Inge Patsch

Mich in meinem Leben finden


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geraten wir meistens dann, wenn wir ein bestimmtes Ziel unbedingt erreichen wollen und übersehen, dass es nicht damit getan ist, ein Rezept oder eine Norm zu befolgen.

      Wahrzunehmen ist etwas völlig anderes als zu reflektieren. Es geht nicht ständig um ein seelisches Pulsfühlen, z. B. durch das Ziehen einer Engelskarte, die mir sagen soll, wie es mir geht. Wahrnehmen wäre einfach, wenn man sich Zeit nimmt und sich selbst fragt: Was fühle ich jetzt? Was denke ich jetzt? Wofür tue ich das, was ich gerade tue? Diese drei Fragen sind subjektiv, und die Antworten können unser Vertrauen ins Leben und in uns selbst stärken. Bei diesen Fragen geht es nicht darum, eine Vorschrift zu befolgen oder das zu denken und zu tun, was man soll. In vielen Bereichen unserer Gesellschaft haben wir die Sprache verloren, welche unser Empfinden beschreibt. Wir sollten viel mehr darüber reden und lernen zuzuhören, ohne sofort eine Lösung parat haben zu wollen. Vorerst geht es dabei um das Interesse an der Tiefendimension des Lebens.

      Geschichte zur Inspiration

      Meine Mutter hat mir für die Bewältigung meines Lebens eine stattliche Anzahl von „Wenn-dann-Strategien“ mit auf den Weg gegeben. Das war in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine durchaus gängige Erziehung. Im Falle meiner Mutter war die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten noch nicht sehr lange vorbei, und das Befolgen von Normen hat das Leben meiner Mutter geprägt. Das Wichtigste war: „Sei brav und mach uns keine Sorgen!“ Unter Bravsein habe ich verstanden, dass ich für die gute Stimmung in der Familie verantwortlich war, und „Keine Sorgen machen“ brachte ich mit guten Schulnoten in Verbindung. Beides nahm ich sehr ernst und dies hatte einerseits den Vorteil, dass ich sehr früh lernte, was Verzicht bedeutet und was arbeiten heißt. Der Nachteil dieser Erziehung lag im mangelnden Bewusstsein von Freiheit. Als Kind konnte ich meine Meinung nicht äußern, weil sie nicht der Weltanschauung meiner Mutter entsprochen hat. Diese innere Zwickmühle löste ich manchmal mit kreativen Lügen auf, um z. B. wenigstens hie und da ins Kino gehen zu können. Die Kinokarte bezahlte der Vater einer Schulfreundin, doch mein Bravsein ging so weit, dass ich während des Films gegangen bin, weil ich nicht riskieren wollte, zu spät nach Hause zu kommen. Mit 17 Jahren war ich Mitglied eines Jugendchores, der in der Kirche sang. Zweimal jährlich gab es Ausflugswochenenden, um neue Lieder zu lernen. Einmal fiel das Chorwochenende auf den 1. November. Die Teilnahme war an mein Versprechen gebunden, am Allerheiligentag um 14.00 Uhr pünktlich beim Familiengrab zu sein. Das Singwochenende hat damals auf einer Almhütte stattgefunden, und ich musste allein durch den Wald gehen und mit dem Zug nach Hause fahren. Ich hatte nicht den Mut, nicht am Friedhof zu erscheinen. Bei diesem übermäßigen Bravsein war ich zugleich traurig und wütend, dass ich nicht bei meinen Freunden sein konnte, und beim Lügen hatte ich ein schlechtes Gewissen. Meistens habe ich gefolgt, damit die Stimmung meiner Mutter nicht in eine tagelange Eiszeit ausartete.

      Innere Spurensuche

      Was fühle ich jetzt?

      Was denke ich jetzt?

      Wofür tue ich das, was ich gerade tue?

      Viktor E. Frankl und Ignatius von Loyola als Wegweiser

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      Viktor E. Frankl unterscheidet zwischen soziologischem, biologischem und psychologischem Schicksal. Die Familie, in die ich hineingeboren wurde, betrifft mein soziologisches Schicksal. Da es Dinge gab, die nicht zu verändern waren, hatte ich in meiner Jugend nicht besonders viele Wahlmöglichkeiten. Vielleicht ist daraus die Sehnsucht entstanden, mich in meinem Leben zu finden. Freiheit mit der Verantwortung zu verbinden, wofür es sich zu leben lohnt, gehört für mich zu den höchsten Werten in meinem Leben.

      8Frankl, Ärztliche Seelsorge, 151.

      9Ignatius, Geistliche Übungen, 62.

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