will. Hör zu!«
»Ich bin ganz Ohr. Schieß los, Boß!«
»Wir hatten in der letzten Zeit ’ne Menge Pech, El. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, daß der Gouverneur von Arizona zwei US-Deputys in diese Gegend geschickt hat oder noch schicken wird. Es wird am besten sein, wenn wir uns für eine Weile ruhig verhalten.
Ich sehe die Sache für uns weiterhin günstig, nachdem wir einen zweiten Zugang zu unserem Versteck gefunden haben. Wir sind fast unangreifbar geworden. Wird der Druck eventueller Angreifer zu groß, ziehen wir uns über den Fluchtweg zurück und greifen sie dann von hinten an. Aber soweit sind wir nicht. Was meinst du zu meiner Idee?«
Wash zuckte mit der Schulter.
»Du spielst auf Miller an, wie?«
»Möglich. Ein Spitzel war er auf jeden Fall. Ich könnte mir denken, daß die Armee ihn auf uns angesetzt hat. Schwamm drüber. Möglicherweise ist er tot, von den Apachen ins Jenseits geschickt worden. Ich warte immer noch auf deine Antwort.«
Wash sagte zurückhaltend: »Du bist der Boß, Hank. Ich frage mich nur, wie wir das vielleicht mehrere Wochen lang aushalten sollen. Die Männer wollen essen, trinken und rauchen, und auf den Whisky können sie auch nicht lange verzichten.«
»Dafür wird gesorgt«, erklärte Doolin mit einer abschließenden Handbewegung. »Wir beide reiten in den nächsten Tagen nach Santa Magdalena und verproviantieren uns für ungefähr zehn Wochen. Ich denke, daß es richtig ist, wenn wir vorläufig nichts unternehmen. Die Armee wird annehmen, daß die Bande, die das Land unsicher machte, von den Apachen erledigt wurde. Irgendwann finden sie bestimmt die Reste unserer Freunde aus dem Galiuro.«
»Du meinst…«
»Genau. Wenn alles wieder ruhig geworden ist, legen wir wieder los, geben uns aber von nun an mit den Indianern nicht ab.«
Elvis Wash warf einen zweifelnden Blick auf Doolin. Er hielt den Mann für feige, deshalb wollte es ihm nicht in den Kopf, daß sich der Boß zu etwas anderem herablassen könnte, als Indianer zu berauben.
»Wie sollen unsere künftigen Geschäfte denn aussehen?«
Doolin sagte: »Wir haben jetzt freie Bahn und keine Konkurrenz mehr zu befürchten. Den Tresoren in den Banken und den Postkutschen der Overland-Mail ist es egal, wer die überfällt und ausraubt. Ich hoffe, die Jungs werden mit meinem Vorschlag einverstanden sein.«
»Bestimmt. Aber sind wir nicht ein paar Mann zuwenig für diese Geschäfte, Hank?«
»Daran habe ich schon gedacht. Wenn es soweit ist, sehen wir uns nach einigen guten Leuten um, denen der Revolver locker sitzt, und die auch kräftig hinlangen können, wenn es erforderlich werden sollte. Aber das hat noch Zeit. Unnötige Fresser können wir uns jetzt nicht leisten.«
»Klingt gut«, sagte Wash und rieb sich die Nase. »Kann ich es schon den Jungs sagen?«
»Nichts dagegen einzuwenden. Wenn der eine oder andere von euch in die Stadt reitet, dann verhaltet euch ruhig, und fangt keinen Streit an. Es ist ratsam, daß wir uns vollkommen zurückhalten, um so glaubhafter wird das, was ich der Armee schmackhaft machen möchte. Rede mit den Jungs.«
Wash stand auf, äugte sehnsüchtig nach dem Schrank, aber Doolin machte keine Anstalten, ihn zu einem Drink einzuladen. Mit einem entsagenden Achselzucken verließ Wash die Hütte.
*
Cochise rief die Sippenführer und Unterhäuptlinge des Apachenvolkes zu sich, um sie mit der neuen Lage vertraut zu machen. Die darauffolgende Nacht war dazu ausersehen worden, ein großes Palaver abzuhalten.
Der Mond war am Abnehmen und sandte nur wenig Licht in die Canyons der Chiricahua Mountains. Naretana, Cochises Bruder, der die Sippe der Netdahe vertrat, traf als erster ein. Ihm folgte eine Stunde später Victorio, der eine Gruppe Mimbrenjos führte. Chato und Loco, die Jüngsten unter den Häuptlingen, zogen mit einem Trupp Krieger noch vor Mitternacht in das einsame Bergtal.
Tizwin wurde verteilt, wie dies bei den Stämmen üblich war, seit sie bis in die Sierra Madre in Sonora vorgedrungen waren und dort Ausweichstützpunkte errichtet hatten. Von den Yaquis hatten sie gelernt, aus Pflanzen berauschende Getränke herzustellen.
Ein großes Feuer brannte in der Talmitte. Dunkel hoben sich die Jacales von den beinahe senkrecht aufsteigenden Felswänden ab. Die Augen der Krieger waren auf Cochises Lippen gerichtet, der ihnen von seiner Begegnung mit dem weißen Gereral berichtete.
Unberührt von dem, was sie dachten, verzog sich keine Miene in ihren breiten bronzefarbenden Gesichtern. Als Cochise fertig war, standen sie wie stumme Götzenfiguren in einer antiken Arena. Sie warteten auf das, was ihre Sippenführer zu sagen hatten.
Auch Cochise wartete. Er blickte Naretana an, dann Naiche, schließlich die ganze Runde. Stille. Chato stand auf. Als einer der jüngsten Häuptlinge wandte er sich zuerst an Victorio, der die Mimbrenjos führte.
»Friede, koh Cheez, wo Krieg sein sollte. Friede, den niemand von uns will. Glaubst du, die Pferdesoldaten werden ihn auch nur einen Tag lang einhalten?«
Das Murmeln in der Runde bestärkte ihn in der Annahme, daß die Krieger am Aufstand beteiligter Stämme ebenfalls keinen Frieden wollten. Er fuhr fort:
»Sie werden uns in Sicherheit wiegen, mehr und immer mehr Weiße in unser Land lassen und ihre Forts ausbauen. Und warum wird das so sein? Weil Friede ist. Kein Apache wird diesen Frieden brechen, wenn er keinen Grund hierzu hat. Und diesen Grund werden die Pferdesoldaten nicht geben.«
Das beifällige Murmeln wurde lauter. Victorio, der grimmig dreinblickende Häuptling der Mimbrenjos, nickte zustimmend.
Chato warf sich in Positur, trat einen Schritt vor und wies mit der Hand auf den sitzenden Cochise.
»Du hast Frieden beschlossen, Jefe, wir aber wollen den Krieg. Wir wollen ihn, weil wir nicht glauben, daß die Weißen sich an das Wort des Häuptlings der Pferdesoldaten halten. Sie dringen mit jedem Tag weiter in unser Land vor und vertreiben uns von den Quellen und dem fruchtbaren Boden, der uns von unseren Vätern vererbt wurde.
Weiße Männer wühlen die Erde auf, um das silberne und goldene Metall zu suchen. Sie treiben Stollen in die Berge, leiten die Wasseradern ab, weil sie das Wasser zum Auswaschen des Gesteins benötigen.
Wir gehen dem Untergang entgegen, wenn wir nicht kämpfen, wir alle – Mimbrenjos, Chiricahuas, Aravaipas, Tontos – sind so gut wie tot, wenn wir die Waffen aus der Hand legen und dem Wort eines Weißen vertrauen.«
»How!« ging es durch die Runde.
»How!« sagte Victorio. Loco nickte.
Cochise hätte sich wohl anders verhalten, wenn er gewußt hätte, daß zwei Paar helle Augen dem Palaver vom Canyonrand hoch oben zusahen. Er stand auf, streckte wie beschwörend den rechten Arm aus und ließ diese Pose einen Augenblick lang auf die Krieger einwirken. Dann sagte er mit lauter, klarer und deutlicher Stimme, jeder Zoll ein Fürst, jedes Wort ein königliches Wort:
»Welche Quellen nahmen sie uns weg, Chato? Nenne sie mir. Wo liegen sie, welchen Nutzen haben die Stämme der Apachen von ihnen?« Chato trat noch einen weiteren Schritt vor den Ring reglos dastehender Krieger.
»Die Quellen am Apache-Paß, Cochise. Es sind die Quellen der Chiricahuas, sie gehören ihnen, seit wir als Volk denken können, und sie sind für alle Stämme lebenswichtig, die den Paß passieren.«
»Unmöglich! Wer will das tun?«
»Weiße, Cochise. Bleichgesichter, die ein Haus für ihre Pferde und Kutschen dort bauen.«
»Ich lasse deine Angaben nachprüfen, Chato«, versprach Cochise und wandte sich Yadalanh, seinem jüngsten Neffen, zu. »Reite«, sagte er leise, »und berichte mir so schnell wie möglich!«
Ohne eine Miene zu verziehen drängte sich der junge Krieger durch die unbewegliche Mauer der anderen und verschwand in der Dunkelheit. Cochise sprach wieder, und seine Worte bewiesen, daß er nicht nur ein guter Krieger,