war, alle kirchlichen Funktionen von Stellvertretern durchführen zu lassen. Leo X. holte aber dieses Versäumnis nach und wurde am 15. März 1513 zum Priester geweiht, wenige Tage später zum Bischof, sodass er am 19. März in einer großartigen Feier zum Nachfolger Petri gekrönt werden konnte. Wobei sich immer noch die Frage stellt, wie religiös der Medici-Papst im Grunde seines Herzens war. Denn es sind Aussprüche aus seinem Munde überliefert, die Zweifel darüber aufkommen lassen, ob er überhaupt eine christliche Einstellung gehabt hatte. Inwieweit der ihm zugesprochene Satz: »Alle Welt weiß doch, wie viel uns diese Fabel von Christus eingebracht hat« tatsächlich von ihm stammt oder von böswilligen Zeitgenossen kolportiert wurde, ist nicht mehr nachkontrollierbar. Fest steht jedoch, dass Leo X. keineswegs ein frommes, heiligenmäßiges Leben führte und auch religiösen Dingen wenig Aufmerksamkeit schenkte. Und dies in einer Zeit, in der Martin Luther seine Thesen nicht nur in Wittenberg verbreitet, sondern auch eine große Anhängerschar im Reich um sich versammelt hatte. Denn jeder gläubige Christ musste von den Zuständen und Vorgängen in der katholischen Kirche entsetzt gewesen sein und eine durchgreifende Reform befürwortet haben. Aber nach wie vor kamen von Rom keine Änderungs- und Läuterungsvorschläge. Im Gegenteil: Leo X. hatte nur Augen und Ohren für die Kunst und seine privaten Vergnügungen, die zum Teil ans Absurde grenzten. So konnte sich der Heilige Vater an ganz besonderen Geschenken delektieren, die ihm von König Manuel I. von Portugal gemacht wurden. Der Herrscher hatte dem Papst einen Elefanten für seine Menagerie überbringen lassen, sowie ein Nashorn, das aber Rom nur in ausgestopftem Zustand erreichte. Hanno, wie der Elefant genannt wurde, avancierte zum Lieblingstier des Papstes und wurde sogar von keinem Geringeren als Raffael gemalt.
Die politische Haltung des vergnügungssüchtigen Heiligen Vaters war völlig undurchsichtig. Hatte er zunächst Franz I. von Frankreich unterstützt, die deutsche Kaiserwürde zu erlangen, so änderte er bald seine Meinung und sprach sich für Karl V. aus. Hatte er zunächst ein Konkordat mit Franz geschlossen, so unterzeichnete er 1521 einen Bündnisvertrag gegen Frankreich. Daneben unterstützte er den Ablasshandel, durch den viel Geld in die päpstlichen Kassen gelangte. Es war verhängnisvoll für die Einheit der Kirche, dass man zu Beginn des 16. Jahrhunderts nicht mehr alles nachbetete, was einem über lange Zeit vorgebetet worden war. Der Mensch war aufgewacht aus seiner Lethargie und kritisch geworden. Aber diese Zeichen der Zeit waren in Rom unhörbar verklungen. Leo X. versuchte zwar durch die Bulle »Exsurge Domine« Luther zum Schweigen zu bringen und exkommunizierte ihn am 3. Januar 1521, aber der Funke war entfacht, sodass das Feuer nicht mehr gelöscht werden konnte. In Scharen liefen die Menschen dem ehemaligen Franziskanermönch zu und unterstützten seine Forderungen nach einer Reinigung in der Kirche.
Leo X. vergnügte sich während der Zeit lieber auf der Jagd oder auf den vielen Festen und prunkvollen Umzügen, die er zu seiner Unterhaltung veranstalten ließ. Sein Hofnarr hatte ihn ständig zu unterhalten und wenn dem armen Spaßmacher nichts Komisches mehr einfiel, wurde er auf Anordnung des Papstes geprügelt. Ein bedauernswertes Los für einen Komiker.
Alles, was Leo X. in dieser kirchenpolitisch höchst gefährlichen Zeit tat, war, mit Bulle und Bann um sich zu schlagen. Er erkannte dabei nicht, dass die Tage, als diese Kirchenstrafen tatsächlich noch lebensentscheidend für die Betroffenen gewesen waren, längst vorüber waren. Er überschätzte die Stellung des Vatikans und auch der italienischen Stadtstaaten als Orte der Hochkultur, indem er auf Deutschland als ein Land voller Barbaren herabschaute. Er erkannte nicht, dass sein politisches Schwanken zu verhängnisvollen Kriegen führte, die sich zwischen Frankreich, dem Reich und einigen italienischen Stadtstaaten auf italienischem Boden abspielten. Nachdem Leo X. geglaubt hatte, dass Martin Luther durch seine Strafen, aber auch auf dem Reichstag zu Worms mundtot gemacht worden war, überfiel den Papst am 1. Dezember 1521 plötzlich hohes Fieber, das mit keinem Mittel gesenkt werden konnte. Seine Umgebung war so überrascht, dass man es verabsäumte, ihm die Sterbesakramente zu spenden. Ohne die Segnungen der Kirche ging er in die Ewigkeit ein.
Da die Erkrankung gleichsam aus heiterem Himmel ausgebrochen war, kam sofort der Verdacht auf, dass Leo X. nur vergiftet worden sein konnte. Man bedachte dabei nicht, dass der Papst ein Leben lang kränklich gewesen und aufgrund seiner Leibesfülle ungewöhnlich behindert war. Der Mundschenk geriet sofort ins Visier als Verdächtiger, denn man versuchte Beziehungen zwischen diesem Malaspina und den Franzosen herzustellen. Glücklicherweise trat der Cousin Leos, Kardinal Giulio de Medici, für den Angeschuldigten ein und der Mundschenk wurde nach einer Obduktion des Toten freigelassen.
Leo X. hatte einen Berg von Schulden hinterlassen, sodass man auf eine feierliche Kerzenbeleuchtung bei seiner Beisetzung verzichten musste.
Trara … die Post war endlich da …
Die Anfänge der Nachrichtenübermittlung liegen im Dunkel der Geschichte. Jetzt scheint es so, als hätte das digitale Zeitalter der guten alten Post den Todesstoß versetzt.
Schon im Altertum schickte man Kuriere zu Fuß oder zu Pferd aus, die wichtige Informationen von einem Ort zum anderen bringen sollten. Tausende Gefahren lauerten auf diese Boten an allen Ecken und Enden. Sie waren nie vor Überfällen gefeit, genauso wenig vor den Unbilden der Natur. Daher war es nicht verwunderlich, dass manche Nachricht ihren Empfänger erst erreichte, nachdem er schon längst das Zeitliche gesegnet hatte. Erst an der Schwelle zur Neuzeit änderte sich die Situation, denn es war durch die Größe des Reiches notwendig geworden, Informationen auszutauschen, um eine einheitliche Politik zu gewährleisten. Dabei konnte man auf das Vorbild Mailand blicken, wo man schon im 13. Jahrhundert auf die Idee gekommen war, die halb verfallenen Stationen, die man Posten nannte, neu zu gestalten und einzurichten, wo die Boten, die man mit der Nachrichtenübermittlung betraut hatte, ihre Pferde wechseln und sich etwas ausrasten konnten. Es entstanden ganz einfache Herbergen, die freilich viel später in Gasthöfe zur »Post« umgewandelt wurden. Die Mailänder »Postidee« wurde vom französischen König Ludwig XI. übernommen. Der König ließ Pferdestafetten einführen, um so eine geregelte Verbindung zwischen den einzelnen Städten herzustellen.
Diese Form der Nachrichtenüberbringung entsprach auch ganz der modernen Einstellung von Kaiser Maximilian I. Der ungewöhnlich aufgeschlossene Herrscher erkannte sofort die Möglichkeit, ebenfalls eine ständige Verbindung zwischen Innsbruck, das vorübergehend seine Residenzstadt geworden war, und den Niederlanden aufzubauen, wo sein Sohn Philipp aufwuchs. Denn die beiden Kinder Philipp und Margarete waren nach dem frühen Tod von Maximilians Gemahlin Maria von Burgund als Faustpfand von den Niederländern zurückgehalten worden, sodass der Vater die Entwicklung der beiden nur aus der Ferne mitverfolgen konnte. Eine geregelte Postverbindung schien ihm daher unerlässlich. Nach Mailänder Vorbild ließ auch er Pferdewechselstationen für die Überbringer der Schreiben einrichten, die man in sogenannten Felleisen transportierte, den Vorläufern unserer Postsäcke. Sie bestanden aus Tierhäuten, die mit Eisen beschlagen waren und deren Verschluss entweder eine Eisenstange oder eine Kette war. Nicht nur durch den vielfältigen Inhalt waren die Felleisen zentnerschwer, weshalb sie mit Gurten und Trägern auf den Rücken geschnallt werden konnten. Denn neben schriftlichen Nachrichten transportierten die Boten manchmal auch wertvolle Güter wie Schmuck oder sogar Gold.
Maximilian I. hatte für die Beförderung der kaiserlichen Schreiben eine Familie gefunden, die finanziell in der Lage war, zunächst die Kosten für die Errichtung der Poststationen zu tragen: die aus der Gegend von Bergamo stammende Familie Taxis. Neben Janetto Taxis beteiligte sich auch der Bruder Francesco und der Neffe Johann Baptista an dem Unternehmen, von dem sie sich sicherlich einen großen wirtschaftlichen Erfolg versprachen. Hätten sie aber den »Hund« in den Geldtruhen des Kaisers näher in ihr Kalkül gezogen, so hätten sie wissen müssen, dass Maximilian beinahe ständig mit leeren Händen dastand. Daher konnte er auch die Kosten für die Postbeförderung nicht aufbringen. Und da er ahnte, dass die Taxis keine Wohltäter waren, kam er auf die Idee, der Familie im Jahre 1512 den Adelstitel zu verleihen, wobei das »von« vor dem Namen den wohlhabenden Taxis sicherlich mehr bedeutete als irgendwelche Geldsummen. Auch in späterer Zeit kletterte die Familie auf der Adelsleiter immer weiter nach oben, so erhielt der Brüsseler Zweig der Taxis den Reichsfreiherrntitel 1608, einige Jahre später machte sie der Kaiser zu Reichsgrafen und schließlich wurden sie 1696 als Thurn und Taxis zu Reichsfürsten ernannt. Die Kaiser wussten, was sie an ihnen