Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman


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wenn sie tagsüber auch ins Schwitzen gekommen waren, so konnten sie nun wieder ein bißchen Wärme von innen brauchen.

      Gegen einen Schluck hatte Fee auch nichts einzuwenden. Zu erzählen hatte sie auch allerhand. Sie erfuhr, daß sich Mr. Stone noch nicht wieder gemeldet hatte.

      »Und wie geht es eurem Schwerverletzten?« fragte Fee. »Habt ihr da schon etwas erfahren?«

      »Nichts«, erwiderte Dieter Behnisch, »aber es besteht doch Hoffnung, daß er durchkommt.«

      »Ich finde es schrecklich, wenn ein Mensch von niemandem vermißt wird«, sagte Jenny.

      »Liegt denn keine Vermißtenan-

      zeige vor, die auf ihn zutreffen würde?«

      »Nein, gar nichts. Aber morgen kommt es in die Zeitungen, dann werden wir weitersehen.«

      »Das bleibt uns bei Juanita wenigstens erspart«, sagte Fee. »Jetzt gehe ich mal zu ihr.«

      »Gefragt hat sie schon nach dir«, sagte Jenny.

      Juanitas Augen leuchteten auf, als Fee eintrat. Sie hatte in einem Gedichtband gelesen.

      »Frau Dr. Behnisch hat mir das Buch gebracht. Es ist sehr schön«, sagte sie leise. »Man kann daraus viel entnehmen. Es ist sehr lieb, daß Sie mich besuchen. Ich bin jetzt ruhiger und habe nachgedacht.«

      »Und ich habe eine ganze Menge in Erfahrung gebracht, was Sie allerdings schon wissen werden.«

      »Daß ich Marian von Eickstedt bereits kenne?« fragte Juanita bebend. »Hat er nach mir gefragt?«

      »Ich habe mit seinem Vater gesprochen. Er weiß leider nicht, wo sich sein Sohn aufhält, Juanita.«

      »Er will es verhindern, daß Marian mich trifft. Wer weiß, was er sich jetzt ausgedacht hat.«

      »Jetzt denken Sie mal ganz logisch, Juanita. Baron Eickstedt gesteht ein, manches falsch gemacht zu haben, aber er möchte Sie kennenlernen und mit Ihnen über alles sprechen. Sie dürfen jetzt keine Vorurteile haben.«

      »Ich hatte doch keine. Vielleicht werden Sie alles besser verstehen, wenn ich Ihnen erzähle, wie es anfing.«

      »Ich wäre sehr froh, wenn Sie mir so viel Vertrauen schenken würden, Juanita«, sagte Fee weich.

      »Ich habe alles erst nach Mamas Tod erfahren«, begann Juanita stockend. »Mama war doch noch so jung und so schön, aber sie war immer deprimiert nach Papas Tod. Gewiß hatte sie große Sorgen, aber sie sprach nicht darüber.«

      »Finanzielle Sorgen?« fragte Fee.

      »O nein, die hatten wir nie, aber es war wohl ihr Stiefbruder, der ihr Kummer bereitet hat, oder dessen Sohn.«

      »Sie sagten Stiefbruder?« fragte Fee verwundert.

      Juanita nickte. »Ich sagte schon, daß ich alles erst nach Mamas Tod erfahren habe. Großmutter Amelie hatte Fred Stone in München kennengelernt, aber er war vorher schon mal verheiratet gewesen und hatte einen Sohn, der damals schon acht Jahre war. Seine Frau war an einer Nervenkrankheit gestorben, und Dr. Barnet, den Mama dann geheiratet hat, wußte das.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich habe die Beweise dafür in dem Aktenkoffer, den ich im Hotelsafe hinterlegt habe. Ich lüge nicht.«

      »Ich zweifele nicht daran, daß Sie die Wahrheit sagen, Juanita.«

      »Aber ich weiß jetzt, warum sie mich aus dem Weg räumen wollen. Sie wollen die Beweise vernichten. Sie wollen an das Vermögen von Mama heran. Es war ein Schock für Barnet, als das Testament bekannt wurde. Mein Vater hatte mich nämlich zur Erbin eingesetzt, und Mama hatte nur die Nutznießung, solange sie keine zweite Ehe eingehen würde. Aber sie hat wohl nicht geglaubt, daß Barnet auf ihr Vermögen aus wäre und hat ihm nichts von Papas Testament gesagt.«

      Wieder geriet sie ins Nachdenken. »Manches muß ich mir ja selbst zusammenreimen. Verstehen Sie bitte, wenn ich nicht alle Zusammenhänge durchschaue.«

      »Erzählen Sie nur, was Ihnen klar ist, Juanita«, sagte Fee.

      »Ich war auf dem College, als Mama Barnet geheiratet hat. Sie war in einem Sanatorium, und er hat sie behandelt. Ich habe ihn von Anfang an nicht gemocht. Und an einem Morgen fand ich Mama im Swimmingpool.« Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht und begann jammervoll zu weinen.

      »Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß dies schrecklich war, Juanita«, sagte Fee. Tröstend legte sie ihren Arm um die schmalen Schultern. Es dauerte einige Zeit, bis sich Juanita beruhigte.

      »Barnet brachte mich in sein Sanatorium. Er sperrte mich ein. Dr. Keller hat mich herausgeholt. Er war Papas und Mamas Anwalt. Er ist auch deutscher Abstammung. Würden Sie ihm schreiben, daß ich hier bin? Das könnte mir helfen, meine Identität zu beweisen.«

      »Ich werde ihn anrufen oder ein Telegramm schicken«, versprach Fee. »Geben Sie mir die Adresse.«

      Juanita brauchte nicht zu überlegen, und Fee schrieb Adresse und Telefonnummer auf.

      »Ich habe mir alles eingeprägt«, sagte Juanita leise. »Hoffentlich stimmt es genau. Von den deutschen Verwandten meiner Großmama habe ich auch durch Dr. Keller erfahren, und ich habe dann an sie geschrieben. Und dann kam Marian. Wir haben uns gleich gut verstanden. Er wollte mich gleich mitnehmen, aber Dr. Keller hat es verhindert. Er war mißtrauisch. Er hat gesagt, daß die Eickstedts auf mein Erbe aus sein könnten. Ich habe das nicht geglaubt, aber manchmal habe ich jetzt gedacht, daß es doch so sein könnte.«

      »Sie haben sehr viel negative Erfahrungen gemacht, Juanita, da wird man mißtrauisch«, sagte Fee, aber insgeheim fragte sie sich doch, ob da nicht ein Fünkchen Wahrheit dabei wäre. Oder spielte dieser Dr. Keller auch falsch? Es war alles zu undurchsichtig.

      »Ich bin dann ausgerissen«, flüsterte Juanita. »Ich bin nach London geflogen und habe Marian von dort aus angerufen. Er hat gesagt, daß wir uns im Jagdschlössel treffen wollten und erst über alles sprechen müßten. Er sagte, daß er jetzt nicht wegkönnte, weil sie in einer schwierigen Situation waren. Irgendwie muß Barnet das herausgebracht haben. Als ich im Jagdschlössel auf Marian wartete, war er plötzlich da. Er sagte, daß ich verrückt sei, so verrückt wie meine Mutter, und daß dies eine Erbkrankheit bei den Eickstedts sei. Und er sagte auch, daß ich hergelockt worden sei, damit die Eickstedts mein Vermögen dann an sich bringen.«

      »Er sagte das, als Sie an jenem Tisch saßen, und da sind Sie aufgesprungen und gegangen?« fragte Fee.

      Juanita starrte sie an. »Woher wissen Sie das?« fragte sie.

      »Ich habe es zufällig gesehen. Aber warum haben Sie sich unter all den Menschen mit ihm getroffen?«

      »Ich wollte nicht mit ihm allein sein. Ich dachte ja auch, daß Marian kommen würde. Ich hatte alles falsch angefangen und nicht richtig nachgedacht. Es war dumm und unüberlegt, aber das ist mir erst hier bewußt geworden. Und ich dachte auch, daß Marian in der Nähe sei, wegen des Hundes.«

      »Sie meinen Wastl«, sagte Fee.

      »Marian hat so einen Hund. Er hat mir Bilder gezeigt. Er heißt Chérie.«

      »Es ist eine Hündin«, sagte Fee gedankenlos.

      *

      Zu dieser Zeit wurden Sepp und Kathi Hoflechner durch lautes Jaulen und Winseln aus ihren düsteren Gedanken aufgeschreckt, denn wenn sie mal zur Besinnung kamen, mußten sie immer wieder über Juanita nachdenken.

      »Der Wastl führt sich auf«, sagte Kathi, »da muß wieder was los sein.«

      »Gott schütze uns«, brummte Sepp, aber mutig ging er hinaus. »Komm, Kathi«, rief er, und Kathi nahm allen Mut zusammen und folgte ihm.

      Da lag ein weißgraues Etwas am Boden und wurde von Wastl abgeschleckt.

      »Guter Gott«, stammelte Kathi, »ein Hund vom Baron. Der ist ja am Verenden.«

      »Nun übertreib nicht gleich«, brummte Sepp heiser. Doch Wastl winselte jammervoll.

      »Ruf