Maximilian Medlitsch

Herz über ins Abenteuer


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diesem Zeitpunkt überwiegend die Ressorts Politik und Wirtschaft. Trotzdem schrieb ich einen Artikel über einen befreundeten Unternehmer, der eine gemeinnützige Initiative in Indien starten wollte. Anlass für ihn war seine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Er selbst hatte das Glück in einem Land aufzuwachsen, dessen medizinische Versorgung ihm einen operativen Eingriff ermöglichte und diese angeborene Fehlbildung behoben werden konnte. Dieses Glück haben Kinder in vielen Teilen der Welt nicht, darunter Indien, wie er mir im Rahmen des Interviews mitteilte. Für sie wollte er sich starkmachen. Ich muss vermutlich nicht darlegen, wie berührend diese Geschichte ist. Zumindest für mich persönlich, und sie ist definitiv emotionaler als der Bericht über die neuen gesetzlichen Regelungen zur gewerblichen Drohnennutzung den ich im Anschluss verfasste.

      Weitreichende Folgen sollte der Artikel bewirken, als ihn Annette Müller las. Über den befreundeten Unternehmer suchte sie den Kontakt zu mir und ich war neugierig, worauf das hinauslaufen würde. Bereits wenige Wochen nach unserem ersten Treffen berichtete sie mir von ihrem ambitionierten Vorhaben, ein Healing Camp in Indien durchzuführen. Schon früher hatte mich die Internationalität von Annette Müllers Unternehmensgruppe beeindruckt. Herausragend ist ihr Werdegang.

      Annette Müller wurde 2004 bei einem Unfall unheilbar verletzt. Durch das energetische Heilen fand sie zu neuer Lebenskraft und entwickelte ihre eigenen Heilmethoden. Auch gründete sie die erste stationäre Klinik für energetisches Heilen und die daran angeschlossene Heilerschule École San Esprit. Annette Müller gilt als Deutschlands erfolgreichste Botschafterin für das energetische Heilen und bemüht sich erfolgreich um ein Miteinander von moderner Schulmedizin und energetischem Heilen. Im September 2019 wurde sie für diesen Brückenbau mit dem Mind Change Award ausgezeichnet.

      Ihre Heilmethoden unterrichtet sie auch in englischer Sprache auf Hawaii, in Kalifornien und auf Mallorca. Doch mit einer so großen Gruppe von Heilern nach Indien zu reisen, sollte definitiv ein neuer Höhepunkt sein, selbst für Annette Müller. Als sie mich dann auch noch fragte, ob ich mitkommen wolle, um die Reise dokumentarisch zu begleiten, musste ich nicht lange überlegen. Was für eine großartige Gelegenheit! So weit weg zu fliegen und dort ein Reisetagebuch über das Wirken von 33 Heilern schreiben. Das klang doch mal spannend, wenngleich ich mir in keiner Weise vorstellen konnte, was mich erwartete.

      Ich selbst bin ja weder Geistheiler noch hatte ich je mit dem energetischen Heilen in meinem bisherigen Leben als Wirtschaftsjournalist irgendwelche Berührungspunkte gehabt und musste zunächst recherchieren, was darunter überhaupt zu verstehen war. Inzwischen bin ich absolut überzeugt, auf der Basis von Ergebnissen die ich beobachtet habe. Ich habe gesehen wie Menschen - zuvor gekrümmt und langsam laufende, über Neunzigjährige, plötzlich einen Stepptanz hinlegten und Treppen in Windeseile bestiegen. Dabei bin ich unglaublich froh, dass ein Kameramann all das Unglaubliche für einen Dokumentarfilm festgehalten hat. Niemals hätte ich ansatzweise gedacht, meine Sichtweise derart zu verändern. Ich glaube an wissenschaftliche Fakten. Doch was ist Wissenschaft eigentlich? Fragt man einen Experimentalphysiker, so wird dieser antworten: »Alles, was ich messen kann.«

      Nun, ich kann die Heilerfolge sehen und ich kann sie auch messen. Genau das hat eine Studie vor Ort gemacht, die Ergebnisse gemessen und das bisweilen mit einem sehr guten Ergebnis. Ist der Zeitpunkt also nicht mehr weit, bis energetisches Heilen auch wissenschaftlich anerkannt ist? Und sind Annette Müller, das großartige San Esprit Team und die vielen Schüler und Absolventen demnach nicht eigentlich Pioniere im Auftrag der Wissenschaft? Das wird die Geschichte in den kommenden Jahrzehnten zeigen. Solch ein Paradigmenwechsel wäre nicht der erste in der Historie der Medizin. Ich für meinen Teil konnte mir meine fundierte Meinung an den Hunderten von Heilerfolgen bilden, die ich mit eigenen Augen sah, und ich bin bei weitem kein leichtgläubiger Mensch. So ganz verstehe ich noch nicht, wie es funktioniert, aber ich weiß, dass es funktioniert.

      Doch auch jenseits dieser bewusstseinserweiternden Momente war das Healing Camp eine außerordentliche Erfahrung. Es ist eine Geschichte von 33 Helden, pardon, ich meine natürlich Heilerinnen und Heilern. Ihr selbstloser Einsatz und ihr Glaube an das Gute sind für mich wahrhaftig inspirierend, so wie dies für viele Hundert Menschen in Pondicherry lebensverändernd war. Hatte ich zunächst noch Bedenken, wie die Heiler wohl auf einen Journalisten reagieren würden, der sie auf Schritt und Tritt begleitete, nahmen sie mich ab dem ersten Tag in ihrer Mitte auf. Dafür danke ich euch! Wir haben gemeinsam Wundervolles erlebt, gelacht, geweint und an so manchem Abend zusammen getrunken und getanzt.

      Wenn ich zurückblicke, denke ich an die vielen wundervollen Gespräche, den Spaß, den wir hatten und welche Ehre es mir war, euch zu begleiten! Ihr seid unglaublich und ich danke jedem Einzelnen für die inspirierende Zeit.

       Wir Abenteurer am Flughafen

      Wie alles begann

      Seinen Anfang nimmt das ambitionierte Projekt im Mai 2016 während Annette Müller auf Mallorca amazinGRACE, ihre Methode des energetischen Heilens, in englischer Sprache unterrichtet.

      Eine Inderin, extra aus Mumbai angereist, bringt den Stein ins Rollen. Von ihren Heilerfolgen inspiriert, entsteht in ihr der Wunsch, die Heilmethode zurück nach Indien, zu den Wurzeln, zu bringen und mit zwei oder drei Heilern dort Kranke zu heilen. Als sie diesen Vorschlag Annette Müller unterbreitet, ist diese hellauf begeistert. Die San Esprit Gründerin hat seit jeher ein besonderes Verhältnis zu Indien, studierte dort die vedischen Schriften und bezeichnet den Subkontinent als ihre spirituelle Heimat. Noch am selben Abend fragt sie innerhalb ihres Netzwerks von Schülern und Absolventen an wer Interesse an einer solchen Reise hätte. Die Resonanz ist überwältigend. Innerhalb kürzester Zeit erhält sie 53 Anfragen für die Indienreise. Aus organisatorischen Gründen muss jedoch die Anzahl der Interessenten reduziert werden, denn Annette Müller weiß, dass die indische Infrastruktur den Anforderungen der Logistik nicht gewachsen ist und die unzureichenden Strukturen das Projekt gefährden können.

      Schon im Februar des darauffolgenden Jahres reiste die Gründerin von San Esprit nach Pondicherry um das Projekt vorzubereiten. Dort lernte sie Prof. Dr. Prabhat Poddar kennen. Der berühmte Architekt, der unter anderem den bekannten Oneness-Tempel in Varadaiahpalem geplant hat, bekundete seine Unterstützung. Ein wunderbarer Mentor für das Unterfangen! Vor Ort erkundete Annette Müller zunächst die Umgebung, besichtigte Hotels für die Heiler und Hallen für das Camp. Auch das Einholen erster Genehmigungen bei Ämtern und Ärzten stand auf dem eng getakteten Zeitplan der Initiatorin.

      Im Mai 2017 zeigte sich, dass das Projekt unter einem guten Stern stand. Die renommierte Wirbelsäulenexpertin Dr. med. Cordelia Schott, die zu diesem Zeitpunkt die Ausbildung absolvierte, kündigte ihre Zusammenarbeit mit Annette Müller an. Gemeinsam sollte eine Schmerzstudie während des Healing Camps durchgeführt werden, um die Wirksamkeit der amazinGRACE Methode zu erforschen.

      Inzwischen hatte auch Hollywood-Regisseur Emmanuel Itier, mit dem Annette Müller seit 2016 Filmprojekte durchführt, sein Interesse an einer dokumentarischen Filmbegleitung bekundet. Vor Ort ist Filmer Werner Dück im Einsatz, der von seiner Freundin Isabella Hayder begleitet wird. Sie und Annette Müllers Tochter, die Schauspielerin Gwenn Wunderlich alias Anya Gwenn Müller, unterstützten ihn.

      Mit dabei sind Robin Johnson, die Managerin für Annette Müllers englischsprachige Einsätze und Melanie Endres supported die Administration. Im Herbst 2017 wird das Team noch um mich als Journalisten ergänzt, der die Erlebnisse in einem Reisetagebuch festhält.

      Um einen reibungslosen Ablauf der Indienreise zu gewährleisten, reiste Annette Müller bereits am 20. Dezember 2017 nach Indien und traf abschließende Vorbereitungen. Hilfreich zur Seite stand ihr Annette Bokpe, die am 27. Dezember anreiste. Zur besseren Unterscheidung der beiden Annettes findet Annette Müllers spiritueller Name Neti Verwendung.

      Der Rest der Delegation reiste in der darauffolgenden Woche an. Offizieller Beginn des Camps war der 6. Januar 2018.

      Samstag, 30. Dezember: Ein holpriger Start

      In wenigen Tagen ist es also so weit, die große Indienreise steht an, zusammen mit den ›Heilern ohne Grenzen‹.