Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman


Скачать книгу

Es sollte von selbst kommen, was sie einander zu sagen hatten.

      »Fahren wir noch zu mir?« fragte er. »Sie sollten sehen, wie ich lebe.«

      Sie sagte sich, daß sie ihn schon bei dem Haus gesehen hatte. Es war ihr selbst rätselhaft, wie sie gerade dorthin gelangt war und war auch von der magischen Anziehungskraft überzeugt, die sie zusammengeführt hatte.

      Sein Haus sah genauso aus wie die anderen, aber als sie es betrat, konnte sie sich nicht vorstellen, daß es noch ein ähnliches Haus geben könnte.

      Es war so ungewöhnlich wie er selbst. Es hatte eine Atmosphäre, die sie atemlos machte. Bücher und Bilder beherrschten die Räume.

      Die Möbel waren Unikate, sie hatte noch nie dergleichen gesehen. Die Polstermöbel waren mit handgewebten Stoffen bezogen, und handgewebte, rustikale Teppiche lagen vereinzelt auf den schönen Fliesen.

      »Zauberhaft«, flüsterte Antonia.

      Seine Augen leuchteten auf.

      »Es freut mich, daß es Ihnen gefällt, Antonia. Ich hoffe, Sie werden oft kommen und vielleicht auch gern bleiben.«

      Er hätte gern etwas anderes gesagt, viel mehr, alles was ihn bewegte, aber er hatte Angst vor ihrer Abwehr. Er fühlte nur zu gut, daß sie eine Frau war, die überlegt handelte.

      »Sie sagten, daß Sie nicht immer hier leben.« Sie sah ihn fragend an. »Wo leben Sie sonst?«

      »Wo es mich hinzieht. Paris, London, New York. Ich habe auch schon zeitweise in München gelebt.«

      »Aber da sind wir uns nicht begegnet.«

      »Die Zeit war wohl nicht reif. Sie sind noch sehr jung.«

      »Fünfundzwanzig.«

      »Dann bin ich Ihnen zehn Jahre voraus, und zehn Jahre können unendlich lang sein. Sie halten mich hoffentlich nicht für einen Spinner.«

      »Eher für einen Philosophen, der aber noch immer nicht sein Ziel gefunden hat.«

      »Ich habe mir keins gesteckt. Wir müssen alle immer noch dazulernen, gleich wie alt wir sind. Jedenfalls sollten wir nie so vermessen sein zu glauben, alles zu wissen.« Er schloß kurz die Augen. »Ich habe einen sehr guten Wein, trinken wir auf unsere Gemeinsamkeiten?«

      Antonia nickte. Sie fühlt sich gefangen von seiner Stimme und seinem Lächeln, das ihn jetzt unglaublich anziehend machte und seinem Gesicht alle Strenge nahm.

      Es war ein zärtliches Lächeln und ließ das Blut wieder schneller durch ihre Adern strömen.

      Er schenkte den Wein in wunderschöne Gläser, und als er Antonia eines reichte, berührten seine Finger ihre Hand. Es durchfuhr sie ein elektrisierendes Kribbeln.

      »Sie sind wunderschön, Antonia«, sagte er gedankenvoll.

      »Das hat mir noch niemand gesagt.«

      »Dann hat sie noch niemand mit den richtigen Augen gesehen. Es kann doch nicht sein, daß es in Ihrem Leben noch keinen Mann gab.«

      »Es war bestimmt nicht der Richtige, wenn ich es mir auch einmal eingebildet habe.«

      Endlich gelang es ihr, in die Realität zurückzufinden und spürte, daß es ihn nachdenklich stimmte.

      »Ich bin froh, daß es nicht der Richtige war«, sagte er.

      »Sonst wäre ich wohl nicht allein hierhergekommen«, versuchte sie zu scherzen.

      »Und jetzt fragen Sie sich, wie viele Frauen es in meinem Leben gab.«

      »Sie können tatsächlich Gedanken lesen.« Es beruhigte sie, daß sie zu einem leichteren Ton gefunden hatte.

      »Ich habe tatsächlich einige kennengelernt, und einmal dachte ich auch, die richtige Frau gefunden zu haben. Das hat beinahe mein Leben zerstört. Wissen Sie, wie es ist, wenn es undurchdringlich dunkel wird und man nur den Hauch von eisiger Kälte spürt?«

      Antonia meinte, diesen Hauch plötzlich zu spüren. Ein Zittern lief durch ihren Körper. Schnell trank sie einen Schluck Wein.

      »Jetzt ist alles hell, auch wenn es draußen dunkel wird. Von Licht umflossen traten Sie in mein Leben, und ich beginne das Leben wieder zu lieben, dich zu lieben, Antonia.«

      Er legte die Hand an ihre Wange, beugte sich zu ihr und küßte sie. Dann stellte er die Gläser auf die Konsole und nahm sie in die Arme.

      »Du hast mich verzaubert«, sagte er leise und küßte sie wieder so unendlich zärtlich, daß sie seine Küsse erwiderte.

      Es war Mitternacht vorbei, als Niklas sie zum Hotel brachte. Dort ging es noch lebhaft zu, und Sergio sagte ihr, daß man sie vermißt hätte. Ob sie noch etwas essen wolle.

      Sie winkte ab. »Ich habe gegessen. Einen wunderschönen Ausflug habe ich gemacht, jetzt bin ich müde.«

      Sie bemerkte Ramona nicht, die ihr aus schmalen Augen einen giftigen Blick zuwarf.

      Sie legte sich auf ihr Bett und wollte nur noch weiterträumen.

      Am nächsten Morgen wartete Niklas schon am Strand auf sie. Leichtfüßig lief sie zu ihm, und er fing sie auf. Sie spürte das heftige Schlagen seines Herzens und seine Lippen auf ihren.

      Ihre Hände ineinander verschlingend, liefen sie in das kühle Wasser und schwammen hinaus.

      »Du und ich, das Meer und die Sonne! Ich bin glücklich«, sagte Niklas.

      »Ich auch, es ist unbeschreiblich schön.«

      »Wenn es auch nicht immer so bleiben kann«, sagte er, als sie sich im Sand niederließen, »wir können aber viel dazu tun, daß es oft so schön sein kann.«

      »Ich kann nicht immer hierbleiben, Niklas.«

      »Warum nicht?«

      »Ich habe einen Beruf und eine Wohnung in München, und ich bin es gewohnt, selbst für mich zu sorgen.«

      »Du könntest dich nicht daran gewöhnen, daß wir alles gemeinsam tun? Wir können uns einigen. Du bist creativ, du müßtest doch nicht in deinem Beruf verwurzelt bleiben.«

      »Eigentlich wollte ich das auch nicht, aber es ist nicht so einfach, die Stellung zu wechseln, und man braucht nun mal Geld zum Leben.«

      »Du wirst nichts entbehren müssen, wenn du bei mir bleibst.«

      »Ich weiß nicht, ob ich immer hier leben könnte. Es ist schön für eine Zeit, aber wir sind in gewisser Hinsicht doch verschieden. Ich liebe München.«

      »Dann können wir in München leben.«

      Soviel Nachgiebigkeit hatte sie nicht erwartet. »Du würdest dich aber hierher zurücksehnen, du fühlst dich wohl, du bist hier zu Hause. Das weiß ich, seit ich dein Haus sah.«

      »Das war, bevor ich dich kennenlernte, Antonia. Ich habe eine Zuflucht gesucht, weil ich auf der Flucht war vor mir selbst und vor einem Gespenst, das mich verfolgte und nicht loslassen wollte.«

      »Und wenn ich dich auch nicht mehr loslassen würde?«

      »Das ist etwas anderes.«

      »Das sagst du jetzt, weil alles neu ist und schön erscheint. Es ist wie ein Traum.«

      »Es ist Wirklichkeit, Antonia. Es ist die Erfüllung eines Traumes.«

      »Sie blickte ihm tief in die Augen und las darin Liebe und Sehnsucht, und sie hatte das Gefühl, daß er sie brauchte.

      »Es kann die Erfüllung sein, Niklas«, sagte sie zärtlich.

      »Ich will, daß du mir gehörst, nur mir«, sagte er und küßte sie besitzergreifend und voller Leidenschaft, daß sie nach Atem ringen mußte.

      *

      »Ja, was haben wir denn da für Turteltäubchen«, machte sich Ramona mit einem frivolen Lachen bemerkbar. Endlich hatte sie entdeckt, was sie gesucht hatte. Ungeniert