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Nation, Europa, Christenheit


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Es entstand mit der Alternative für Deutschland (AfD) nicht nur eine erfolgreiche politische Kraft rechts von CDU und CSU, sie konnte sich in den letzten Jahren sogar konsolidieren. Wichtigstes Motiv bei der Gründung der neuen Partei 2013 war das verbreitete Unbehagen an dem Bruch der No-Bailout-Klauseln, die in den Europäischen Verträgen eine lockere Geldpolitik verhindern sollten. Die Gefahren, dass eine Neuorientierung der europäischen Geldpolitik vor allem auf Kosten jener Staaten geht, die sich um solide Staatsfinanzen bemühen, waren und sind offenkundig. Wachstum sollte hauptsächlich über Verschuldung funktionieren, so propagierten es vor allem Teile der politischen Linken. Der AfD-Gründungsriege um den Volkswirtschaftsprofessor und zeitweiligen EU-Abgeordneten Bernd Lucke fehlte indessen das Gespür, Parteibasis und -programmatik thematisch zu erweitern. Als prinzipielle Liberale ignorierten diese Parteigründer soziale Themen größtenteils, auch erschien ihnen die Migrationsproblematik zu „rechts“. Folglich kam es in der erst kurzen Geschichte der „Alternative“ zu Neuausrichtungen, die kaum zu vermeiden waren, wollte die Partei nicht wieder in der Versenkung verschwinden. Richtig ist sicherlich, dass der liberale Flügel seit einigen Jahren an Bedeutung verliert. Manche Exponenten dieser Richtung haben die Partei, auch aufgrund des Drucks von außen, wieder verlassen. Ein Beispiel ist der Ökonom Jörn Kruse, der noch als fraktionsloses Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft angehört. In toto zustimmungsfähig ist auch die These, dass es zwischen der Grundausrichtung der AfD im Westen und der im Osten Nuancen an Unterschieden gebe, die jedoch auch nicht überbewertet werden dürfen.

       2.

      Beobachtet man die Debatten der letzten Jahre, so findet man immer wieder Belege für die Haltung, dass alle Gegner und Feinde des linken wie liberalen Establishments als Populisten gebrandmarkt werden sollen und tatsächlich auch werden. Unschwer ist freilich die Heterogenität der Kritisierten zu erkennen: Während der französische Rassemblement National für stärkere Eingriffe des Staates in die Wirtschaft plädiert, besitzt die AfD einen wirtschaftsliberalen Flügel um Jörg Meuthen, der sich unter anderem für eine kapitalgedeckte Rente einsetzt. Brexit-Befürworter wie Nigel Farage und Boris Johnson haben wenig gemeinsam mit der Administration Donald Trumps – außer dass sie stärker auf die eigene nationale Identität und Souveränität setzen, als das bei Vertretern der politischen Elite üblicherweise der Fall ist.

      Da unter Populismus in Europa meist Rechte subsumiert werden – anders als in Südamerika, wo es stets starke linkspopulistische Strömungen gegeben hat und gibt –, existieren durchaus Felder, die verbindend wirken. Dazu zählen Ansichten zur Migrationsproblematik. Weil die ausufernde Einwanderung, die auch noch nach 2015/16 höher ist als vor dieser Zäsur, eine Belastung für alle europäischen Länder sowohl in rechts- wie sozialstaatlicher Hinsicht darstellt, sprechen sich sämtliche rechtskonservativen Kräfte in Europa für eine Einschränkung der Migration aus. Dieses Ziel ist in manchen Staaten wie Italien und Ungarn wichtiger Teil des Regierungshandelns. Allein die hohen staatlichen Zahlungen, die durch ungehinderte Einwanderung notwendig werden, etwa unabdingbare Sozialbeihilfen für Neuankömmlinge und Kriminalitätsfolgekosten, rechtfertigen eine strengere Kontrolle an den Grenzen. Die vielfältigen Folgen der Bevölkerungsneustrukturierung sind heute allenfalls zu erahnen.

      Einer der wesentlichen Gründe für die Entstehung des Phänomens des Populismus ist die Ausgrenzung eines nicht geringen Teils der Bevölkerung aus politischen Entscheidungsprozessen. Viele Menschen fühlen sich von keiner der etablierten Parteien, die sich ohnehin in Programmatik und politischem Stil stark angeglichen haben, vertreten und suchen nach für sie geeigneteren Repräsentanten. Naheliegenderweise hat man daher das Problem einer „Repräsentationslücke“ (Werner Patzelt) wahrgenommen und erörtert. An einem Beispiel sei dies erklärt: Wer eine Politik der offenen Grenzen wünschte, hatte bei der Bundestagswahl 2017 etliche Optionen; wer hingegen für eine restriktivere Migrationspolitik optieren wollte, dem blieb außerhalb Bayerns nur die AfD. Angela Merkel hat zuletzt im sogenannten „Grenzstreit“ im Sommer 2018 deutlich klargestellt, dass für sie in diesem Fall die europäische Solidarität über Recht und Gesetz steht. Die Gefahren einer Überforderung Deutschlands waren ihr nie eine Diskussion wert.

       3.

      In die großen Auseinandersetzungen unserer Zeit sind auch beide Kirchen involviert. Evident ist, wie sich gesellschaftliche Konfliktlinien im binnenkirchlichen Diskurs spiegeln. Auch hier gibt es – analog zu „Dunkeldeutschen“ und „Helldeutschen“ – „dunkle“ und „helle“ Christen. Erstere halten den Abendland-Begriff und seine Inhalte für bleibend wichtig, vielleicht für wichtiger denn je angesichts der aktuellen Situation, weil politisch-soziale Ausrichtungen maßgeblich vom kulturellen Humusboden beeinflusst werden. Weiter gehen sie in der Regel davon aus, dass das Kreuz auch in der Öffentlichkeit – also auch außerhalb der Sakristei und kirchlichen Räumen – eine Rolle spielt und weiterhin spielen sollte. Dass das Kreuz spaltet, ist dabei kaum zu leugnen. Diese Scheidung der Geister kann man wahrlich nicht erst seit dem Erlass der Bayerischen Staatsregierung von 2018 über die zwingende Anbringung von Kreuzen in behördlichen Einrichtungen feststellen. Ministerpräsident Markus Söder hat sich dadurch auch den Zorn aller Vertreter des Liberalkatholizismus zugezogen, wozu im deutschsprachigen Raum weite Teile des höheren Klerus zählen.

      Auch das „helle Christentum“ ist leicht zu umreißen. Man wird im Regelfall dazugerechnet, wenn man sich möglichst laut von jenen Kräften distanziert, die allenthalben als Rechtspopulisten gescholten werden. Die Attackierten sind üblicherweise Mitglieder (oder Menschen im Umfeld) von Alternative für Deutschland, „Pegida“ und Identitärer Bewegung, obwohl