Klang etwas Beleidigendes hatte.
Gleichzeitig erhob der Graf seine Reitpeitsche, als ob er seinem Pferde einen Hieb versetzen wollte und streifte dabei die Schulter seines Gegners, während er sagte: »Die liberalen Bourgeois sind Kannegießer, und jeder Kannegießer sollte vorsichtig sein.«
Der junge Mann stieg bei dieser höhnischen Bemerkung die Straßenböschung hinauf, stellte sich hier mit gekreuzten Armen hin und erwiderte in sehr erregtem Tone:
»Mein Herr, wenn ich Ihr weißes Haar sehe, kann ich eigentlich nicht annehmen, daß es Ihnen noch Spaß macht, ein Duell zu provozieren.«
»Weißes Haar?« schrie der Seemann, ihn unterbrechend, »das lügst du in deinen Hals hinein, grau sind sie erst.«
Der so begonnene Disput wurde nach wenigen Sekunden so heiß, daß der junge Gegner den gemäßigten Ton, den er bis dahin festzuhalten sich bemüht hatte, fallen ließ. Sobald der Graf von Kergarouet seine Nichte mit allen Anzeichen lebhafter Unruhe sich ihnen nähern sah, nannte er seinem Widersacher seinen Namen und ersuchte ihn, vor der jungen Dame, die seiner Hut anvertraut war, Schweigen zu bewahren. Der Unbekannte konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, überreichte dem alten Seemann eine Karte, indem er ihn darauf aufmerksam machte, daß er ein Landhaus in Chevreuse bewohnte, und entfernte sich dann schnell, nachdem er es ihm näher bezeichnet hatte.
»Beinahe hättest du diesen armen Zivilisten verletzt, meine liebe Nichte«, sagte der Graf, der sich beeilt hatte, Emilie entgegenzureiten. »Du hast dein Pferd nicht fest im Zügel. Du läßt mich da meine Würde aufs Spiel setzen, damit ich deine Torheiten decke; wärst du bei mir geblieben, so hätte ein einziger Blick oder ein freundliches Wort von dir, wie du sie so nett zu sagen weißt, wenn du nicht rücksichtslos sein willst, alles in Ordnung gebracht, während er so einen Armbruch hätte davontragen können.«
»Aber, lieber Onkel, es war doch Ihr Pferd und nicht meins, das die Schuld trägt. Ich glaube wahrhaftig, Sie können nicht mehr reiten; Sie sind nicht mehr der gute Reiter, der Sie noch im letzten Jahre waren. Aber an Stelle dieses leeren Geredes …«
»Teufel nochmal! Das nennst du leeres Gerede, wenn du deinem Onkel Grobheiten sagst?«
»Müssen wir uns nicht erkundigen, ob der junge Mann nicht verletzt ist? Sehen Sie doch, Onkel, er hinkt ja.«
»Ach nein, er rennt. Ich habe ihm ordentlich den Kopf zurechtgesetzt.«
»Ah so, Onkel, daran erkenne ich Sie.«
»Halt, meine liebe Nichte«, sagte der Graf und hielt Emilies Pferd am Zügel fest. »Ich sehe keine Notwendigkeit, wegen irgendeines beliebigen Ladenschwengels Umstände zu machen, der überglücklich sein müßte, wenn er von einem reizenden jungen Mädchen oder dem Kommandanten der ›Belle-Poule‹ niedergeritten worden wäre.«
»Weshalb meinen Sie denn, daß er ein Plebejer ist, lieber Onkel? Mir scheint, daß er sehr gute Manieren hat.«
»Alle Welt hat heute gute Manieren, mein Kind.«
»Nein, lieber Onkel, alle Welt hat nicht das Auftreten und die Haltung, die nur der ständige Verkehr mit der guten Gesellschaft verleiht; ich bin gern bereit, mit Ihnen zu wetten, daß der junge Mann zum Adel gehört.«
»Du hast nicht gerade viel Zeit gehabt, um ihn genau anzusehen.«
»Ich sehe ihn ja nicht zum ersten Male.«
»Und es ist auch nicht das erstemal, daß du auf der Suche nach ihm bist«, erwiderte der Admiral lachend.
Emilie wurde rot, und ihr Onkel weidete sich daran, sie eine Zeitlang in ihrer Verlegenheit zu lassen; dann sagte er: »Emilie, du weißt, daß ich dich wie mein eigenes Kind liebe, und zwar gerade deshalb, weil du die einzige in der Familie bist, die den Ahnenstolz besitzt, den eine vornehme Geburt verleiht. Wer, beim Teufel, hätte ahnen können, daß solche wichtigen Grundsätze heute so selten geworden sein würden? Also, ich will dein Vertrauter sein. Ich sehe wohl, Kleine, daß dieser junge Gentleman dir nicht gleichgültig ist. Still! Die Familie würde uns auslachen, wenn wir unter falscher Flagge segelten. Du weißt, was das bedeutet. Also laß mich dir helfen, Kind. Halten wir die Sache geheim, und ich verspreche dir, daß ich ihn in unser Haus bringen werde.«
»Und wann, lieber Onkel?«
»Morgen.«
»Aber, lieber Onkel, das verpflichtet mich doch noch zu nichts?«
»Absolut zu nichts, und du kannst ihn beschießen, ihn in Brand stecken und ihn dann wie eine gebrauchte alte Tasse stehenlassen, wenn es dir beliebt. Er wird dann nicht der erste Solche sein, nicht wahr?«
»Du bist so gut, lieber Onkel!«
Sobald der Graf heimgekehrt war, setzte er seine Brille auf die Nase, zog heimlich die Karte aus der Tasche und las: »Maximilian Longueville, Rue de Sentier.«
»Sei beruhigt, meine Liebe,« sagte er zu Emilie, »du kannst mit aller Gewissensruhe nach ihm angeln, er gehört einer unserer historischen Familien an; und wenn er noch nicht Pair von Frankreich ist, so wird er es unfehlbar werden.«
»Und woher wissen Sie das?«
»Das ist mein Geheimnis.«
»Kennen Sie denn seinen Namen?«
Der Graf nickte mit seinem grauen Haupte, das einem alten Eichenstamm glich, um den einige Blätter, die die Herbstkälte zusammentrocknen ließ, sich rankten; auf dieses Zeichen hin begann seine Nichte, ihn die immer wieder neue Macht ihrer Koketterien fühlen zu lassen. Sie verstand die Kunst, den alten Seemann zu umschmeicheln, und überhäufte ihn mit den kindlichsten Zärtlichkeiten und den süßesten Worten; sie ging selbst soweit, ihn zu umarmen, um das ihr so wichtige Geheimnis zu erfahren. Der Alte, der seine Zeit damit verbrachte, sich von seiner Nichte solche Szenen vorspielen zu lassen, und sie oft mit einem Schmuck oder der Überlassung seiner Loge im Théâtre des Italiens bezahlte, gefiel sich diesmal darin, sich bitten und vor allem, sich liebkosen zu lassen. Da er aber sein Vergnügen zu lange ausdehnen wollte, so wurde Emilie böse, ging von Zärtlichkeiten zu boshaften Bemerkungen über, schmollte und näherte sich ihm dann doch wieder, von ihrer Neugier getrieben. Der schlaue Seemann ließ sich von ihr das feierliche Versprechen geben, in Zukunft zurückhaltender, sanfter, weniger eigensinnig und sparsamer zu sein, vor allem aber, daß sie ihm alles sagen würde. Dieser Vertrag wurde geschlossen und mit einem Kusse besiegelt, den er auf Emiliens weiße Stirn drückte; dann nahm er sie in einen Winkel des Zimmers mit sich, setzte sie auf seine Knie, nahm die Karte zwischen