Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman


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hast du mir nichts gesagt, daß du dich hier beworben hast?« fragte er.

      »Es sollte eine Überraschung für dich sein. Ich habe leider nicht vorausgesehen, daß wir uns hier so plötzlich treffen. Ich wußte ja auch nicht, ob ich genommen werde.«

      »Wenn du mir gesagt hättest, daß du an dieser Stellung interessiert bist, hätte David dich selbstverständlich genommen.«

      »Aber mir ist es lieber, ich werde auf Grund meiner Eignung eingestellt und nicht, weil wir uns zufällig kennen.«

      »Hattest du sonst noch einen Grund, nach München zu wechseln?«

      »Ja, meine Freundin Jana, bei der ich zur Zeit wohne. Sie hat vor ein paar Wochen ihren Mann durch einen Unglücksfall verloren.«

      »Dieses Lawinenunglück, du hast davon gesprochen, als wir uns zuletzt trafen. Es ist schon vier Wochen her. Wir haben nur ein paarmal telefoniert.«

      »Du hast gesagt, daß wir uns öfter sehen könnten, wenn ich in München wohnen würde. Ich wollte sehen, ob du das ernst meinst.«

      »Und ob ich das ernst meine! Hast du etwa daran gezweifelt?«

      »Es gibt viele attraktive Frauen in München.«

      »Jetzt fang nicht damit an, und komm ja nicht auf den Gedanken, dich in David zu verlieben. Er ist bedeutend attraktiver als ich.«

      Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu. »So genau habe ich ihn mir noch nicht angeschaut. Ich war sprachlos, als ich dich plötzlich sah.«

      »Und was machen wir jetzt?« fragte er.

      »Ich fahre jetzt zu meiner Freundin Jana, bei der ich auch wohne, um ihr zu berichten, daß ich meinem Boß zum ersten Mal begegnet bin.«

      »Deinem Boß, und warum sollte sie das interessieren?«

      »Weil sie von Frau Liborius auserwählt ist, den Sohn von meinem Boß zu betreuen.«

      »Guter Gott, das sind ja Neuigkeiten. Du wirst jetzt deine Freundin anrufen und ihr sagen, daß du auch deinen Freund Jürgen getroffen hast und ein wichtiges Gespräch mit ihm führen mußt. Meinst du, ich lasse dich gleich laufen?«

      »Wir können uns ja ein andermal treffen. Du wirst müde von der Reise sein. Es war doch sicher anstrengend in Paris.«

      »Nicht so anstrengend, daß ich unser Wiedersehen nicht zu würdigen wüßte. Wir nehmen uns vom Chinesen das Essen mit und fahren zu mir.«

      »Lieber Jürgen, ich bin Angestellte von David Liborius und der Firma ein korrektes Benehmen schuldig. Ich werde nicht mit in deine Wohnung gehen.«

      »Dann essen wir eben in einem Restaurant, aber du solltest bemerkt haben, daß Dave nichts dagegen einzuwenden hat, daß wir uns bereits kennen. Wie ich ihn einschätze, wird er mich baldigst ermahnen, dich festzuhalten, was ich auch tun werde, da wir uns jetzt täglich sehen können und du mir bewiesen hast, daß du daran auch interessiert bist.«

      Was sollte sie dazu sagen? Ihr fehlten momentan die Worte, weil sie glücklich war, daß ihre geheimen Befürchtungen, er würde sich über ihren Wechsel nach München nicht freuen, nicht eingetroffen waren. Sie rief Jana von dem Restaurant an, in das Jürgen sie geführt hatte.

      Sie wußte, daß Jana nicht zu Hause sein würde, aber sie sprach eine Nachricht auf den Anrufbeantworter, daß es bei ihr ziemlich spät werden würde.

      »Na, wie sieht es aus?« fragte Jürgen, »ist dein Gewissen beruhigt?«

      »Bei Jana wird es ja auch später, sie ist nicht zu Hause.«

      »Was mich auch wundern würde, wenn sie Gnade vor Bobbys Augen gefunden hat. Es erstaunt mich nur, daß er so schnell einverstanden war, denn er schwärmt doch für sein Traumbild vom Friedhof.«

      »Das weißt du auch schon«, staunte Simone.

      »Er konnte gar nicht genug von ihr schwärmen. Er hat schon seine eigenen Vorstellungen, aber er ist ein liebes Kerlchen.«

      »Und er hat sein Traumbild vom Friedhof«, sagte Simone. »Das Schicksal hat sie zusammengeführt in der Praxis von Dr. Norden.«

      »Dann meint es das Schicksal endlich gut mit ihnen. Die Granny kann auch Freude brauchen, und Dave wird zufrieden sein mit diesem Ergebnis, nachdem er in Paris ein anderes Kapitel abgeschlossen hat.«

      »Ich habe gehört, daß er sehr um seine Frau trauert.«

      »Das ist nun wieder ein anderes Kapitel, über das wir heute nicht sprechen sollten. Es ist nicht so, daß Dave in Depressionen versinkt. Jetzt reden wir über uns, Simone. Wie bist du ausgerechnet auf ›Dalibo‹ gekommen?«

      »Es war die einzige Anzeige, die mich angesprochen hat, und siehe da, es hat auf Anhieb geklappt. Allerdings hatte ich immer mit Herrn Wecker zu tun, der anscheinend sehr angetan von mir ist.« In ihren Augen blitzte der Schelm.

      »Er soll sich unterstehen. Ich werde ihm den Marsch blasen, wenn er dich nicht in Ruhe läßt.«

      »Ich kann mich sehr gut meiner Haut wehren«, meinte sie lächelnd, »aber wenn du mir die kalte Schuler gezeigt hättest, müßte ich nicht lange nach Ersatz suchen«, fügte sie verschmitzt hinzu.

      »Wie konntest du überhaupt auf den Gedanken kommen, daß ich es nicht ernstgemeint habe?«

      »Bei Männern muß man darauf gefaßt sein. Sie machen schnell eine Kehrtwendung, wenn sie sich an die Kette gelegt fühlen. Aber die Angst brauchst du nicht zu haben. Ich will dich nicht aufs Standesamt schleppen.«

      »Du müßtest mich nicht schleppen, ich würde dich sogar hintragen.«

      Da stockte ihr der Atem. »Wie soll ich das verstehen?«

      »Daß ich dich auf der Stelle heiraten würde, wenn du es erwartest.«

      »Wir sollten uns erstmal richtig kennenlernen, Jürgen. Wir haben uns insgesamt genau sechs Tage und achtzehn Stunden gesehen.«

      »Die Minuten hast du nicht gezählt«, scherzte er. Aber in seinem Blick lag so viel Zärtlichkeit, daß ihr Herz gleich noch schneller schlug. »Ich bin glücklich, Simone. Ich habe nämlich auch nicht glauben können, daß du wirklich etwas für mich übrig hast. Ja, wenn ich David Liborius wäre, aber…«

      »Und ich werde dich festhalten, da kannst du ganz sicher sein.«

      Der Ober brachte Champagner, und Jürgen bestellte ein wahrhaft festliches Menü.

      »Das ist ja fast so wie das Hochzeitsessen bei Jana und Rolf«, sagte Simone.

      »Es ist nur ein Vorgeschmack auf unseres, Skihase.«

      Sie verschluckte sich fast, denn so hatte er sie gerufen, als er ihren Namen noch nicht wußte. Sie erinnerte sich genau an diesen Augenblick, als er erst am Lift neben ihr stand, sie dann auf der Piste überholte und unten wartete. ›Hallo, Skihase‹, hatte er gesagt, und sie hatte gleich gefühlt, daß sie die gleiche Wellenlänge hatten.

      »Was hast du dir eigentlich gedacht, als wir am Lift standen?« fragte sie.

      »Daß du genau die richtige Frau für mich bist, und ich war heilfroh, daß du nicht schneller warst als ich und mir davonfahren konntest. Wärest du davongefahren?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mein eigenes Erfolgsrezept. Wenn mir etwas gefällt, überlege ich nicht lange. Lieber etwas bei späterem Nichtgefallen zurückgeben, als riskieren, daß es ein anderer wegschnappt.«

      Jürgen lachte herzlich und man sah es ihm an, daß er zufrieden und glücklich war.

      *

      David war mit gemischten Gefühlen nach Hause gefahren, da er von seiner Mutter gehört hatte, daß Jana bereits ständiger Gast im Hause Liborius war. Er hätte nicht sagen können, warum es ihn hemmte, aber jene Begegnung auf dem Friedhof erschien jetzt auch ihm schicksalhaft, war es doch so, daß Bobby von Anfang an fest daran glaubte, daß sein heißer Wunsch in Erfüllung ging.

      Er