den Sandsäcken drängen weitere Menschen zwischen den Fahrzeugen hindurch. Sobald sie erkennen, dass die Soldaten im Begriff sind, den Checkpoint abzuriegeln, beginnen sie zu laufen. Als sie die Absperrung erreichen und ihre enttäuschten Hoffnungen endgültig zerstört sehen, werden sie laut und versuchen, durch Betteln Einlass zu erhalten.
»Helft mir«, hört man jemanden rufen. »Ich glaube, meine Kinder haben es, und ich weiß nicht, was ich tun kann.«
Corporal Eckhardt verteilt die gelben Zettel unter den Leuten, aber sie wollen nicht verschwinden. Viele haben ein krankes Familienmitglied mitgebracht, und die Aussicht darauf, zehn Häuserblocks weit zu einer anderen Krankenstation zu gehen, die in irgendeiner Schule oder Bowlingbahn eingerichtet wurde, stimmt nicht unbedingt zuversichtlich.
Sie rufen, kreischen und flehen, lassen sich auf den Boden fallen oder setzen sich einfach hin, ihre gelben Papierstücke fest in den Händen. Es stinkt zunehmend ekelhaft säuerlich, wie man es von den Infizierten kennt – ein Geruch, an den man sich niemals gewöhnen kann.
Eine Frau jammert: »Ich kann es nicht allein schaffen. Ich kann nicht, ich kann nicht!«
»Und wenn wir nur ein paar Leute mehr hereinlassen?«, fragt Mooney mit zusammengebissenen Zähnen.
»Halt die Klappe«, blafft Finnegan, der neben ihm steht. »Die Antwort darauf kannst du dir denken.«
»Das ist furchtbar.«
Sergeant McGraw spricht in sein Funkgerät: »Hier wären wir fertig, Sir.«
Nur wenige Blocks weiter westlich rattern Maschinengewehre. Der Lärm hallt laut zwischen den Häusern wider, verstärkt durch das stete Heulen von Polizei- und Krankenwagensirenen.
McGraw unterbricht sich, blickt nach Westen und möchte dann fortfahren: »Ich habe …« Ohrenbetäubender Donner lässt kurz die Erde erzittern und die Fenster der Gebäude in der Umgebung zerspringen. Die Soldaten geben ihre Formation auf, um mitanzusehen, wie ein Feuerball über den Dächern auf der anderen Seite der Avenue emporsteigt. Die Zivilisten ergehen sich in schrillem Wehgeschrei.
»Meine Fresse!«, flucht Wyatt. »Ich habe die Erschütterung gespürt.«
»Zurück ins Glied!«, wütet McGraw mit hochrotem Gesicht. »Sofort!«
»Wahnsinn, was war das?«, fragt Rollins. »Ich glaub, meine Trommelfelle sind geplatzt.«
»Das ist wirklich abgefuckt«, raunt Mooney.
Finnegan fährt sie an: »Wir müssen dem Sergeant vertrauen; er bringt uns heil hier durch, und falls nicht, wird es Pops tun, also haltet jetzt einfach die Schnauze und tut, was man euch sagt. Alles wird gut!«
»Ruhe im Glied, verstanden?«, mahnt McGraw, ehe er seinen Bericht an den Lieutenant zu Ende durchgibt.
Doch Mooney hört nicht zu. Er beobachtet, wie zwei Männer auf die Menge am Stacheldraht zulaufen. Etwas stimmt nicht mit ihnen – ihre Bewegungen, während sie sich zielstrebig zwischen den Autos hindurchwinden, ein eigenartiges Zucken mit zu Krallen gespreizten Fingern, die sie an ihre Brust pressen … sie wirken nicht menschlich, sondern eher wie wilde Tiere, und dieser Gedanke entsetzt ihn.
»Sergeant?«, hebt er an.
»Wer als Nächstes das Maul aufmacht, kriegt einen Tritt«, grollt McGraw genervt.
Jetzt hat Mooney die beiden Männer aus den Augen verloren. Er erinnert sich, dass einer von ihnen mit freiem Oberkörper und einer blauen Hose herumlief, die wohl zu einem Schlafanzug gehört. Der andere trug eine Baseballmütze und blaue Jeans mit einem Hemd aus dem gleichen Material. Um dessen Mundpartie hat er schwarze Flecken wahrgenommen.
Die Zivilisten schreien auf. Mooney macht den Hals lang, um an McGraws breiten Schultern vorbeizuschauen.
Dann rührt sich der Sergeant und läuft schnell voraus, sodass Mooney den Checkpoint sehen kann. Die zwei Männer sind dort; der erste rupft einer Frau das dunkle, lange Haar büschelweise vom Kopf, während sich der zweite gierig in ihrem Bauch verbeißt und sie mit Geifer besudelt. Die anderen Zivilisten kreischen und wollen die Flucht ergreifen. Die Tollwütigen ringen die Frau nieder. Sie stößt einen spitzen Schrei aus und scheint dann schlagartig aufzugeben. Ihr Körper wird schlaff, ihr Blick glasig und flehend.
McGraw brüllt: »Stopp! Aufhören, oder ich schieße!«
Corporal Eckhardt macht einen Schritt nach vorne. »Sergeant …«
Der Sergeant erkennt, was die Zwei angerichtet haben, und schreit: »Ich mach euch fertig, ihr Schweine!«
Dann entsinnt er sich seiner Ausbildung und feuert mit der Beretta in die Luft. Warnschüsse. Als die Köpfe der Männer in die Höhe schnellen, sodass Blut und Speichel aus ihren Gesichtern umher spritzen, sehen sie aus wie Aasgeier, die beim Fressen aufgescheucht wurden. Derjenige mit der Schlafanzughose springt auf und stürzt schnurstracks auf McGraw zu, verheddert sich jedoch im Stacheldraht, beginnt zu zappeln und gibt Töne von sich wie ein Hund, der stranguliert wird.
Die Spitzen des Drahtes sind jeweils fünf Zentimeter lang, die Abstände dazwischen doppelt so lang. Der Mann zerfleischt sich selbst, während er zappelt, bis er zusammenbricht. Blut strömt aus einer durchtrennten Oberschenkelarterie über seine Beine.
Der andere Mann richtet sich ebenfalls auf, läuft los, springt über den Draht und …
Mehrere Karabiner bellen und donnern gleichzeitig los, der Mann zuckt noch in der Luft zusammen und sackt leblos zu Boden. Sofort breitet sich eine Blutlache rings um ihn aus.
»Feuer einstellen, Feuer einstellen!«
Mooney senkt den Lauf seines Maschinengewehrs. Beißender Korditgeruch liegt in der Luft.
»Hast du das gesehen?«, fragt McGraw, ohne sich an jemanden Bestimmtes zu richten. »Was war das?«
Bowman ruft nach ihnen, während er vom anderen Checkpoint herübereilt, und will wissen, warum man das Feuer eröffnet hat.
Vorne auf der Straße windet sich die verletzte Frau unter Krämpfen am Boden. Ihre beiden Peiniger bleiben in ihrem Blut liegen, offensichtlich tot.
»Alles in Ordnung, Ma'am?«, fragt McGraw, indem er die Beretta hinter seinem Rücken verbirgt und die andere Hand über den Stacheldraht ausstreckt. »Kommen Sie zu mir. Wir kümmern uns um Sie.«
Die Frau starrt ihn entsetzt an und atmet angestrengt, als sie sich schwankend aufrichtet.
Er zieht seine Maske nach unten. »Sehen Sie mich an, Miss. Alles wird gut.« Sie beginnt erneut zu zucken und blinzelt zwanghaft.
»Nein, nicht …«
Doch sie hat sich bereits abgewandt und läuft davon. Bis die Truppe den Draht so weit auseinandergebogen hat, dass McGraw die Verfolgung aufnehmen kann, ist sie verschwunden.
Ich frage mich allmählich, ob wir den Irak überhaupt je verlassen haben
Polizeisirenen und Autohupen, Geschrei und Schüsse bestimmen die nächtliche Geräuschkulisse. Die warme und schwüle Luft riecht nach Rauch. Straßenlaternen leuchten nur schwach, falls sie nicht gerade aufflackern, da die Stadt ihrer Elektrizitätsprobleme Herr zu werden sucht. Die Ampeln weiter unten auf der First Avenue hinter der Straßensperre sind ausnahmslos auf Rot umgesprungen, weshalb der Verkehr zum Erliegen gekommen und ein wütendes Hupkonzert losgebrochen ist. Nach wie vor flüchten Tausende Menschen aus Manhattan, mit allem, was sich irgendwie betanken lässt. Sie glauben offensichtlich, anderswo sähe die Lage hoffnungsvoller aus.
Die Männer von Gruppe 3 des Zweiten Platoons schreiten nervös den Stacheldraht ab, aufgeputscht durch schwarzen Kaffee. Über ihnen donnert ein Polizeihubschrauber und streift die Gegend mit seinem gleißenden Punktstrahler ab, sodass ihre Nachtsichtgeräte vorübergehend unbrauchbar werden.
»Ich fasse es nicht«, murmelt Corporal Hicks bei sich, während er mit zugekniffenen Augen die First Avenue hinunterblickt und dem tiefen Wummern schwerer MGs lauscht. »Verschießen die dort Leuchtspurmunition?«
»Klingt nach Kaliber .50, wieso fragen Sie?« erwidert McLeod, der gerade mit seinem Automatikgewehr zu ihm hin schlendert.