G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 3 – Western


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und macht ihm jetzt Vorwürfe. Johns grinst heimlich und wünscht Plumo die Pest, die Pocken und alle sonstigen Krankheiten an den Hals. Auf einmal haßt er ihn. Er ist immer vor Plumo gekrochen, er hat sich eingebildet, dadurch Freundlichkeiten zu ernten. Und einen Fausthieb hat er bekommen. Mit der ihm eigenen Verschlagenheit haßt er ihn von diesem Augenblick an.

      Sie reiten etwa eine Stunde, als sie auf einen schmalen, steinigen Pfad stoßen, den Räder zermahlen haben.

      Der Pfad führt nach links auf ein Waldstück zu, an dessen Rand man deutlich umgeschlagene Bäume erkennen kann – Kronen, die dort liegen.

      »Hä, da hat einer Holz gemacht«, sagt Plumo hämisch. »Muß sicher ’n Haus gebaut haben, in dem er jetzt sitzt und sich den Bauch voll Essen schlägt, wenn ich bloß an essen denke, dann…«

      Er schluckt, als wenn das beste Menü aus Dillinghams Speiserestaurant in El Paso durch seine Kehle gleiten würde. Danach flucht er über die Radfurchen und sagt, daß nur ein Idiot so über den Weg fährt. Er wäre ganz anders gefahren und überhaupt… in der Welt gäbe es nur Idioten und keine normalen Pilger.

      Bennet hat es längst aufgegeben, etwas zu sagen. Er nickt nur zu Plumos Worten, aber selbst das paßt nun Plumo nicht mehr.

      »Bist du verrückt, daß du dauernd mit deinem dürren Hals Verrenkungen machst, Mensch?«

      »Ich weiß nicht, ob ich verrückt bin, aber wenn wir nicht bald was zu essen bekommen, dann werde ich es sicher sein. Ich kannte mal einen, der hatte nichts zu essen, aber seine Partner dabei. Es ist im Winter gewesen, eine Menge Schnee; keine Möglichkeit für sie, sich was zu essen zu besorgen. Da hat er seine Partner aufgefressen!«

      »Waaas? Ist das wahr?«

      »Yes, er hieß Mike McGowan und seine Leute hat er aufgefressen – da unten in der Gegend des Lake Tahoe, ist wirklich wahr.« *)

      »Muß ’n Kerl gewesen sein, eh?« fragt Plumo und sieht sich um, stiert aus kleinen Augen auf den bleich werdenden Johns. »Ob du wohl schmek­ken würdest, Schwachsinniger?«

      Johns läuft es kalt den Rücken herunter, als er in das Gesicht Plumos blickt. Bei ihm weiß er niemals, woran er gerade ist.

      Plumo grinst und spuckt an den Rand des Weges. Der Schreck, den er auf Johns Gesicht gesehen hat, genügt ihm vollkommen. Er mag es, wenn andere sich vor ihm fürchten.

      Eine Weile kichert er und hat seinen Spaß, dann stoßen sie durch den Einschnitt eines Tales und können in das Becken unten sehen.

      Sie halten an und starren auf die Ranch herab – eine kleine Ranch, ein Haus nur und ein Stall, einige Corrals, das ist alles.

      Die Ranch sieht wie tot aus, kein Rauch kommt aus dem Schornstein.

      Einige Rinder in einem der Corrals, ein paar Pferde und ein Wagen am Stall, ein vierrädriger Kastenwagen, wie man ihn für den Transport von Holz verwendet – das ist es.

      »Siehst du was?« fragt Plumo Bennet, der die schärfsten Augen von ihnen hat. »Na, streng dich ’n bißchen an! Ist da einer?«

      »No«, erwidert Bennet nach einer Minute. »Ich seh’ nichts, die Haustür ist zu, die Stalltür auch, zu sehen ist keiner. Was machen wir?«

      »Na runterreiten, was denn sonst?«

      Plumo hat es auf einmal eilig. Er reitet in die langen Schatten der Dämmerung hinein, kommt an einigen Bäumen vorbei, die hier neben mannshoch aus dem Gras ragenden Baumstümpfen stehen und meint wegwerfend:

      »Ich sage doch, der Kerl hat keine Ahnung. Und außerdem muß er’n ganz fauler Halunke sein, hat die Bäume so richtig in bequemer Höhe abgeraspelt. Die liebe ich gerade, die zu faul sind, sich zu bücken!«

      »Dabei bist du selbst faul wie eine Beutelratte«, sagt hinten Johns so leise, daß Plumo es nicht hören kann. »Dich möchte ich mal arbeiten sehen, käme mir bestimmt vor wie auf ’nem anderen Stern. So fremd wäre mir das! Was der bloß zu meckern hat, hat doch an allem was auszusetzen!«

      Der Weg windet sich nach unten. Ein kleiner Hügel liegt noch zwischen ihnen und der Ranch.

      »Na, wenigstens kann er uns was zu essen geben«, sagt Plumo griesgrämig. »Siehst du endlich wen, Bennet?«

      »Keinen, Henry. Scheint keiner da zu sein!«

      »Um so besser! Wir werden mal nachsehen, was er so für unsere Bäuche hat!«

      Es dauert keine fünf Minuten, dann sind sie auf Rufweite heran und entdecken jetzt den Stapel Stangenholz am Stall und die behauenen Pfosten für einen Schuppen, der wohl das Heu für den Winter aufnehmen muß. Da der Mann hier Holz genug in der Nähe hatte, hat er sich auch kein Lehmbaus gebaut, wie man es vielfach in der Nähe von baumlosen Landstrichen findet. Es ist ein zwar roherbautes, aber doch sehr festes Blockhaus, das noch nicht älter als ein Jahr sein kann, wenn nicht wesentlich jünger.

      Zwischen zwei Corrals hindurch kommen sie auf das Haus zu, hören die Rinder muhen und sehen einige Pferde hinter dem Stall im nächsten Corral.

      Mitten auf dem Hof halten sie an. Plumo stützt sich auf das Horn seines schäbigen Sattels und brüllt laut:

      »He, Ranch, ist hier jemand? ­Jöhhh, ist da einer?«

      Keiner antwortet. Bennet deutet mit der Hand auf die Tür. Vor der Schwelle liegt ein Stück Holz, einfach behauen und geglättet, auf dem etwas geschrieben steht.

      »Was ist denn das?«

      »Wo? Aah, da an der Tür? Mal seh’n!«

      Plumo reitet hin, steigt ab, nimmt das Stück Brett vom Boden hoch und reicht es Bennet.

      »Lies das mal vor!«

      Er kann nur gedruckte Worte lesen und die auch nur buchstabieren, zu mehr hat sein Wissen noch nicht gereicht.

      »Bin zu Sammy und vor Mittwoch nicht zurück«, liest Bennet halblaut »Muß Rinder verkaufen!«

      »Was ist denn heute?« fragt Plumo schielend.

      »Montag, was?«

      »Ja, Montag«, meldet sich jetzt Johns von hinten. »Für wen hat er das Brett hingelegt, he?«

      »Frag ihn, wenn er kommt, Jeff. Ich weiß es nicht«, erwidert Bennet und dreht das Brett um. »He, hier steht was, Joe, ich bezahle, wenn ich zurück bin.«

      »Was will er bezahlen?«

      »Weiß ich das, Henry? Vielleicht hat er bei diesem Joe Schulden und verkauft darum seine Rinder!«

      »Kann stimmen, bist direkt mal schlau, Bennet. Also los, was stehen wir hier und starren uns an, als wären wir alle McGowan? Da drinnen ist bestimmt was zu essen, wetten?«

      »Und wenn nicht?«

      »Er hat was zu essen da zu haben, verstanden?«

      Die Tür hat nur einen Riegel und einen Stock, mit dem der Riegel gehalten wird.

      Der Pflock hängt an einem Lederriemen, Plumo macht die Tür auf und tritt in den niedrigen Bau.

      Er geht sofort in die Küche, sieht den aus Feldsteinen gemauerten Herd, der mit Lehm verschmiert ist, das einfache Regal aus Stangen dar­über, in dem einige Töpfe stehen und die Kiste neben dem Herd.

      Plumo macht wie ein Tier, das etwas wittert, einen wilden Sprung auf die Kiste zu und reißt sie auf. Er stiert aus herausquellenden Augen auf den Sack mit den Trockenpflaumen und Apfelscheiben, auf das Fett in einem Steintopf, das halbe Brot und das Mehl. In der Ecke steht ein kleines, zugebundenes Töpfchen mit Sauerteig.

      Sofort fahren Plumos Hände in die Backpflaumen, er steckt sich eine Handvoll in sein breites Gebiß und sagt kauend:

      »Mensch, das Paradies auf Erden, lauter gute Sachen. Kommt her!«

      Johns stürzt noch während seiner Worte herein, bückt sich über die Kiste und schlingt gleich darauf wie ein verhungerter Wolf.

      Plumo