Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 18 – Arztroman


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Jenny. »Und sie ist noch krank. Daran ist nichts mysteriös. Sollte Ihr Auftraggeber anderer Ansicht sein, kann er die Polizei einschalten. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«

      »Man könnte diesen Fall doch mit aller Diskretion behandeln«, sagte der Mann, dessen Namen laut Ausweis Kring lautete.

      »Ich kann nur sagen, was mir bekannt ist«, erklärte Jenny. »Und außerdem habe ich keine Zeit. Dr. Barnet kann sich gern direkt an uns wenden.«

      Dieser Name war ihr sehr genau im Gedächtnis haften geblieben, denn Stone hatte ihn erwähnt, wenngleich auch nicht als Stiefvater von Juanita.

      Die denken, sie können uns für dumm verkaufen, dachte Jenny unwillig.

      »Dr. Barnet wünscht, daß ich die junge Dame während seiner Abwesenheit beschütze«, sagte Herr Kring.

      »Bestellen Sie ihm einen schönen Gruß, und sagen Sie ihm, daß dies gegebenenfalls Polizeibeamte tun«, erwiderte Jenny bissig, da sie nicht gewillt war, kostbare Zeit zu vertrödeln.

      »Wenn das so ist«, sagte der Mann stockend, »dann kann ich den Auftrag zurückgeben.«

      »Das können Sie meinetwegen tun. Aber Sie können sich auch gern mit Kriminalbeamten unterhalten, die ohnehin gerade im Hause sind.«

      »Ich bitte um Entschuldigung, ich muß da etwas richtigstellen. Ich wußte nicht, daß es sich um einen Kriminalfall handelt«, sagte er. Dann entfernte er sich dienernd.

      Ob ich wieder was falsch gemacht habe? überlegte Jenny. Aber sie hatte einfach nicht die Nerven, alles gleichzeitig zu überdenken. Da war schließlich dieser Schwerverletzte, von dem sie überhaupt nichts wußten. Etwa dreißig Jahre, 1,85 m, dunkelblond und braune Augen, das war alles, abgesehen von seinen schweren Verletzungen.

      Keine Papiere, keine besonderen Merkmale, sehr gute Zähne, keine Operationsnarben. Da sah es noch ganz anders aus als bei Juanita, von der sie wenigstens ein klein bißchen was wußten. Und bei diesem Patienten wußten sie noch nicht einmal, ob er überhaupt noch in der Lage sein würde, eine Aussage zu machen.

      Und wieder einmal hatte das Kreiskrankenhaus kein Bett zur Verfügung gehabt für diesen Fall.

      Die tun sich leicht, dachte Jenny. Die berufen sich immer auf die Verwaltung. Aber wenn es um ein Menschenleben ging, fand man in der Behnisch-Klinik immer noch ein Bett. Das wußten die Notärzte, und das wußten auch die Polizeibeamten.

      Mit denen kamen Dr. Behnisch und seine Frau Jenny eigentlich gut aus. Jenny nahm an dem Gespräch mit den beiden Kriminalbeamten teil.

      Offensichtlich sei der Mann beraubt worden, erfuhren sie. Er hätte an der linken Hand einen ziemlich breiten Ring getragen und auch eine Armbanduhr. Die helleren Hautstellen deuteten darauf hin.

      Unwillkürlich dachte Jenny an Juanita, denn auch sie war ihrer Ringe beraubt worden, wenn sie das auch bestritten hatte. Aber das konnte man auf ihre Verwirrung zurückführen.

      »Die ersten Verletzungen muß der Mann schon vor einigen Tagen erhalten haben«, sagte Dr. Behnisch ruhig. »Die Wunden waren bereits verkrustet. Dann wurden ihm später neue zugefügt. Außerdem hat er drei Einstiche, die durch Injektionsnadeln verursacht wurden.«

      »Rauschgift?« fragte ein Beamter.

      »Nein, ein Fixer ist er nicht.« Dr. Behnisch runzelte seine Stirn. »Es scheint, daß der Mann betäubt wurde, gegen seinen Willen. Er hat sich noch zur Wehr gesetzt. Hautpartikel unter seinen Fingernägeln verraten das nämlich. Könnte es sich um einen Entführungsfall handeln?«

      »Uns ist nichts bekannt«, sagte der Beamte. »Wollen Sie ihn hier behalten?«

      »Er ist nicht transportfähig«, erwiderte Dr. Behnisch. »Der Mann schwebt in höchster Lebensgefahr.«

      »Aber er befindet sich in den besten Händen«, sagte der Beamte. »Wir wissen das, Herr Dr. Behnisch. Sollte er eine Aussage machen können, benachrichtigen Sie uns bitte.«

      »Ich hoffe sehr, daß er dazu fähig sein wird«, entgegnete der Arzt.

      »Mir ist mulmig, Dieter«, sagte Jenny, als die Beamten gegangen waren.

      »Warum?« fragte er.

      »Könnte das nicht der gleiche Täter gewesen sein, der auch Juanita überfiel? Wir hätten das doch sagen müssen!«

      »Damit wir sie gar nicht mehr loswerden? Denk nicht so was, Jenny. Juanita ist ein Fall für sich, aber keiner für die Polizei.«

      »Schön wär’s ja, aber ich habe gerade einen Privatdetektiv abgewimmelt, der im Auftrag von Dr. Barnet kam.«

      »Und was wollte er?«

      »Er soll Juanita bewachen.«

      »Barnet? Hat nicht Stone gesagt, daß er Arzt sei und Juanita in ein Sanatorium bringen sollte?«

      »Der Name ist mir auch haften geblieben, aber der Mann wußte anscheinend selber nicht viel. War ziemlich primitiv, kein gewiefter Detektiv. Er hat sich verzogen, als ich sagte, daß die Polizei im Hause sei.«

      »Das Mädchen soll endlich reden«, sagte Dr. Behnisch grimmig.

      »Fee wird sie dazu bringen. Sie hat schon allerhand erfahren. Aber Juanita hat nichts auf dem Kerbholz. Wir können sie nicht diesen Burschen ausliefern.«

      »Das habe ich auch nicht gemeint. Ihr Frauen macht das besser. Ich muß mich um den armen Kerl kümmern, Jenny. Wir brauchen das Zimmer auf der Intensivstation. Juanita muß in ihr Zimmer zurück.«

      »Ich lege sie in ein Zweibettzimmer«, sagte Jenny entschlossen.

      »Da kann Fee aber nicht mit ihr reden.«

      »Gut, dann bleibt sie diese Nacht noch in dem Einzelzimmer. Fee kommt halb acht Uhr.«

      »Drei Tage sind vom neuen Jahr schon bald wieder vorbei und nichts als Aufregungen«, brummte er.

      »Es hat für mehrere Leute schlechter angefangen als für uns«, meinte Jenny aufmunternd.

      *

      Zu jenen gehörte wohl auch der Baron Joachim von Eickstedt, der Punkt vier Uhr bei Fee Norden erschien. Er machte keinen schlechten Eindruck auf Fee, aber einen äußerst deprimierten.

      Er machte eine tiefe Verbeugung vor ihr. »Ich bedaure außerordentlich, daß ich Sie nicht empfangen konnte, gnädige Frau, doch deshalb komme ich jetzt zu Ihnen, damit Sie nicht wieder einen vergeblichen Weg machen.«

      »Und dafür bin ich Ihnen sehr dankbar, Herr Baron«, sagte Fee höflich.

      »Ich möchte Sie nicht lange aufhalten, bitte, stellen Sie Ihre Fragen.«

      »Aber wir können es uns dabei doch bequem machen, Herr Baron«, sagte Fee mit ihrem bezwingenden Lächeln. »Tee oder Kaffee?«

      »Kaffee wäre mir jetzt lieber, wenn ich darum bitten darf«, sagte er.

      »Gern.« Kuchen und Gebäck gab es zu dieser Zeit natürlich auch im Hause Norden, denn Lenni hatte gebacken, als gelte es ganze Kompanien zu versorgen.

      »Ob ich Ihnen die gewünschten Auskünfte geben kann, weiß ich allerdings nicht«, schränkte der Baron sogleich ein. »Von wem haben Sie von meiner Tante Amelie erfahren, die ich zum letzten Mal sah, als ich dreizehn Jahre war? Es war vor dem Krieg.«

      »Ich interessiere mich für die Geschichte des Jagdschlössels«, erklärte Fee. »Wir kennen die neuen Besitzer gut.« Und um ihn doch neugieriger zu machen, fügte sie hinzu: »Und ich habe eine junge Dame kennengelernt, die mir sagte, daß Amelie von Eickstedt ihre Großmutter gewesen sei.«

      »Tatsächlich?« rief er aus, und es kam etwas Farbe in sein bleiches Gesicht. »Das ist sehr interessant für mich. Erzählen Sie bitte mehr. Ist die junge Dame hier?«

      »Ich würde erst sehr gern von Ihnen erfahren, was Sie von Amelie von Eickstedt wissen, um daraus einen Schluß zu ziehen, ob besagte junge Dame tatsächlich die Wahrheit sagt«, erklärte