zurück und arbeitete weiter. Alles werde ich an einem Tag nicht schaffen, dachte er. Aber wenn ich mir jeden Tag einen Teil vornehme, dann wird der Garten bald wieder schön aussehen.
Kilian trug das Unkraut und die trockenen Äste von den Obststräuchern auf einen Haufen zusammen und zündete ihn an. Es qualmte mächtig. Die Rauchsäule stieg in den blauen Himmel über Waldkogel.
Helene Träutlein, die Haushälterin des Pfarrers, putzte die Treppe im Kirchturm der schönen Barockkirche. Zufällig schaute sie aus einem der Turmfenster. Sie sah den Rauch. Von hier oben konnte sie genau sehen, daß die Rauchsäule vom Bernreither Hof aufstieg. Sie ließ den Putzlappen fallen und rannte zum Pfarrer.
»Herr Pfarrer! Da muß jemand auf dem Bernreither Hof sein! Da raucht was! Hoffentlich hat da niemand gezündelt. Wenn’s da brennen tät, des wäre net auszudenken!«
Pfarrer Zandler stieg mit auf den Kirchturm. Er schaute durch das Fernglas.
»Mei, da ist wirklich jemand auf dem Hof und der tut im Garten werkeln! Ein junger Bursche ist das! Des kann nur der Kilian sein!«
»Da müssen’s gleich hin!« sagte Helene Träutlein aufgeregt. Pfarrer Zandler beruhigte sie.
Es dauerte keine halbe Stunde dann hielt Pfarrer Zandler mit seinem alten Auto auf dem Hof. Er hupte laut und anhaltend. Er stieg aus und wartete. Es dauerte nicht lange. Ein großer, gutaussehender junger Mann mit hellen sonnengebleichten Haaren kam auf ihn zu.
»Grüß Gott! Du mußt der Kilian sein!«
»Ja, und Sie Pfarrer Zandler!«
Kilian zeigte seine schmutzigen Hände.
»Ich war im Garten!«
Kilian ging zum Brunnen und wusch sich die Hände.
»Kommen Sie herein, Herr Pfarrer!«
Sie gingen in die Küche. Kilian holte aus der Speisekammer eine Flasche mit Obstsaft und bot dem Pfarrer ein Glas an. Dabei erzählte er, daß er schon seit Sonnenaufgang da sei und wie er ins Haus gekommen war.
»Schön, daß sie hier sind, Herr Pfarrer Zandler! Dann spare ich mir den Weg ins Pfarrhaus. Ich wollte sie heute Abend aufsuchen, Sie und auch den Herrn Bürgermeister.«
»Der ist heute nicht da! Morgen früh ist er auf dem Rathaus.«
»Ich werde ihn schon treffen.«
Kilian erzählte, daß sein Großvater den Hof verkaufen wollte. Er wollte bleiben, bis ein Käufer gefunden war. Außerdem gab es Arbeit im Garten und die Hinterlassenschaft mußte durchgesehen und das Haus ausgeräumt werden. Das verstand Pfarrer Zandler.
»Ich soll auch, so bald es mir möglich ist, den Alois besuchen und ihn von meinem Großvater grüßen. Das ist für Großvater sehr wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger als der Verkauf des Hauses.«
»Ja, dann mußt du das machen!«
Pfarrer Zandler beschrieb Kilian den Weg zur Berghütte.
»Das ist gar net so weit!«
Kilian sah auf die Uhr. Er beschloß, sofort aufzubrechen und den Alois zu besuchen.
»Auf dem Heimweg morgen früh besuche ich dann den Bürgermeister.«
»Mußt net hetzen! Laß dir Zeit!«
Doch Kilian ließ sich nicht abhalten. Er schloß alle Fenster. Er zog sich an und steckte sich einige Äpfel ein. Dann fuhr ihn Pfarrer Zandler hinauf auf die Oberländer Alm und brachte ihn auf den Weg.
»Mei, Herr Pfarrer, wer war denn der blonde Bursche? Der hat ja Haare, die sind fast weiß!« rief Wenzel dem Geistlichen zu.
Pfarrer Zandler setzte sich zu Wenzel und Hilda an den Tisch vor der Almhütte.
»Der Bursche, des war der Enkel vom Willi Bernreither aus Neuseeland!«
»Mei! Was für ein Kerl! Da muß der Willi mächtig stolz sein, so einen Enkel zu haben!«
»Das ist er bestimmt! Der Kilian macht einen guten Eindruck. Ihr werdet ihn bestimmt noch kennenlernen. Er wird länger bleiben.«
Pfarrer Zandler wechselte noch einige Worte, dann fuhr er wieder ins Tal.
*
Währenddessen saß Lotti Haltinger mit ihrem Bruder Titus beim »Erkerchen«. Lotti redete mit Engelszungen auf ihren Bruder ein.
»Wenn Thomas nicht nachgibt, dann gib du nach! Was soll denn werden, Titus? Die Eltern sind so ungücklich.«
»Ach, Lotti! Ich verstehe dich ja! Denkst du, ich bin glücklich?«
»Dann komm wieder heim! Bitte, Titus! Ich bin doch auch noch da!«
Titus schaute seine jüngere Schwester lange an.
»Versprechen kann ich dir nichts, Lotti. Aber ich werde es mir überlegen. Ich hänge genauso an unserem Hof wie du!«
Lotti stand auf. Sie mußte wieder gehen, wollte sie vor Einbruch der Dunkelheit wieder daheim sein. Titus begleitete sie nicht zurück zur Berghütte. Er blieb beim »Erkerchen« sitzen. Er wollte nachdenken.
Lotti hielt sich auf dem Rückweg nur kurz bei Toni und Anna auf. Ganz in Gedanken an ihre Brüder wanderte sie den Weg hinunter zur Oberländer Alm.
An einer engen Stelle traf sie auf Kilian. Sie standen sich einen Augenblick gegenüber und schauten sich an. Dann wollte jeder zur Seite treten und den anderen vorbeilassen. Das klappte nicht, weil beide mehrere Male in die gleiche Richtung auswichen. Sie mußten lachen.
»Ist es noch weit bis zur Berghütte?« fragte Kilian.
»Nein! Hinter der nächsten Kurve, da kannst du sie schon sehen!«
»Danke!«
»Gern geschehen!«
Kilian trat zur Seite und gab mit einer freundlichen Handbewegung den Weg frei. Lotti bewegte sich nicht von der Stelle. Sie schaute ihn nur an. Ihr Herz klopfte, raste.
Welch ein Bursche!
Wenn er aus Waldkogel wäre, dann würde ich versuchen, ihn mir einzufangen.
Welch ein fescher, strammer, kerniger Bursche!
»Ist dir nicht gut?« riß sie seine warme Männerstimme aus ihren Träumen in die Wirklichkeit zurück.
Lotti fühlte, wie ihr das Blut in den Kopf schoß und sie errötete.
»Das ist nur das Wetter! Es war heiß den ganzen Tag!«
Dann senkte sie rasch den Blick und eilte an Kilian vorbei. Er schaute ihr nach.
Sie muß aus Waldkogel sein, dachte er. Sie trug ein Dirndl und hatte nur einen kleinen Rucksack dabei. Vielleicht kennt sie Alois? Ich muß ihn fragen. Kilian verspürte ein sehr großes Interesse, mehr über die junge Frau zu erfahren. Er ging weiter und mußte immerzu an sie denken. Aber nicht nur an sie. Kilian dachte auch an das Versprechen, das er seinem Großvater gegeben hatte. Er wollte zurück nach Neuseeland. Wenn ich mich verliebe, dann muß die junge Frau bereit sein, mit mir zu kommen. Kilian schämte sich ein wenig vor sich selbst.
Was bin ich für ein Narr! Da kreuzt zufällig eine junge Frau meinen Weg und schon stehe ich in Flammen. Ich habe hier eine Aufgabe zu erfüllen. Und am Ende ist sie in festen Händen, tröstete er sich. Dabei pochte sein Herz voller Hoffnung, daß dem nicht so sei.
Bald darauf erreichte er die Berghütte. Er blieb auf der Terrasse stehen und sprach Toni an.
»Guten Tag oder Grüß Gott, wie mich mein Großvater gelehrt hat. Ich suche den Alois. Er ist ein Freund meines Großvaters.«
Toni reichte ihm die Hand.
»Ein herzliches Grüß Gott und Willkommen! Dann mußt du der Kilian sein aus Neuseeland!«
Toni nahm Kilian mit in die Berghütte. Der alte Alois saß am Kamin. Sebastian und Franziska waren