenn ich mich auf Ihre Informationen verlassen kann, wird es der richtige sein. Ich wiederhole zur Sicherheit die Daten, die Sie mir gegeben haben. Unterbrechen Sie mich, wenn etwas falsch ist.“
Diesmal hörte der Mann am anderen Ende der Leitung zu und fand keinen Grund, den Killer zu unterbrechen.