Susan Schwartz

Perry Rhodan 3078: Pluto


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frisch, genau so, wie Obyn sich das Ambiente einer Oase vorstellte, die man nicht vor Augen sehen konnte – würzig, leicht scharf, klar, duftend.

      Während Khyarat zusammenräumte und das, was am Morgen nicht mehr gebraucht würde, schon in dem Sandgleiter verstaute, prüfte Obyn ihren gebundenen Kopfschutz, schlug dann die Kapuze über und schob den Gesichtsschutz bis zu den Augen hoch. Das Wüstengewand hatte eine perfekte Klimatisierung – es kühlte bei Tage und wärmte bei Nacht. Sie kauerte sich bequem hin; in ihrem Alter legte sie sich nicht mehr hin, sondern schlief halb im Sitzen. Khyarat, der es sich ihr gegenüber auf der anderen Seite des Feuers gemütlich machte, hielt es genauso. Seine Schlusslider waren bereits geschlossen.

      Obyn betrachtete noch eine Weile träumend den Himmel. Das ewige Glühen des Horizonts zwischen den Dünenfeldern war tröstlich, es versprach einen hellen neuen Tag.

      Der große Byo und der kleinere Kleyco gingen soeben auf, ein seltenes Schauspiel, dass sie gleichzeitig die Nacht durchwanderten. Kleyco ließ Byo bald hinter sich, ein silbrig schimmernder Punkt, der es immer eilig hatte. Byo war gut zu erkennen, eher bläulich und zeigte geheimnisvolle dunkle Flecken, die wie Symbole aussahen.

      Die Wissenschaftler hatten schon vor langer Zeit errechnet, dass Yenren rund war und nicht nur um sich selbst, sondern auch um Yomira kreiste, so wie Byo und Kleyco um Yenren als Trabanten reisten. Daraus war die Zeitrechnung entstanden, die nach wie vor gültig war, eine ziemlich exakte mathematische Formel.

      Obyn überlegte, dass die Distanz zu den beiden Trabanten dort oben das ausmachte, was zwischen ihr und ihrem Volk stand. Der Gedanke gefiel ihr besser als diese unüberwindliche Wand, von der sie bisher immer ausgegangen war, so hauchdünn und sogar gläsern sie auch sein mochte.

      Khyarat war bewusst, dass Obyn auf der Suche nach sich selbst war, denn warum sonst sollte man eine derart seltsame Reise unternehmen? Doch er stellte nie Fragen – weil er Angst vor den Antworten hatte.

      Er hielt sich an das Sprichwort: Wer sich in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen, hört Dinge, die ihm nicht gefallen.

      Khyarat wusste, dass es so sein würde.

      Und Obyn schwieg aus Rücksicht, wie immer.

      Es wird bald eine große Veränderung geben, dachte sie besorgt. Wenn es zur Berührung kommt.

      2.

      19,9 Sekunden

      Das Hotel ruhte auf vier Säulen und schillerte gläsern. Es spiegelte das Blau des Großen Goshunsees und sah selbst aus wie ein riesiger, flacher Wassertropfen. Über das geschwungene Dach schienen ständig leichte Wellen zu laufen.

      Ob es eine optische Täuschung oder tatsächlich ein realer Effekt war, konnte Perry Rhodan nicht einschätzen, während er mit einem Gleiter zum Landeplatz des Hotels am Ufer flog.

      »Nett«, sagte seine Enkelin Farye Sepheroa. Sie saß zwischen Sichu Dorksteiger und Donn Yaradua; sehr viel näher bei ihm, wie Rhodan auffiel. Der Okrill Phylax befand sich neben Donn und blieb – wie stets in der Nähe des Mutanten – ruhig.

      »Die Residentin hat Humor, dass sie uns ausgerechnet dort einquartiert«, ergänzte Farye.

      »Hm?«, machte Donn. »Habe ich was verpasst?«

      »Hast du. Den Namen des Hotels. Großadministrator.«

      »Und?«

      »Wenn du so willst«, sagte Rhodan, »war das mein erster Job nach der Landung auf dem Mond.«

      »Klingt martialisch«, kommentierte Iwán/Iwa Mulholland. Der Mutant, der zwischen den Geschlechtern changierte und sich selbst mal als männlich, mal als weiblich wahrnahm, sah müde aus und schien kaum die Augen offen halten zu können.

      Rhodan nickte. »War es vielleicht auch.« Er winkte ab. »Ist lange her. Heutzutage wirkt es auf viele wohl eher nostalgisch.«

      Sie landeten auf einer kleinen Plattform, die sich zwischen den Stützsäulen spannte. Das spiegelnde Hotel ragte über ihnen auf.

      »Danke, dass ihr den Gleiterservice genutzt habt«, sagte der Autopilot. »Bitte nehmt nach Verlassen des Gleiters die Richtung, die die holografisch projizierten Pfeile euch weisen. Sie bringen euch zu euren Suiten. Es ist nicht nötig, weitere Rücksprache zu halten. Alle notwendigen Informationen liegen der Hotelleitung vor.«

      Sie folgten der Anweisung und erreichten einen Antigravschacht, der sie ins 18. Stockwerk brachte. Die drei Suiten lagen nebeneinander – Rhodan teilte seine mit Sichu, Farye die zweite mit Donn und Phylax. Nur Mulholland zog als Einzelperson ein.

      Als Rhodan die Tür hinter sich schloss, freute er sich darauf, ein wenig Zeit allein mit seiner Frau zu verbringen. Sichu ließ sich in einen breiten Sessel fallen, er setzte sich auf die Armlehne.

      »Es liegt eine Nachricht für euch vor«, meldete die Raumpositronik.

      »Werden wir je unsere Ruhe haben?« Sichu seufzte.

      »Das ist die vierte Ultimate Frage«, sagte Rhodan. »Nicht mal die Kosmokraten könnten sie beantworten.« Er beugte sich zu seiner Frau. Die Goldmuster auf ihrer hellgrünen Gesichtshaut faszinierten ihn immer wieder. Die Ator waren im Allgemeinen ein elegantes Volk und Sichu – zumindest für ihn persönlich – die eleganteste von allen. »Sollen wir die Nachricht ignorieren?«

      »Bist du gar nicht neugierig?«

      »Du?«, fragte er zurück.

      »Wer hat die Nachricht hinterlassen?«, rief sie in den Raum.

      Die Antwort kam prompt: »Homer G. Adams.«

      »Abspielen!«, bat Rhodan.

      »Meine Gratulation«, tönte die Stimme des Advisors; eine Bildaufzeichnung gab es nicht. »Die Allianz mit den Topsidern ist ein bahnbrechender Erfolg. Die alte und neue Botschafterin des Sternengeleges, Zhrecter, bittet um einen Termin mit uns und Residentin Flaccu. Da ich wusste, dass ihr heute das Hotel beziehen werdet, habe ich unter Vorbehalt neun Uhr am Abend vorgeschlagen.

      Und ja, ich weiß, dass ihr frisch nach Terra zurückgekehrt seid. Darum entschuldige ich mich für die Störung, aber ... die Pflicht.«

      Adams räusperte sich. »Ihr wisst schon. Eine einfache Rechnung. Ach ja, Rico hat Interesse angemeldet und möchte ebenfalls teilnehmen. Bitte gebt mir Rückmeldung.«

      »Ende der Nachricht«, ergänzte die Positronik.

      »Und?«, fragte Sichu.

      »Ich sehe das so«, meinte Rhodan mit einem Blick auf die Uhr. »Es bleiben sechs Stunden für uns allein.«

      »Acht«, korrigierte seine Frau.

      Er schüttelte den Kopf. »Wir laden alle hierher ein und kochen selbst. Was hältst du davon?«

      »Zwei Stunden kochen«, murmelte Sichu. »Terraner und ihre eigenartigen Gebräuche.«

      *

      Rico traf am Abend zuerst ein. Der Roboter hatte einst nach dem Untergang von Atlantis Jahrtausende an Atlans Seite verbracht – die Tiefschlafzeiten in der Unterseekuppel großzügig mit eingerechnet. Nach Terras Versetzung in die andere Hälfte des Dyoversums hatte er bald wieder von sich reden gemacht, eine Technikschmiede in Neu-Atlantis errichtet und war zu einem der beiden Bürgermeister dieser Metropole aufgestiegen.

      Sein Äußeres hatte er gegenüber der frühen Zeit merklich verändert: Er wirkte weniger wie ein Roboter als vielmehr wie eine Art stilisierte Statue, allerdings bei voller geschmeidiger Beweglichkeit.

      Einige Minuten später kamen die Residentin Orfea Flaccu und Homer G. Adams gemeinsam mit der topsidischen Botschafterin Zhrecter. Farye meldete sich mit einer Funknachricht – sie war mit Donn am Goshunsee unterwegs, sie würden sich ein wenig verspäten. Oder auch merklich, wie Rhodans Enkelin mit einem Augenzwinkern ankündigte. Mulholland hingegen hatte sich für den gesamten Abend entschuldigt, um dringend benötigten Schlaf nachzuholen.

      Rhodan