der Kopf Annes fiel, sondern auch die unschuldigen Männer ihr Leben verloren.
Für Anne Boleyns Nachfolgerin war indessen schon längst das Brautkleid genäht worden, Jane Seymour war noch zu Lebzeiten Annes und Katharinas zu deren Nachfolgerin auf dem Königsthron auserkoren worden. Sie sollte an Heinrichs Seite ein unruhiges Leben führen, denn auf die Dauer hatte das Volk die Eskapaden seines Königs, vor allem in religiöser Hinsicht, satt. Die Katholiken im Norden Englands schlossen sich zusammen und wollten vereint gegen Heinrich VIII. ziehen. Der König reagierte hinterhältig und erklärte, er wolle Jane zur katholischen Königin in York krönen lassen. Die Rebellen gaben sich damit zufrieden und wollten abziehen. Darauf hatte Heinrich nur gewartet: Er ließ die Ahnungslosen festnehmen und kurzerhand hinrichten.
Jane Seymour schenkte dem König den so heiß ersehnten Thronfolger Edward, der allerdings schon von Kindesbeinen an kränklich war. Sie selber starb unmittelbar nach der Geburt des Kindes, wahrscheinlich an Kindbettfieber.
Dass Heinrich lange Zeit Witwer bleiben sollte, konnte sich keiner vorstellen, aber dass er die knöcherne, ältliche, völlig reizlose Anna von Jülich-Kleve zu seiner vierten Gemahlin auserkor, war mehr das Werk seines engsten Vertrauten Thomas Cromwell und seines Hausmalers Hans Holbein, der die Braut geradezu mit einer rosaroten Brille gemalt haben musste. Daher war die Enttäuschung Heinrichs riesengroß, als er mit großem Pomp an die Küste gezogen war, um Anna auf ihrem Einzug in England zu begleiten. Der König fand die Braut so abstoßend, dass er nicht einmal die Ehe mit ihr vollzog, sondern ihr einen Landsitz zuwies und sie reichlich mit Apanagen versorgte, sodass die deutsche »Nichtgemahlin« ein ruhiges beschauliches Leben führen konnte, ohne um ihren Kopf fürchten zu müssen. Anders als die nächste Gemahlin, die entzückende junge Catherine Howard. Wahrscheinlich fand das junge Mädchen den aus allen Fugen geratenen König abstoßend, sodass sie schon am Anfang der Ehe ihren jugendlich feschen Liebhabern nachtrauerte. Dann aber schritt sie zur Tat und vergnügte sich wie in besseren Tagen mit den schönen Jünglingen so lange, bis irgendwelche Spitzel dem König Hinweise auf das Leben und Treiben seiner flatterhaften Gemahlin gaben. Heinrich trafen diese Berichte wie ein Keulenschlag, denn er, der Alternde, hatte sich in das junge Mädchen bis über beide Ohren verliebt. Seine Wut und Rache traf nicht nur die Galane seiner Frau, sondern vor allem sie selber. Als sie erfuhr, dass sie zum Tod auf dem Schafott verurteilt worden war, legte sie am Tage vor ihrer Hinrichtung, ganz in schwarzem Samt gekleidet, ihr reizendes Haupt zur Probe auf den Richtblock.
Noch aber hatte Heinrich von den Frauen nicht genug, obwohl er mittlerweile hundertsechzig Kilo wog und von verschiedenen Krankheiten geplagt wurde. Alles andere als ein Adonis warb er um die dreißigjährige Catherine Parr. Sie wurde für ihn mehr eine Krankenpflegerin als eine Geliebte und hatte das Glück, obwohl sie auch übel verleumdet wurde, den Blaubart zu überleben, der am 28. Januar 1547 an einer Blutvergiftung starb.
Eine der reichsten Frauen ihrer Zeit überlebte fünf Ehemänner
Ihren sechsten Gemahl, den um fünfzig Jahre jüngeren Reichsgrafen Georg Ludwig von Schwarzenberg, setzte Anna Neumann, die Herrin von Murau, zum Universalerben ein.
Die ungewöhnliche Frau wurde am 25. November 1535 in Villach in einer angesehenen und wohlhabenden Familie geboren. Ihr Vater Wilhelm Neumann war ein geschickter Unternehmer, der sein Geld mit Quecksilbergruben, Textil- und Gewürzhandel verdient hatte. Seine Frau Barbara half ihm bei seinen Geschäften und wusste das Geld in der Familie zusammenzuhalten, denn sie galt als ausgesprochen geizig. Nach dem Tode ihres tüchtigen Gemahls, den selbst Kaiser Maximilian geschätzt hatte, heiratete Barbara ein zweites Mal, einen Adeligen namens Hans Seenuß, der das Amt des Burghauptmannes in Villach innehatte. Durch ihn machte sie wahrscheinlich die Bekanntschaft mit den Liechtensteinern, die damals Besitzungen um die Stadt Murau noch ihr Eigen nannten. Denn sie hatten in den letzten Jahrzehnten schlecht gewirtschaftet, ihre Schuldenberge waren immer größer geworden, sodass sie schließlich gezwungen waren, ihre Besitzungen an die zahlreichen Gläubiger zu verkaufen.
Es war in der damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches, dass Grund und Boden die Eigentümer wechselten. Missernten, Kriege und Hungersnöte waren nicht selten die Auslöser von familiären Katastrophen. Dabei hatten die Herren von Liechtenstein von Murau eine jahrhundertealte Tradition, die auf den berühmten Minnesänger Ulrich von Liechtenstein, der für seine Burg »Mvrowe« die Landgerichtsbarkeit vom Herzog von Kärnten erhalten hatte, zurückging. Ulrich von Liechtenstein war nicht nur ein Grundherr und Dichter, sondern ein höchst seltsamer Mann, der am liebsten in Frauenkleidern den angebeteten Damen schöne Augen machte und sie mit romantischen Versen entzückte.
Obwohl Kaiser Maximilian I. denen von Liechtenstein immer wieder unter die Arme griff, hatten sie die seinerzeitige Zerstörung der Burg unter dem Böhmenkönig Přemysl Ottokar und die darauffolgende böhmische Besatzung nicht verkraftet und sich immer wieder von der Familie Neumann Geld geliehen. Wie sie die Schulden zurückzahlen wollten, wusste eigentlich niemand so recht.
Die von Liechtenstein konnten damals nicht ahnen, als Anna Neumann den betuchten Hans Jakob Freiherr von Thannhausen mit einundzwanzig Jahren heiratete, dass auch einer aus ihrem Hause ein Ehemann dieser reichen Frau werden würde und sich ihre Geldsorgen dadurch von selbst erledigen würden. Der Tod erwies sich als Gehilfe derer von Liechtenstein, denn der erste Gemahl von Anna Neumann, der der Bruder des Kärntner Landeshauptmannes gewesen war, starb überraschend schon nach nur dreijähriger Ehe. Er hinterließ eine sehr wohlhabende Witwe und zwei kleine Töchter, Elisabeth und Barbara.
Die Mutter Annas, eine Frau, die mit allen Wassern gewaschen war, brachte die zweite Ehe ihrer Tochter zustande: Sie heiratete Christoph von Liechtenstein, was für die verschuldete Familie an ein kleines Wunder grenzte. Dem jungen Ehemann gehörte zwar in Murau nichts mehr, aber er hatte eine steinreiche Frau an seiner Seite, die nach dem Tod der Mutter im Jahre 1569 noch die Besitzungen Wasserleonberg, Leonstein in Pörtschach, Treffen und im Gailtal Vordernberg geerbt hatte. Natürlich befanden sich in den Truhen, die nach Murau gebracht worden waren, nicht nur Ballen kostbarster Stoffe und Silbergerätschaften, sondern Geld und Gold, Pfandbriefe und Schuldscheine, sodass es Anna Neumann möglich war, nicht nur Schloss Murau ihrem Ehemann abzukaufen, sondern auch die Besitzungen seiner Brüder, die sich im Burgenland und in Niederösterreich befanden.
Auch dem zweiten Ehemann Annas war kein langes Leben beschieden. Als er 1580 zu Grabe getragen wurde, hatte Anna mit ihren fünfundvierzig Jahren längst die Hoffnung auf weitere Kinder aufgegeben. Sie widmete sich nun ganz ihren Geschäften, wobei sie große Summen Geldes den Habsburger-Kaisern, die sie erlebte, vorstreckte und auch dem Fürsterzbischof von Salzburg, Markus Sittikus, finanziell unter die Arme griff. Allein Kaiser Ferdinand II. war ihr die gewaltige Summe von 220.000 Gulden schuldig.
Vielleicht waren es die hohen Schulden, die die Kaiser Ferdinand, Maximilian II., Rudolf und Matthias niemals hätten zurückzahlen können, dass man die religiösen Gefühle Anna Neumanns achtete. Denn seit ihrer dritten Ehe mit Ludwig Freiherr Ungnad von Sonnegg, einem langjährigen Freund, der ebenfalls bei Anna in der Kreide stand, war sie nämlich zum Protestantismus übergetreten, etwas, was in dieser Zeit lebensgefährlich hätte sein können. Durch die Abhängigkeit der Kaiser von ihrem Geld war sie nicht nur selber unantastbar für die Gegenreformatoren geworden, sie hielt auch schützend ihre Hand über die Murauer, die sich ebenfalls gegen die katholische Glaubensüberzeugung stellten.
Die »Herrin von Murau«, wie sich Anna selber nannte, hatte wohl die Geschäftstüchtigkeit ihres Vaters, aber nicht den Geiz ihrer Mutter geerbt. Sie half, wo sie konnte, und kümmerte sich um die Ärmsten der Armen, indem sie auch das Murauer Spital im Jahre 1576 ausbauen und modernisieren ließ und den Bedürftigen Geld lieh, das sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzahlen mussten. Daneben war es möglich, bei Anna Geld anzulegen, wobei man wusste, dass es bei ihr in guten Händen war und man zusätzlich noch erkleckliche Zinsen bekam.
All diese ungewöhnlichen Eigenschaften, die diese außergewöhnliche Frau besaß, schützten sie nicht davor, in Verruf zu kommen und als Hexe bezeichnet zu werden, denn dem Neid und der Missgunst sind zu allen Zeiten Tür und Tor geöffnet gewesen. Man machte Anna Neumann zwei Prozesse, in denen man ihr vorwarf, Hexen und Zauberer durch Tinkturen und Salben zum Wettermachen