Sigrid-Maria Größing

Als die Sonne nicht unterging


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war es ausschließlich den Herrschern vorbehalten, die Postdienste in Anspruch zu nehmen, denn als viel zu kompliziert und teuer erwies sich die Situation in den Poststationen, die oft Überfällen und Zerstörung ausgesetzt waren. Die Pferde, die dort zur Verfügung standen, mussten gepflegt und gewartet werden, eine Aufgabe, die sich als meist nicht lohnenswert herausgestellt hatte, denn die Gebühren, die für ein ausgeruhtes Pferd gezahlt werden mussten, deckten kaum die Kosten für die Haltung des Tieres. Daher ging man dazu über, auch andere Dinge zu befördern, zunächst heimlich, wobei man nicht kleinlich war, auch Bestechungsgelder anzunehmen, worauf natürlich strenge Strafen standen, die allerdings kaum geahndet wurden.

      Das von den Thurn und Taxis betriebene Postsystem funktionierte beinahe reibungslos. Da die Überbringer der Post manchmal auch noch von bewaffneten Beschützern begleitet wurden, konnten die Stafetten guten Mutes pro Tag durchschnittlich hundertfünfundsechzig Kilometer zurücklegen. Diese Post hatte bald den Ruf der »Schneckenpost« verloren.

      Es dauerte nicht lange, da waren die wichtigsten Städte im Reich mit denen in den Niederlanden und in Spanien durch regelmäßige Felleisenlinien miteinander verbunden. Vor allem der Sohn von Kaiser Maximilian, Philipp der Schöne, der nach dem Ableben des spanischen Thronfolgers vorübergehend für seine geisteskranke Gemahlin Juana die Regierungsgeschäfte in Kastilien führte, war an einer sicheren und regelmäßigen Post interessiert. Er schloss daher mit Franz Taxis einen eigenen Postvertrag, in dem er auch die Finanzierung der Poststationen und der Boten garantierte. Gleichzeitig verlangte er von Franz, den er zum Postmeister mit einem fixen jährlichen Salär ernannte, die Zusicherung, dass sich dieser um eine Ausweitung der Postlinien kümmern sollte.

      Die Vereinbarungen endeten allerdings schon sehr bald, denn Philipp starb 1506 völlig überraschend. Der Postvertrag blieb zwar bestehen, aber die Jahrespauschale für Franz Taxis wurde für null und nichtig erklärt.

      Es konnte nicht ausbleiben, dass sich die Taxis irgendwelche Geldquellen suchten, wollten sie das mühsam aufgebaute Postnetz erhalten. Daher beförderte man heimlich Privatsendungen und »irrte« sich bei den Abrechnungen, etwas, das Maximilian zwar empörte, was er aber auch durch Strafen nicht verhindern konnte, da er außerstande war zu zahlen.

      Auch der Nachfolger Maximilians, Kaiser Karl V., überließ der Familie der Taxis das Postwesen, gab ihr aber den Auftrag, die burgundische Post auszuweiten und neue Linien nach Frankreich und Spanien einzurichten. Auch über Innsbruck sollte eine Linie nach Rom und Neapel gehen. Um alles korrekt abzuwickeln, schloss er einen Postvertrag mit Franz und Johann Baptista von Taxis, in dem auch die Vergütung der Postdienste geregelt war. Später wurden die Zahlungen reduziert, da einzelne Poststationen ausfielen. Auch der Bruder Karls, der in Spanien aufgewachsene Ferdinand, der später ebenfalls König und Kaiser wurde, übernahm die Idee der Poststationen. Er ließ eine eigene Territorialpost gründen, bei der der dubiose Gabriel von Taxis aus Innsbruck zum Postkoordinator ernannt wurde. Es entstand die erste Landespostanstalt im Heiligen Römischen Reich, wo zunächst die Hofpost befördert wurde. Und da die Weiterentwicklung nicht aufzuhalten war, entstanden immer mehr Poststationen, in denen Posthalter die wachsende Anzahl von Nachrichtensendungen auch von Privatpersonen weiterleiteten. Dabei musste der Empfänger den Preis für das Schreiben, der festgesetzt worden war, zahlen. Man wollte so verhindern, dass bestimmte Briefe nicht zugestellt wurden, denn der Bote wäre sonst um seinen Lohn gekommen.

      Die Taxis’sche Post funktionierte so gut, dass Anton von Taxis 1543 zum Postmeister in Antwerpen ernannt wurde. Zwei Jahre später bestimmte Karl V. durch einen Erlass, dass ausschließlich die Familie Thurn und Taxis Post befördern durfte. Dies bedeutete das Postmonopol für mehrere Jahrhunderte.

      Das Schicksal seiner Frauen war beklagenswert

      Sie genossen zwar für einige Zeit den Status einer Königin von England, wie lange sie allerdings neben ihrem Gemahl Heinrich VIII. auf dem Thron sitzen würden, stand in den Sternen.

      Denn für den in der Liebe unersättlichen Heinrich gab es kaum Gesetze, die für ihn bindend waren. Er setzte sich beinahe über alles hinweg, wenn es nicht seinen Interessen entsprach. Ursprünglich als zweitgeborener Sohn König Heinrichs VII. für den geistlichen Stand vorgesehen, wurde er nach dem allzu frühen Tod seines Bruder englischer Thronfolger, der nicht nur die Krone erbte, sondern auch die spanische Prinzessin Katharina von Aragon, Arturs junge Witwe. Obwohl Katharina einige Jahre älter war als ihr Gemahl, führten die beiden zunächst eine durchaus harmonische Ehe, die nur dadurch Risse bekam, dass Katharina zwar ununterbrochen schwanger war, aber nach einigen Totgeburten nur einer Tochter das Leben schenkte, der späteren englischen Königin Mary I., die die Beinamen »die Katholische«, aber auch die »Blutige« führen sollte.

      Schon während dieser Ehe bemerkte Heinrich, dass es an seinem Hofe noch die eine oder andere begehrenswerte Hofdame gab, die sein Herz höher schlagen ließ. Auch den Reizen der schönen Elizabeth Blount konnte er nicht widerstehen, er warb so lange um ihre Gunst, bis er sie zu seiner Mätresse machen konnte. Es war geradezu ein Hohn des Schicksals, dass ausgerechnet Elizabeth ihm einen Sohn schenkte, den Heinrich offiziell zwar anerkannte, der aber nie einen Anspruch auf den englischen Thron haben würde.

      Es war für Heinrich keineswegs leicht, seinen Abenteuern nachzugehen, denn die meisten Damen der Gesellschaft legten Wert auf einen halbwegs guten Ruf und den verlor jede, die das königliche Bett bestieg. Außerdem war es kein Geheimnis, dass die junge Königin Katharina bei der Bevölkerung sehr beliebt war, da sie Heinrich in vielerlei kritischen Situationen mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. All dies musste der König einkalkulieren, als er Mary Boleyn, einer jungen Französin, schöne Augen machte. Aber die junge Frau sah in einem Verhältnis mit dem heißblütigen König eine Chance, die ihr allerdings die eigene Schwester nach fünf Jahren zunichtemachte. Als nämlich Anne Boleyn, ein zierliches, bezauberndes junges Mädchen mit glutvollen Augen und pechschwarzem Haar, aus Frankreich zurückkam und in den Dunstkreis des Königs geriet, hatte Heinrich VIII. nur noch Augen für die bezaubernde Schwester. Er fiel geradezu in einen Liebesrausch, den er in seinen Briefen an Anne zu Papier brachte, die man viele Jahre später zufällig im Vatikan fand. Aber seine Wünsche sollten nicht in Erfüllung gehen, denn Anne blieb standhaft. Sie wollte keineswegs eine so zweifelhafte Karriere wie ihre Schwester machen. Dem König blieb nichts anderes übrig als – wollte er Anne je besitzen – ihr die Ehe in Aussicht zu stellen. Natürlich war er sich der vielfältigen Schwierigkeiten bewusst, die so ein Versprechen mit sich brachte. Der Papst sollte seine Ehe mit Katharina annullieren, obwohl Heinrich nicht ableugnen konnte, die Ehe vollzogen zu haben. Aber es gab noch andere Möglichkeiten, sich von Katharina zu trennen: Sie war schließlich die Gemahlin seines Bruders gewesen, was ein echtes Ehehindernis darstellte, das die Scheidung nach sich zog. Heinrich ließ Gelehrte an seinen Hof kommen, die die Formalitäten für ihn erledigen sollten, denn Papst Clemens VII. zögerte aus politischen Gründen, die Ehe für null und nichtig zu erklären, denn immerhin war Katharina die Tante des deutschen Kaisers.

      Heinrich VIII. wartete die Entscheidung des Papstes nicht ab, er hatte es eilig, Anne Boleyn ins Brautbett zu führen. Obwohl er noch legal verheiratet war, schloss er im Januar 1533 eine neue Ehe mit der jungen Französin. Als der neu ernannte Erzbischof von Canterbury diese Ehe offiziell anerkannte und Katharina in ein Kloster geschickt und ihre Tochter als nicht ehelich bezeichnet worden war, wurde dieses Treiben auf den britischen Inseln selbst dem Papst in Rom zu viel. Er belegte den englischen König mit dem Kirchenbann, der seinerseits die Trennung der Anglikanischen Kirche von Rom offiziell erklärte. Eine neue Glaubensrichtung war aus den fleischlichen Gelüsten eines unersättlichen Königs entstanden.

      Aber auch Anne Boleyn lachte das Glück nicht für lange Zeit, denn die Geburt ihrer Tochter Elizabeth war der Anfang vom Ende ihrer Ehe. Für Heinrich hatte auch diese Gemahlin sehr schnell alle Reize verloren, sein Sinn stand schon nach einer ganz anderen Dame. Außerdem hatte Anna begonnen, sich in politische Angelegenheiten zu mischen, was ihr in den Augen des Königs nicht zustand. Anna musste weg. Und da er sich nicht noch einmal offiziell von seiner Gattin scheiden lassen konnte, bestach der englische König Männer und Frauen bei Hofe, die für einen Judaslohn bezeugten, dass die Königin fünf Männern ihre Gunst geschenkt hatte, unter anderem auch ihrem eigenen Bruder. Und für diese