1998; Ernst et al. 1999). Bezüglich des DRD-2-Rezeptors konnte bei Kindern mit ADHS eine höhere Rezeptorbindung vor MPH-Behandlung beobachtet werden, die sich nach drei Monaten Behandlung normalisiert hatte (Ilgin et al. 2001). Aber auch hier machen die Autoren leider keine Angaben, ob es sich eher um eine kurzfristige Veränderung der Rezeptorbindung durch das MPH oder um tatsächlich dauerhafte Veränderungen der Rezeptordichte handelt. Eine anfänglich höhere Rezeptorbindung des Liganden scheint mit besserem Ansprechen der MPH Medikation verbunden zu sein. In einer Längsschnittstudie des NIMH (Shaw et al. 2009) wurde ferner gezeigt, dass eine reifungsbedingte Normalisierung der Hirnrindendicke des rechten Parietalkortex mit einer Reduktion der ADHS-Symptomatik im Entwicklungsverlauf assoziiert ist. Diese Reifungsverzögerung fand sich besonders häufig bei ADHS-Patienten mit einem bestimmten Polymorphismus des dopaminergen Rezeptors (DRD-4, 7-repeat-Allel).
Als das beste Tiermodell für ADHS wird oft die Spontan Hypertensive Ratte (SHR) bezeichnet, die von den Wistar-Kyoto Ratten abstammt, welche als Kontrolltiere der SHR dienen. Bei SHR wurde eine 160 bp Insertion in der nicht-kodierenden Region nahe Exon 3 des DAT Gens gefunden (Mill et al. 2005), die von einer gewissen Bedeutung ist, da eine variable Anzahl an Tandem-Repeats in der 3’-untranslatierten Region des DAT Gens in einigen Familienstudien mit ADHS assoziiert ist (Cook et al. 1995; Dougherty et al. 1999; Krause et al. 2000; Kirley et al. 2003; Bobb et al. 2005). Eine mögliche Beeinträchtigung der Regulation der Transkription des DAT Gens passt zu Befunden, dass während des ersten postnatalen Monats die Expression des DAT Gens im Mittelhirn von SHR zeitweise reduziert und bei erwachsenen SHR erhöht ist (Watanabe et al. 1997; Leo et al. 2003). Veränderungen in der Expression des DAT Gens können über DAT Veränderungen die Dopaminaufnahme und -wiederverwendung beeinträchtigen. Wir konnten zeigen, dass die erhöhte DAT-Dichte im Striatum der SHR vor allem durch eine präpubertäre Medikation mit MPH auf normale Werte reduziert wird (Roessner et al. 2009b). Allerdings erscheint eine Fokussierung auf das dopaminerge System ungenügend, da vor allem im präfrontalen Kortex der SHR eine Imbalance zwischen dopaminerger und noradrenerger Neurotransmission gefunden wurde (Russell 2002). Während die Dopaminfreisetzung im präfrontalen Kortex der SHR reduziert war, waren die Noradrenalinkonzentrationen erhöht.
Auch die sogenannten DAT-knock-out (DAT-KO)-Mäuse haben sich als ein ADHS-Modell etabliert, da sie hyperaktiv sind, eine reduzierte Löschung der Antworten bei Aufgaben zur operanten Konditionierung mit Nahrung zeigen sowie im Lernen und Erinnern beeinträchtigt sind (Russell et al. 2005). Allerdings wurde bei DAT-KO-Mäusen impulsives Verhalten noch nicht systematisch untersucht. Das Fehlen des DAT bei DAT-KO-Mäusen stellt das Extrem einer bei Jugendlichen mit ADHS gefundenen reduzierten DAT-Dichte im Mittelhirn dar (Jucaite et al. 2005) und steht im Widerspruch zu den zahlreichen Studien, die eine erhöhte DAT-Dichte im Striatum von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gefunden haben (Dougherty et al. 1999; Krause et al. 2000; Cheon et al. 2003). Dennoch liefern DAT-KO-Mäuse hilfreiche Hinweise auf die neuropsychiatrischen Konsequenzen einer stark beeinträchtigten DAT-Funktion. Bei den DAT-KO-Mäusen wird Dopamin sehr langsam aus dem synaptischen Spalt entfernt, was zu einer etwa fünffach erhöhten extrazellulären Konzentration im Striatum führt (Gainetdinov et al. 1999a). Allerdings ist die elektrisch stimulierte Freisetzung von Dopamin vermindert, was auf eine Reduktion der phasischen Freisetzung und somit eine hypodopaminerge Neurotransmission hindeutet (Gainetdinov et al. 1999a) – ähnlich den Befunden an SHR- und den Coloboma-Mäusen (Russell et al. 2005). Weitere ADHS-Tiermodelle und deren Bedeutung finden sich in einer Übersichtsarbeit (Russell et al. 2005). Es bleibt offen, inwieweit sich solche Befunde auf den Menschen übertragen lassen.
Neurochemisch konnten Studien zu ADHS nur einen begrenzten Zusammenhang zwischen Blut- bzw. Urinkonzentrationen und dem zentralen dopaminergen Metabolismus finden. Analog zeigten Stimulanzien nur einen geringen Effekt auf die Urinkonzentration dopaminerger Metabolite (Pliszka 2005). Leider ergaben auch Liquoruntersuchungen bei ADHS keinen einheitlichen Befund (Shetty und Chase 1976; Shaywitz et al. 1977; Reimherr et al. 1984; Castellanos et al. 1996). Eine reduzierte Plasmakonzentration der Dopamin-Beta-Hydroxylase sowie der Thrombozyten-MAO (Shekim et al. 1986) scheint eher mit einer begleitenden Störung des Sozialverhaltens als mit der ADHS zusammenzuhängen (Bowden et al. 1988; Malmberg et al. 2008).
Aktuell existieren drei unterschiedliche Modelle der ADHS, welche die verschiedenen neurobiologischen Befunde und Theorien zum Dopamin zu vereinigen versuchen (Williams 2008). Sie gehen in der Hauptsache von einem reduzierten dopaminergen Funktionsniveau aus, was z. B. im Modell von Sagvolden und Mitarbeitern (2005) in drei unterschiedlichen dopaminergen Regelkreisen zu Defiziten in Verstärkung und Löschung von Verhaltensweisen führt. Obwohl also sich auf den ersten Blick teilweise widersprechende Befunde zum dopaminergen System bei der ADHS existieren, wurde vor einigen Jahren erstmals postuliert, dass eine zu niedrige tonische Freisetzung von Dopamin über einen Feedbackmechanismus (mit einer reduzierten Stimulation präsynaptischer Autorezeptoren) zu einer erhöhten phasenhaften Dopaminausschüttung führen könnte (Grace 2001; Solanto 2002). Dementsprechend wurde angenommen, dass der positive Effekt einer Medikation mit Stimulanzien durch eine Erhöhung der tonischen dopaminergen Neurotransmission und einer damit verbundenen Verminderung der phasischen dopaminergen Neurotransmission zustande kommt. Allerdings konnte gezeigt werden, dass Stimulanzien in unterschiedlichsten Dosierungen keinen besonderen Effekt auf die präsynaptischen Autorezeptoren haben (Ruskin et al. 2001).
Unter anderem deshalb wurde die Hypothese einer erhöhten phasenhaften Dopaminausschüttung von einigen Autoren verworfen. Sie gehen von einer Reduktion sowohl der phasischen als auch der tonischen Dopaminausschüttung aus (Madras et al. 2005; Sagvolden et al. 2005). Für diese Annahme spricht die unter Stimulanziengabe zu beobachtende Erhöhung der extrazellulären striatalen Dopaminkonzentration (Volkow et al. 2001) sowie der phasischen Dopaminausschüttung in die Synapse (Schiffer et al. 2006). Letztere scheint durch Stimulanzien im Striatum deutlich mehr verstärkt zu werden als im präfrontalen Kortex (Mazei et al. 2002; Madras et al. 2005), was am Ehesten auf die deutlich höhere DAT-Dichte im Striatum zurückzuführen ist (Cragg et al. 2002). Daraus kann man schließen, dass die phasische Dopaminausschüttung und ihre Beeinflussung durch Medikamente vor allem im Striatum für die ADHS von Bedeutung sind. Allerdings kann eine Verbesserung der striatalen Neurotransmission indirekt auch zu Veränderungen im frontalen Kortex führen (Alexander et al. 1986). Ein solcher Zusammenhang wird durch Ergebnisse untermauert, die eine hohe Korrelation zwischen der Aktivität und Plastizität im Striatum auf der einen und der frontalen Aktivität auf der anderen Seite zeigen konnten (Yano und Steiner 2005).
Geht man nun von der skizzierten Reduktion der tonischen und phasischen dopaminergen Neurotransmission im Striatum aus, bleibt noch die Frage, wie diese Veränderungen zu den ADHS-Symptomen führen. Aufgrund der Ergebnisse von Computersimulationen wird vermutet, dass eine normale dopaminerge Neurotransmission im Striatum die Balance zwischen exzitativen und inhibierenden Nervenbahnen gewährleistet. Diese Nervenbahnen sind über zahlreiche Verschaltungen in der Lage, eine Feinregulation aus Fazilitation und Inhibition bei der Ausführung von im Frontalkortex abgespeicherten Handlungsmustern zu gewährleisten. Diese Handlungsmuster reichen von kognitiv wenig fordernden motorischen Bewegungsabläufen (aus den prämotorischen Arealen stammend) bis hin zu viel kognitive Kontrolle fordernden Aufgaben wie Aktualisierung des Arbeitsgedächtnisses und das Treffen von Entscheidungen (aus dorsolateral präfrontalen und orbitofrontalen Arealen stammend). Besonders die phasische dopaminerge Neurotransmission während positiver und negativer Verstärkung begünstigt das Lernen durch Fazilitation positiv belohnter Handlungen und durch Verhinderung der weniger belohnten Handlungen (Frank et al. 2005). Bezüglich des Arbeitsgedächtnisses bewirkt diese dopaminerge Neurotransmission eine kontinuierliche Aktualisierung aufgabenrelevanter Informationen der dorsolateral im präfrontalen Kortex lokalisierten Repräsentationen (O’Reilly und Frank 2006). In ähnlicher Weise fazilitieren sie die langfristige Wirkung positiver Verstärkung in orbitofrontalen Regionen, was die Entscheidungsfindung beeinflusst (Frank und Claus 2006).
Eine Synthese des aktuellen Standes vieler dieser Befunde und Theorien findet sich in dem »dopamine transfer deficit model« (Tripp und Wickens 2008), der »dynamic developmental theory (Sagvolden et al. 2005) und dem etwas weniger bekannten »extended temporal difference model« (Williams 2008). Allerdings sind auch bei Betrachtung aller drei Modelle noch viele Fragen offen und weitere Forschungsanstrengungen vor allem zum Zusammenspiel zwischen Dopamin und