und Familienangabe, um damit für die Zukunft jeden Wappenirrtum wie Schwindel auszuschließen und es in heraldisch richtiger Form für immer festzulegen. Diese Aufnahme erfolgte kostenlos in der Annahme einer späteren Bandabnahme. Es herrscht bei vielen immer noch der aus völliger Unkenntnis der rechtsgeschichtlichen Tatsachen fließende Irrtum, daß ein Wappen nicht „echt“ sei, wenn es nicht „verliehen“ oder „alt“ sei, ferner daß eine Wappenannahme Nachäfferei des Adels sei, daß man damit den Anschein von adlig erwecken wolle usw.
Diese falsche Vorstellung hat sich dann der Wappenschwindel zunutze gemacht. Tatsache ist jedoch, wie vorher nachgewiesen, daß das Recht des freien Mannes, eine Hausmarke oder ein Wappen als sichtbares Familiensymbol anzunehmen, niemals bestritten wurde, ja in alter Zeit zum Zwecke der Unterschrift Pflicht war, ferner daß etwa 90 % aller Wappen niemals verliehen, sonder frei angenommen und geführt wurden, und daß Wappenverleihungen einst nur ein Geldgeschäft der kaiserlichen Pfalzgrafen war oder mit einer Adelsverleihung verbunden, endlich, daß viele, besonders bei alten Beamten- und Schöffenfamilien, einst sicher vorhanden gewesene Wappensiegel u. Petschaften spurlos verloren gingen in der Zeit, wo die Briefe nicht mehr zugesiegelt, sondern geklebt wurden, weshalb von da aus gesehen eine Neuannahme durchaus berechtigt erscheint. Dr. Carl Knetsch hat nachgewiesen, daß Wappenpetschaften von Beatmen zur Verhütung von Mißbrauch nach dem Tode oft vernichtet werden mußten.
Rechtslage und Rechtsschutz: Das Recht, ein eigenes Wappen als Geschlechtswappen anzunehmen, steht jedem zu. Nur darf das neue Wappen mit einem bereits bestehenden nicht genau übereinstimmen, sonst ist die Ausschließlichkeit verletzt. Auf den Rechtsschutz eines Wappens ist die Vorschrift des § 12 BGB (Namensrecht) analog anzuwenden, und zwar hinsichtlich des Wappens der Einzelperson, der adligen, der bürgerlichen als auch des Wappens einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das Wappenrecht ist wie das Namensrecht ein durch gemeines Gewohnheitsrecht anerkanntes Persönlichkeitsrecht. Es ist ein neben dem Namensrecht stehendes absolutes Recht zur Kennzeichnung der Person und Familie. Unvordenklichkeit ist als Rechtsgrund anzuerkennen. Hiernach besteht Rechtsschutz für jedes irgendwo veröffentlichtes Wappen 1) analog nach § 12 BGB, 2) nach dem Reichsgesetz vom 19. 1. 1901 betr. Urheberrecht an den Werken der Literatur und Tonkunst, wozu nach § 1, Nr. 3 auch die Abbildungen wissenschaftlicher und technischer Art gehören, die ihrem Hauptzweck nach nicht als Kunstwerke zu betrachten sind. 3) nach dem Reichsgesetz vom 9. 1. 1907 betr. Urheberrecht an Werken der bildenden Kunst und Photographie, 4) nach dem Reichsgesetz vom 12. 5. 1894 zum Schutz der Warenbezeichnung in der Fassung vom 1. 4. 1913 bei Eintragung eines Wappens als Warenzeichen. Reichsgerichtsentscheidung in RGZ Band 71, Seite 263 ff.
Quellennachweise: Aufgenommen wurde kein Wappen oder Marke ohne Quellennachweis, um stets eine Nachprüfung oder weiter zurückreichende Nachforschung zu ermöglichen. Diese Quellen sind natürlich von sehr verschiedener Art und Zuverlässigkeit. Hier muß ausdrücklich betont werden, daß bei der ungeheuren Fülle des anfallenden Stoffes und einer Mitteilung von Dritten es nicht möglich und auch nicht Aufgabe dieser erstmaligen Gesamtinventarisierung war, die angegebenen gedruckten oder handschriftlichen Quellen und Angaben auf ihren Ursprung oder ihre Richtigkeit jedesmal zu untersuchen. Dies muß den Einzelforschern überlassen bleiben, und der Verfasser und sein Nachfolger sind für jede Ergänzung und Berichtigung dankbar.
Dankbar ist er den Herren Direktoren der Staatsarchive, Stadtarchive, standesherrlichen, Gemeinde- und Pfarrarchive, daß sie die heraldische Auswertung erlaubten, sowie den verschiedenen Bearbeitern einzelner, meist städtischer Sammlungen, die aufgenommen werden konnten. Da die Quelle jedesmal angegeben ist, erübrigt sich hier eine nochmalige Aufzählung.
Das von mir verfaßte und 1944 herausgegebene Rhein-Mainische Wappenbuch war in kürzester Zeit vergriffen. Nachdem 1956 das Hessische Ortswappenbuch Doppelband 1 und 2 von mir herausgegeben wurde erscheint nun in Fortsetzung das Hessische Familienwappenbuch.
Erschöpfend ist das bis jetzt von mir gesammelte Material trotz seiner Fülle noch lange nicht. Es gibt noch zahlreiche Archive, die noch nicht oder nur teilweise heraldisch durchgearbeitet werden konnten, abgesehen von den ständig weitergehenden Neuannahmen von Wappen. Möge sich ein Bearbeiter oder eine familienkundliche Vereinigung und damit eine Art von hessischem Heroldsamt an einer zentralen Stelle finden, die das begonnene Werk sachgemäß betreuen und weiterführen. In anderen europäischen Ländern genießen solche Vereinigungen z. T. staatlichen Schutz und finanzielle Unterstützung.
Wo Familienbewußtsein lebendig ist und gepflegt wird als ein volkserhaltendes Gut, wo Familienforschung betrieben und Familiensinn vorhanden ist, ist der Wunsch nach einem alle Familienmitglieder auch sichtbar verbindendem Symbol nur natürlich. Familien desselben Namens, aber ohne blutsmäßigen Zusammenhang, gibt es viele, wo aber Familien desselben Namens auch dasselbe Wappen führen, gehören sie sofort erkennbar auch zusammen.
Wenn der Adel im Bewußtsein der hohen Bedeutung dieses Gebiet in besonderer Weise gepflegt hat, so ist dies nur anzuerkennen, aber wahrlich kein Grund, dies nicht auch selbst zu pflegen, zumal alle Volksgenossen weithin dieselben Ahnen haben. Es gibt nämlich weder eine rein adlige, noch rein bürgerliche oder bäuerliche Ahnentafel. In ihnen stehen in alter Zeit alle Stände friedlich nebeneinander.
Wir leben heute in einer Zeit, in der die große Bedeutung eines mit einem Blick zu erfassenden Symbols wieder in wachsendem Maße erkannt wird. Wort und Name sprechen niemals so eindrucksvoll und auf den ersten Blick so stark an, wie ein schlichtes, klares Sinnbild, das, auch gesetzlich geschützt, als Handelsmarke eingetragen, eindeutig eine Firma, ein Industriewerk, einen Verlag, einen Verein bezeichnet. Etwas anderes waren die alten Wappen und Marken auch nicht. Ihre durch nahezu 1000 Jahre gewordene und gewachsene Symbolsprache, ihre klaren Linien und Formen sind künstlerisch nicht zu überbieten und bleiben daher auch für die Zukunft bestes Vorbild und hohe Schule für alle Neuschöpfungen auf diesem Gebiet. „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“
Abschließend kann als Ergebnis einer erstmaligen hier gebotenen Übersicht über rd.
15 000 Marken und Wappen aller Stände und Berufe unseres Landes Hessen das gesagt werden, was sich auch sonst mit der Kultur-, Wirtschafts- und politischen Geschichte unseres deutschen Volkes in einem seiner ältesten Kulturländer deckt. Danach ist zu beobachten:
- Ein oft tragischer Wechsel von fleißigem, sieghaftem Aufstieg und oft katastrophalem Sturz, der sich gerade in den Schicksalen der Familien und Geschlechter am deutlichsten spiegelt.
- Daraus ergeben sich heute noch wie einst durchaus fließende Grenzen zwischen den verschiedenen Ständen und Volksschichten, die einst lang nicht so exklusiv waren, wie man oft meinte, verursacht durch Leistung oder Versagen, aber auch durch wirtschaftliche und kriegerische Katastrophen.
- Ein vielfach nachweisbares Hinüber- und Herüberfließen des Blutes und der Erbmasse der verschiedenen Stände vom höchsten Adel bis herunter zum Leibeigenen, biologisch oft nebenehelich, erzwungen durch starre Lehns- und Standesrechte, aber stillschweigend geduldet, ja durch Führung des Familiennamens des Vaters, freilich ohne Standesrechte, anerkannt, auch in den Wappen durch Beizeichen legitimiert, erbbiologisch aber von großer Bedeutung. Der spätere Rechtssatz, der eigentlich Unrecht ist: „La recherche de la paternité est interdite“ galt noch nicht.
- Untereinander stark versippte Beamten- und Pfarrerdynastien, die seit der Reformationszeit gerade auch in Hessen anstelle der alten Adelsgeschlechter treten und eine feste Führerschicht bilden, bei der früher meist vorhandener Kinderreichtum von großer biologischer Bedeutung ist.
- Hieraus ergibt sich die große volkserhaltende sittliche und religiöse Bedeutung der bewußten Pflege des Familiensinns als Verpflichtung und Verantwortung für die Zukunft, die in Hessen von jeher lebendig war. - So bietet das Hessische Wappenbuch weit mehr, als sein Name auf den ersten Blick vermuten läßt. Ein neues und weites Feld voll beglückender Schönheit liegt vor uns und lädt uns ein, aus der überreichen Ernte auch unser Teil einzubringen.
Besonderer Dank für die heraldische Durchsicht gebührt Herrn Hans Joachim v. Brockhusen, für die textliche Herrn Professor
Darmstadt,