Diverse Autoren

Apache Cochise Staffel 1 – Western


Скачать книгу

daß es von dieser Stelle aus keinen Weg in die Ebene gab.

      Die vergangene Nacht, den ganzen Tag war er geritten, verfolgt von Mimbrenjos, getrieben vom Verlangen, dem Armeeoberkommando seine Meldung zu überbringen.

      Nun war John Haggerty ziemlich am Ende. Durst peinigte ihn, quälender Durst und bleierne Müdigkeit. Aber er durfte sich nicht ausruhen. Sie waren ihm ganz dicht auf den Fersen.

      Vor einem Erdspalt blieb er noch einmal stehen und drehte sich suchend um. Die untergehende Sonne bestrahlte eine Klippenkette und tauchte sie in ein Blutrot. Dort oben bewegte sich etwas.

      John kniff die Augen zusammen, fixierte die Gestalt, die hell und leuchtend vor dem purpurnen Himmel stand und die Arme ausbreitete. Ein Indianer.

      Cochise!

      Betete der Jefe? Nein, er signalisierte.

      Seine Arme hoben sich, der rechte winkelte ab, der linke schlug einen Kreis. Und schließlich sah der Scout, wem Cochise Befehle übermittelte. Jenseits der Erdspalte, weit hinten vor der Basis der Mesa, ritt eine Patrouille der Army.

      Staub wallte über der reitenden Truppe, zog mit ihr, leuchtete in den Strahlen des Sonnenuntergangs. Und dieser Staub war es, der die Patrouille nicht mehr aus Cochises Klauen ließ.

      John Haggerty sondierte das Gelände. Wild, zerklüftet und zersplittert schob es sich in eine Wüstenvegetation hinein, die aus Stachelgewächsen und Riesenkakteen bestand. Die gelben und roten Blüten der Ocatillobüsche klebten wie farbige Tupfer in der monotonen Landschaft.

      Haggerty sah Cochise immer noch hoch oben auf der Klippe stehen und mit den Armen rudern.

      Aber wo waren die Mimbrenjos?

      Er zog den Henry-Stutzen aus dem Scabbard, tätschelte dem erschöpften Wallach den Hals und entsicherte das Gewehr.

      Hier konnte er nicht weiter. Der Erdspalt war mindestens drei Yards breit und 350 Fuß tief. John mußte zurück, um sich einen anderen Abstieg zu suchen. Und das wiederum ging nicht, weil ihm die Mimbrenjos den Weg versperrten.

      Die Patrouille im Westen war verschwunden. Von Cochise sah John nichts mehr. Nur der ewig wehende Wind jaulte und warf Sand und

      Tumbleweed gegen die Dragoons. Langsam verlöschte das rote Himmelslicht.

      John zerrte sein müdes Pferd weiter, das entsicherte Gewehr in der Armbeuge. Er behielt die Richtung nach Westen bei und blickte sich immer wieder um, um nach den Mimbrenjos Ausschau zu halten. Nach einer Viertelstunde geriet er in ein verwirrendes Labyrinth aus mächtigen Felsbrocken, die sich wie Türme aufeinanderstapelten. Speerdornbüsche und Manzanitas wuchsen in den Spalten. John musterte die wirre Ansammlung von Felsen und stacheliger Vegetation.

      Sie bot Schutz vor der anbrechenden Nacht und den Mimbrenjos. Kurz entschlossen bahnte er sich einen Weg in das Innere der Felsenburg. Seltsam, der Weg führte plötzlich abwärts. John zögerte einige Sekunden lang, dann ging er langsam weiter.

      Der Wallach hinter ihm schnaubte leise, aber unwillig. John wußte, was dem Tier fehlte.

      »Sei still«, sagte er. »Ich habe genauso Durst wie du.«

      Es ging abwärts. Zerklüftete, zerrissene Wände strebten seitlich empor. Der Boden der finsteren Klamm war geborsten. Handbreite Spalten klafften, ließen Mann und Pferd stolpern. Die Echos seiner Schritte und die der klirrenden Eisen des Pferdes schallten wie Hammerschläge auf einem Amboß.

      Der große Mann, der sein Pferd führte, war allein in dieser abgeschiedenen Ecke der Welt, wo die Einsamkeit schon manchen Weißen in den Wahnsinn getrieben hatte.

      Schüsse!

      Unvermittelt blieb der Scout stehen. Eine ganze Salve donnerte und brachte die Wände des natürlichen Kamins zum Zittern. Sand rieselte. Nagetiere huschten zu Johns Füßen und verkrochen sich ängstlich quietschend. Wieder eine Salve, die in sporadisch gelenktes Gewehrfeuer überging.

      Der Scout wußte, was die Knallerei zu bedeuten hatte. Cochise griff die Patrouille an, die sich heftig wehrte.

      Und er wußte noch etwas. Wenn er weiter in die Tiefe kam, würde er mitten in das Kampfgeschehen hineinplatzen.

      Der Wind sprang um, wurde kälter, hüllte Roß und Reiter erbarmungslos in beißenden Staub. Die Nacht brach an, und bis der Mond aufging, würde es sehr dunkel werden. John mußte weiter, der Patrouille zu Hilfe eilen. Heftig zerrte er am Zügel, aber das Pferd blieb störrisch und wollte keinen Schritt mehr machen. Vielleicht hatte es auch Angst vor dem steil nach unten führenden Weg und vor dem Schießen.

      John zwang ihm seinen Willen auf, zog es förmlich. Es war dämmerig, als er auf die breite Schlucht stieß, die in die Wüste hinausführte, und der wehende scharfkörnige Sand griff mit rauhen Fingern nach ihm. Die Hufe des Wallachs schlugen gegen den Fels und hallten durch den Abend wie die Glocken einer Kathedrale.

      Ununterbrochen krachten Gewehr- und Pistolenschüsse. Vorn im Canyon sah John Rauch. Etwas brannte. Die schwarzhaarigen Teufel hatten mit ihren Brandpfeilen irgend etwas in Flammen gesetzt.

      John ließ das bockende Pferd stehen und rannte weiter. Vor der Kehre verhielt er, um sich zu orientieren. Hinter der Krümmung breitete sich der Canyon zu einem ovalen Rund aus. Trockene Büsche und verdorrte Kakteen brannten lichterloh und schickten einen beißenden Rauch zum Himmel.

      Mitten in einer Insel aus Steinen und klobigen Felsen hatte sich die Patrouille verschanzt. Sie schoß, was die Läufe hergaben.

      Aber auf was schossen die Soldaten?

      Kein Apache war zu sehen, nichts rührte sich im Dickicht an den Canyonwänden. Trotzdem: die Uniformierten waren eingeschlossen und konnten weder vorwärts noch rückwärts. Ihre Pferde steilten und wieherten aus Angst.

      Wieder krachte es, als wäre der Weltuntergang angebrochen. Vereinzelte Schreie hallten herüber. Und dann brandete ein Geheul auf, daß es John eiskalt über den Rücken rieselte.

      Von allen Seiten brachen graue Gestalten wie Dämonen aus einem unbekannten Reich über die Soldaten herein. Messer blitzten, Pfeile schwirrten, fanden ihre Ziele, löschten Leben aus.

      In wenigen Minuten war alles vorbei. John Haggerty, den das Entsetzen gepackt hatte, lag hinter dem Stacheldickicht und starrte ungläubig auf das tanzende, schreiende Hölleninferno, das sich vor dem brennenden Hintergrund abspielte.

      Und dann floh er, die Angst einer möglichen Entdeckung im Nacken.

      *

      Sein Pferd stolperte vor Schwäche. John sprang ab, nahm die Feldflasche vom Sattelhorn und schüttelte sie. Eine Handvoll brackigen Wassers, mehr nicht. Er setzte seinen Feldhut ab, schüttete das Wasser in die Krone und ließ das Pferd saufen.

      »So, mein Alter, mehr kann ich nicht für dich tun. Nur noch fünf Meilen, die mußt du aushalten.«

      Der Wallach warf den Kopf in die Höhe, blähte die Nüstern. Das bißchen Feuchtigkeit hatte ihn sichtlich belebt. Dann schnaubte er warnend.

      John wirbelte herum – und stand wie versteinert.

      Keine halbe Meile vor ihm schnellte eine sechsspännig gezogene Postkutsche der Butterfield Overland aus einem Canyon und folgte einem unsichtbaren Weg. Schüsse fielen. Der Fahrer hieb mit der langen Peitsche unermüdlich auf die Gäule ein, um das Letzte aus ihnen herauszuholen. Auf dem Bock schoß der Begleitmann – grimmig, in Panik. Schuß auf Schuß fegte in den dichtgeschossenen Pulk verfolgender Apachen.

      Allen Rothäuten voran preschte ein hochgewachsener Indianer in der traditionellen Wüstenkleidung der Chiricahuas.

      Cochise.

      Hinter ihm ritt Naiche, sein zweiter Sohn, auf einem Pony, das Gewehr in der freien Hand.

      Aus dieser Distanz sah es aus, als folgte dem Jefe ein zweiter Cochise, so groß war die Ähnlichkeit zwischen den beiden Apachen.

      Der Braune an Johns Seite wieherte leise. Ahnte er, was sich dort von abzuspielen begann? Das grelle Kriegsgeschrei